Einladung zur Vorlesung: Wie Gottfried Wilhelm Leibniz mal wieder seinen Kamm suchte

In der Vorlesung nicht aufgepasst? Du hast dich ablenken lassen, würdest aber gerne wissen, worum es geht? Wenn du das Skript zur Vorlesung wünschst, klicke vertrauensvoll auf das Gif. Du wirst in einen Lesesaal der Bibliothek teleportiert, wo das Skript zur Einsicht ausliegt.

Der Saal ist Teil der Bibliothek Blog.de und wird zusammen mit ihr am 1. Dezember versunken sein. Die gigantische Bibliothek Blog.de geht nicht in Flammen auf wie die Bibliothek von Alexandria und stürzt nicht in ein Loch wie das Kölner Zentralarchiv. Diese Bibliothek wird einfach weg sein als hätte sie nie existiert. Letzte Gelegenheit für einen Besuch.


(Fotos aus dem historischen Chemiehörsaal der Leibnizuniversität und Gif-Animation: Trithemius)

Kleine Stilkunde – Ich und der innere Schulmeister

Ich habe gestern einen Kommentar von Blogfreundin Ann missverstanden. Sie hatte geschrieben: „Verurteile es aber auch nicht bei anderen!“ Ich hatte verstanden, ich solle das in frage stehende Verhalten nicht verurteilen. Formal war der Satz nämlich eindeutig ein Imperativ (Befehlssatz), erkennbar an der Verbform und dem Ausrufezeichen als Satzschlusszeichen. Ihr Satz war aber eine Mitteilung in Form einer sprachlichen Ellipse. Es fehlte das Subjekt, in diesem Fall „Ich“. Ann hatte sich gemeint. Ihre Äußerung war kein Befehlssatz, sondern ein Mitteilungssatz.

Als wir uns noch gar nicht lange kannten, schoss die achtjährige Tochter einer Hannoveraner Exfreundin aus dem Nichts die Formel: „Hab‘ dich lieb!“ auf mich ab. Das machte mir mehrmals eine Sorte Zungenlähmung. Sie hinderte mich, eine ähnliche Beteuerung zurückzugeben. Offenbar hatte sie für mich noch wesentlich mehr Gewicht als für das Kind. Zurückzugeben wäre aus meinem Gefühl: „Ich hab‘ dich auch lieb!“ Das Personalpronomen „Ich“ wegzulassen, wie es in der Umgangssprache üblich geworden ist für emotionale Schnellschüsse, war mir unmöglich.

„Hab dich lieb!“, „Drück dich!“, „Wünsch dir gute Besserung!“ – all diese Formeln kann man als sprachliche Ellipsen verstehen. Das Urheber-Ich muss man sich dazu denken. Als grammatisch vollständige Sätze betrachtet, sind es aber Imperative, Befehlssätze. „Wünsch dir gute Besserung!“ Wünsch dir das selbst, du Kranköllich (kranke Zwiebel)! Ich kann mich gerade nicht damit belasten. Indem er das Ich weglässt, verweigert der Sprecher/Schreiber quasi die Verantwortung und verweist den Angesprochenen auf sich selbst. Und man möchte ihm auch raten, sich prophylaktisch selbst zu drücken und selbst lieb zu haben, weil’s ihm von der ihm nahe stehenden Person vorenthalten wird.

Was ist der Grund für das Verschwinden des Ichs aus intimen Sätzen? Offenbar bildet hier die Sprache eine kulturelle Entwicklung, eine Tendenz ab. Zeigen sich in dieser Spielart der sprachlichen Ökonomie die Flüchtigkeit, Gleichgültigkeit und zunehmende Beliebigkeit heutiger Beziehungen sowie die Vorsicht, sich zum anderen zu bekennen?

Ich-habe-mich-verliebtEs könnte aber auch eine Zurückhaltung bedeuten, sich zum eigenen Ich zu bekennen, ausgelöst durch ein beinah ehernes Stilgesetz, dass man nämlich einen Satz nicht mit „Ich“ beginnen dürfe. Du willst „Ich“ schreiben, da fährt dir der innere Schulmeister in die Parade und ruft „Ich und der Esel! – man sagt das nicht!“ Der innere Schulmeister hat sein Stilgesetz aus der Geschäftskorrespondenz. Noch immer wird davon abgeraten, in Bewerbungsschreiben einen Satz mit „Ich“ zu beginnen, damit der Personalchef nicht auf die Idee kommt, man wäre egozentrisch. Das mag so ein Personalchef natürlich nicht. Egozentrisch ist er ja selbst und will folglich keine Konkurrenz. Beim Satz: „Ich habe die Dienerschule Benjamenta (*) besucht“, fragt sich der Personalchef sogleich, ja, hat denn dieser freche Mensch überhaupt einen ordentlichen Bückling gelernt? Da klänge „Habe die Dienerschule Benjamenta besucht“ angemessen unterwürfig.

Der Mensch in der Barockzeit musste sich winden, bücken und Kratzfüße machen, wenn er mit der Obrigkeit verkehrte, und Obrigkeit war überall. Das Obrigkeitsdenken hat sich hartnäckig durch die Zeit gerettet. Noch in meiner Kindheit ermahnte man kleine Jungs: „Mach einen schönen Diener!“ Diener, Dienstboten und Dienerschulen gehören nicht mehr in unsere Lebenswelt. Darum darum dürfen wir unsere Sätze getrost mit „ich“ beginnen. „Danke für eure Aufmerksamkeit. Ich mache einen schönen Diener“, klingt doch gleich selbstbestimmt. Ich finde das besser.

(*) Der Name Benjamenta entstammt dem wunderlichen Roman „Jakob von Gunten“ (1909) von Robert Walser.
Der Roman hebt an mit dem schönen Satz: „Wir lernen hier fast gar nichts.“
Abbildung oben: Lange aufbewahrt und endlich passt’s – Zeitungsanzeige einer Sauna aus dem Jahr 2007

 

Die Philosophie des Kaffeelöffels

Ein Gedankenexperiment
kaffeelöffel
Foto: Trithemius (größer: bitte klicken)

Stell dir vor, du wirst wach und bist ein Kaffeelöffel. Warum bist du wach geworden? Warst du schon immer ein Kaffeelöffel? Du weißt es nicht. Irgendwas ist passiert. Du guckst dich um und liegst da mit vielen anderen Kaffeelöffeln in einem großen Besteckfach. Was ist hier los? Plötzlich wird alles durchgerüttelt, und ein Kaffeelöffel, der neben dir gelegen hat, verschwindet. Ach, jetzt weißt du, warum du wach geworden bist. Du kannst dich auf einmal an ein Vorher und Nachher erinnern. Vorher lagst du unbequem, jetzt liegst du bequemer, weil der eine weg ist. Das heißt, du bist wach geworden und hast gemerkt, dass du ein Kaffeelöffel bist, weil du dich erinnerst. Durch das Empfinden von Vorher und Nachher ist Zeit in deine Kaffeelöffelwelt gelangt, und jetzt hast du ein Kaffeelöffel-Leben.

Du fühlst mal rum, es ist ein ziemliches Chaos da in deiner Welt. Unbequem ist sie immer noch, weil die Welt so wenig Ordnung hat. Einer liegt ganz blöd auf dir. Du kannst leider gar nichts machen, denn du bist ein Löffel, der nicht rumlaufen kann. Nach einer ganzen Weile beginnst du dir Gedanken zu machen über diese Welt. Was hat den Löffel eben verschwinden lassen? War es eine höhere Macht, von der kein Kaffeelöffel was weiß? Du fragst rundum, keiner hat eine Ahnung. Einer sagt aber, dass er sich schon länger erinnert. Das Verschwinden eines Löffels sei schon mal vorgekommen. Und einmal sei ein ganzer Haufen neuer Löffel auf alle andern draufgefallen. Jetzt weißt du, warum einer auf dir liegt. Der alte Löffel hat sich Gedanken gemacht. Er sagt, es müsse da außerhalb des Besteckfaches eine höhere Macht geben. Das sei garantiert ein riesiger mächtiger Löffel, der wunderbar verziert ist. Der Gott aller Löffel sei das. Zu dem könne man beten, wenn man unglücklich liegt als Löffel. Dann käme der und würde dich fein hinlegen.

Du denkst, das ist prima. Ich rufe nach dem Löffelgott. Du machst es und machst es, und plötzlich rüttelt etwas an deiner Besteckfachwelt, so dass alle Löffel hin und her rutschen, bis sie plötzlich zur Ruhe kommen. Und siehe da, viele liegen ganz wunderschön ineinander gerutscht. Sie machen Löffelchen miteinander. Du auch. Du fühlst dich prima und dankst dem Löffelgott, gründest eine Religion, und ihr betet den Löffelgott an. Doch plötzlich kommt großes Unheil über dich. Du wirst einfach genommen, und man taucht dich in Kaffee und rührt mit dir um. Da denkst du, der Löffelgott ist böse auf dich.

In Wahrheit hat sich Teppichhaus-Filialleiterin Frau Nettesheim einen Kaffee gemacht.

Ach so, das hätte ich fast vergessen. Du bist natürlich kein Kaffeelöffel mehr, damit du dich nicht vertust gleich. In Wirklichkeit hast du mit am Tisch gesessen. Vielen Dank für deinen Besuch!

Was ich mich frage ist jedenfalls, ob wir Menschen uns unseren Gott nicht denken wie der Kaffeelöffel sich seinen. Und anders als der Kaffeelöffel können wir sehr viel selbst für ein gutes Leben tun, wenn es uns unbequem ist, weil einer auf uns drauf liegt, und sei es der eigene Kummer, die eigene Angst, das eigene Selbstmitleid, das ganze Zeug also, was manchmal auf einem lastet.

Ethnologische Studien in niederländischen Coffeeshops

Ein Forschungsbericht aus dem Jahr 2006

maastricht„Wo kann ich denn hier Gras kaufen?“
Der junge Niederländer zuckt nicht einmal.
„Legal oder illegal?“
„Legal.“
„Dann fährst du am besten nach Eygelshoven. Der Coffeeshop heißt Quiam. Du kannst es nicht übersehen.“
Treffer, den erstbesten Kerkrader gefragt und schon die halbe Miete. Ein holländisches Café beherbergt keine Kaffeetanten, die mit schlechtem Gewissen über einem Stück Sahnetorte sitzen, es entspricht eher einer Kneipe. Das Quiam ist ein Eckcafé. Gleich hinter der Eingangstür steht ein Billardtisch. Da spielen zwei, und ich warte einen Augenblick, um den einen nicht bei seinem schwierigen Stoß zu behindern. An den Tischen einige Gäste, ziemlich gemischt: jung und alt, Männlein und Weiblein. Tritt ein neuer Gast durch die Tür in ein Lokal, schauen die anderen Gäste kurz hoch. Es ist ein natürlicher Reflex. Die bekifften Typen an den Tischen tun das nicht. Keine Ahnung, was die geraucht haben, es muss jedoch mächtig reinhauen. Wer Billard spielt, ist nicht bekifft. Und am Kicker kann man unbekifft auch mehr Tore machen, bekifft jedoch einwandfrei mehr Tore reinlassen.

Gras macht nicht träge wie Alkohol, doch es zerstreut. Unter Graseinfluss stehe ich vor einem Schaufenster und kann mich vor lauter Gucklust nicht losreißen. Auch finde ich es toll, im bekifften Zustand fernzusehen, dann präsentieren sich alle Regie-, Schauspiel-, und Plotfehler auf dem Tablett, und so wird jeder Film interessant. Ohne Ton zu gucken, ist lustig.

Wo sind wir? Ah, im Quiam. Das ist typisch für die Wirkung von Hanf, das Abschweifen und der Filmriss. Man kann jedoch damit leben. Irgendwann kommen die Gedanken wieder zurück.

Oben an den Wänden des Quiam hängen insgesamt fünf Flachbildschirme, auf denen ganztägig MTV läuft. Ich gucke gerne hoch, wenn sich an der Theke eine Schlange von Graskäufern gebildet hat. Es kaufen hier viele Deutsche ihren Bedarf. Man sieht es an den Nummernschildern der an- und abfahrenden Autos. Mehr als 10 Gramm bekommt man jedoch nicht. Und das ist gut so. Sie haben da drei laminierte Preislisten. „Wie unterscheiden die Sorten sich eigentlich?“, habe ich bei meinem ersten Besuch gefragt.
„Nach Northern Light muss ich immer arbeiten!“, sagte der Typ hinter der Theke. Was er noch sagte, habe ich leider vergessen. Northern Light gibt es schon lange nicht mehr im Quiam. Doch White Widow und Santa Maria sind auch ganz gut, wobei Santa Maria bei mir wie Wahrheitsgras wirkt. Hab’s beim Schreiben dieses Textes geraucht, drum kann man mir alles unbesehen glauben.

In der Ecke des Quiam steht übrigens ein Spielhallengerät. Es ist so ein Rennautositz mit einem Bildschirm davor. Doch ich sah noch nie jemanden darauf sitzen und ein Autorennen fahren. Es ist vielleicht nur Dekoration. Eine orange Fahne hängt jetzt über dem Gerät: Hup Holland! steht darauf. Es ist der Schlachtruf der niederländischen Fußballfans.

Ganz anders ist das Easy Going in Maastricht. Es ist zwar auch ein Café, doch es hat nichts volkstümlich Gemütliches. Es ist ein langer schmaler Raum. Doch gehe ich an der Theke längs, ruft die Thekenbedienung immer freundlich „Hoi!“ Das Gras kauft man in einem Verschlag, in den man nur einzeln vortreten darf. Da sitzt ein freundlicher Glatzkopf mit dicken Muskeln, ein cooler Typ mit Ausstrahlung. Früher hatte er ein Haustelefon, in das er die Bestellung sprach. Dann kamen die Grastütchen aus einer Rutsche in der Wand. Mir hat der Typ immer die Strünke von den Grassamen gepflückt und erst dann das Gramm abgewogen. Da hatte er wohl gerade Santa Maria gekifft.

Ziemlich abgefahren ging es einmal in einem inzwischen geschlossenen Coffeeshop an einer einsamen Aachener Grenzstation zu. Es war ein Abend im Herbst. Dunkler Nachthimmel und Sturm. Die Straße lag wie ausgestorben, und in der kurzen Häuserzeile brannte nur ein schwaches Licht. Das war der Coffeeshop. Ich presste die Türklingel. Ein finsterer Typ öffnete und wies mich in einen Raum, wobei er die Tür wieder hinter mir abschloss. Da wurde mir mulmig. Der Raum stand voller Gerümpel und einige Schränke standen im Weg herum. Da saßen noch zwei andere Gestalten an einem Tisch und musterten mich. Sie waren ordentlich tätowiert, das musste ich ihnen lassen.

Einer von ihnen ging nach hinten, und holte das Gras. Der von der Tür kassierte mich ab. Bin froh, dass er mir nur abnahm, was ihm zustand. Ach, wie schön ist es in eine stürmische Herbstnacht hinauszutreten, wenn man gerade nicht ausgeraubt wurde.

Das alles habe ich nur geträumt, denn als Deutscher darf man solche Dinge nicht tun. Es war wohl ein deutlicher Traum. Denn wie gesagt, ich war bekifft. Santa Maria.


Das obige Standbild auf dem Markt von Maastricht zeigt Jan Pieter Minckeleers – Erfinder der Gasbeleuchtung – mit ewig brennender Flamme, Foto: Trithemius (größer: bitte klicken)

Holpern und Rumpeln, eine Zeitreise im Karren

Als ich noch in Aachen lebte, fuhr ich manchmal mit dem Bus nach Maastricht, um beispielsweise im Coffeeshop Easy Going Gras zu kaufen, natürlich aus rein wissenschaftlichen Gründen. Der Bus der Linie 52 fuhr eine Schleife durch Aachen, sammelte an drei Haltestellen Fahrgäste und brauste dann durch bis zum Grenzort Vaals, wo am Markt die ersten holländischen Fahrgäste zustiegen. Da kam sogleich Leben in die Bude, denn die Holländer pflegten sich zu unterhalten. Das ging so lange, bis der private Linienbetreiber endlich für Ruhe im Bus sorgte und Fahrgastfernsehen einführte.

Inzwischen hat sich das Verhalten von Holländern und Deutschen angeglichen. Wer täglich ein öffentliches Verkehrsmittel benutzt, kennt die üblichen Verhaltensweisen. Manfred Voita hat gestern in seiner hübschen Kurzgeschichte: Buddha hat Urlaub davon erzählt, Mitzi Irsaj hat mir aus der Münchner S-Bahn einen Kommentar geschickt und berichtet, wie sie meinen Krimi von gestern unterwegs gelesen hat. Man möge sich einen Augenblick mit mir darüber wundern, dass es technisch möglich ist, sie fährt und ich sitze still an meinem Rechner und wir kommunizieren.

Mich haben Systeme der öffentlichen Verkehrsmittel immer fasziniert. Weil sie alltäglich genutzt werden, haben sie den Anschein des Selbstverständlichen und finden meist nur Beachtung bei Verspätung, Überfüllung oder wenn sie gar nicht fahren wie in Brüssel der letzten Tage, wo wegen der höchsten Terrorwarnstufe das öffentliche Leben beinah stillstand und heute erst wieder langsam in Gang gesetzt wird. Die Gleisnetze der Münchener MVG, der Brüsseler Metro oder der Deutschen Bahn sind natürlich auch Netze der Fernkommunikation. Sie befördern freilich nicht nur Kommunikation, sondern die Erzeuger von Kommunikation gleich mit.

Trithemius, komm zur Sache! Sorry, ich habe mal wieder so ein großes Durcheinander im Kopf, will sagen, die Wagen haben die Gleisspuren verlassen, und rumpeln kreuz und quer. „Rumpeln“ ist das Stichwort, was die Gedanken wieder spuren lässt. Vor 460 Jahren, im Jahr 1555 war Reisen ein beschwerliches Unternehmen. Man saß im ungefederten Pferdewagen. Der holperte und rumpelte über Stock und Stein, dass die Reisenden ihre Knochen kaum zusammenhalten konnten. Und wenn du im Augenblick den Herrn neben dir anrempelst, im nächsten der Dame gegenüber auf dem Schoß liegst, dann kannst du nicht „keinen gesehen!“ pfeifen, sondern ihr lernt euch kennen und kommt ins Erzählen.

Der frühneuhochdeutsche Schriftsteller Jörg Wickram aus Colmar (Elsass) hat im Jahr 1555 eine Sammlung von Erzählungen herausgebracht, mit denen sich die Reisenden die beschwerliche und langwierige Reisezeit verkürzt haben, das Rollwagenbüchlein. Das Rollwagenbüchlein enthält 67 Schwänke, von denen ich jetzt einen Schwank nacherzähle, nacherzähle deshalb, weil der Schwank eine mündliche Form ist wie der Witz. Schwänke sind kurz, manchmal derb oder obszön, handeln von dummen und tölpelhaften Leuten, von Fahrenden, Pfaffen, Studenten, Handwerkern, Wirtsleuten und Bauern. Du liebe Zeit, die Vorrede ist länger als der Schwank. Also bitte, wir steigen in den Rollwagen:

RollwagenbüchleinEin fahrender Student klopfte eines Nachts an die Tür eines einsamen Bauernhauses und bat um ein Nachtlager. Der gutmütige Bauer holte den durchgefrorenen Studenten in die Stube, wo die Familie sich gerade um den Tisch versammelt hatte, um das Nachtmahl einzunehmen. Der Student blies froh in seine klammen Hände.
„Warum machst du das?“, fragte der Bauer.
„Na, damit sie warm werden“, sagte der Student. Man reichte dem Studenten einen Teller dampfender Suppe. Der Student wollte sich nicht den Mund verbrennen und blies in die Suppe.
„Ja, und warum machst du jetzt das?“, fragte der Bauer.
„Damit die Suppe abkühlt“, sagte der Student arglos.
„Oho!“, rief der Bauer. „Bist du etwa einer, der heiß und kalt zugleich aus dem Maul blasen kann?! Das kann nur mit dem Teufel zugehen, also pack dich wieder!“ Rief’s und setzte den Studenten vor die Tür.

Abbildung aus Wikipedia: Das Rollwagenbüchlein (größer: bitte klicken!)

Krimiabend – Hunde

Die Vorgeschichte: Zwischenfall auf der Autobahn
Tod im Mausoleum

Straberg erreichte den Ortsrand von Verviers gegen 21 Uhr. Hier folgte er noch kurz der Rue de Hèvremont, dann bog er nach links in die Rue de la Cité. Nach etwa 50 Metern zweigte die Rue du Cimetière ab. Wieder ging es nach links, so dass er zurück nach Osten fuhr. Doch die Rue du Cimetière führte steil den Hang hinauf. Je weiter sie anstieg, umso öder wirkten die Häuser an der Straße. In der Nähe des Friedhofs lagen die Bauten verstreut. Dazwischen Brachgelände und kleine Gewerbehöfe.
Dann sah er den Friedhof. Seine gewaltige Ausdehnung ließ sich nur erahnen, denn das Gräberfeld erstreckte sich noch weit den Hang hinauf.
Von der Straße zweigte eine Rampe zum Hauptportal ab. Unterhalb der Rampe parkte Straberg den Laguna. Er blieb noch einen Augenblick sitzen und versuchte sich zu sammeln. Dann stieg er aus und schloss den Wagen ab.
verviersfriedhofFriedhof in Verviers – Foto: Gudrun Petersen

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Krimiabend – Tod im Mausoleum

Die Vorgeschichte: Zwischenfall auf der Autobahn

Das Mausoleum der Familie Geraets war eines der Größten und Prächtigsten auf dem Friedhof von Verviers. Der Urgroßvater Boudewijn Geraets hatte es 1897 aus dem Blaustein der Region erbauen lassen. Die eigentliche Gruft bestand aus einem schmalen Gang. Links und rechts befanden sich insgesamt 28 Grabkammern, je sieben in einer Reihe, zwei Reihen übereinander.
Es waren noch zwei der Grabplatten unbeschriftet, doch eigentlich gab es drei leere Grabkammern. Rodrigo Geraets war der letzte männliche Nachfahre der Hauptlinie. Deshalb hatte er vor vier Jahren bereits seine eigene Grabplatte anfertigen lassen. In klaren römischen Kapitalis-Buchstaben waren dort sein Name und seine Geburtsdaten eingemeißelt.
In seiner aktiven Zeit als Sonderermittler der Staatsanwaltschaft hatte es immer wieder Hinweise aus der Lütticher Unterwelt gegeben, dass man ihm nach dem Leben trachtete. Zweimal war er nur knapp einem Anschlag entkommen. Deshalb hatte er auf einen plötzlichen Tod vorbereitet sein wollen. Seinen Verwandten mütterlicherseits vertraute er in dieser Sache nicht.
verviersfriedhofFriedhof in Verviers – Foto: Gudrun Petersen

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