Digital Detox – Ein Selbstversuch

Der Begründer der Waldorfpädagogik und Anthroposoph, Rudolf Steiner, hat während seiner Vorträge häufig Tafelbilder erstellt. Um die flüchtigen Kreidezeichnungen zu sichern, bespannten seine Anhänger die Tafel zuvor mit schwarzem Papier. Heute wirken derartige Verfahren eigenartig und umständlich. Irgendwo, gerade unauffindbar, habe ich die Fotografie eines solchen Tafelbildes. Aber ich würde ein reales Tafelbild, das unhandlich ist und zu verwischen droht, wenn es nicht nicht konserviert wird (hier hülfe Haarspray) jederzeit einer Fotografie der Tafel vorziehen, einem Digitalfoto erst recht. Das Materielle in der Kommunikation schlägt das Digitale um Längen. Ab heute für gut vier Wochen werde ich mich aus der digitalen Welt zurückziehen und neu orientieren. Das Teestübchen bleibt offen, ist dann mehr Bibliothek. Warum nicht mal im Frühling 2016 oder im Mai 2017 stöbern? Natürlich werde ich ab und zu nach dem Rechten sehen, aber erst einmal schweigen. Nach meiner Intenernetpause gelingt mir sicher wieder der eine oder andere lesbare Text. „Digital Detox“ ist ein großes Wort. Doch ich versuche es.
Bis bald, Ihr und euer

Gif-Animation: JvdL – Zum Wikipedia-Eintrag „Digital Detox“ klicke Animation

Lassen Sie uns Herr zueinander sagen

Zu Zeiten vielfältiger Pflichten in Beruf und Familie gehörte nur der Sonntagmorgen mir. Dann wusste ich nicht wo anfangen vor lauter faszinierender Dinge, denen ich mich widmen konnte. Derzeit ist mein Leben ein immerwährender Sonntagmorgen. Das ist ein Luxus, von dem ich einst geträumt habe. Doch die Welt ist zudringlich. Von überall dringt Lärm an mein Ohr. Ebenso will ich nichts hören vom Getöse im Internet. Manchmal kappe ich die Verbindung, sonst dringt das aufgeregte Tuten und Blasen sogar zu mir durch, wenn der Internetbrowser geschlossen ist. Ob es hilft, wenn ich der Welt das Sie anbiete? Lassen Sie uns Herr zueinander sagen!

Seit Tagen kann ich mich nicht auf mein Romanprojekt konzentrieren, an dem ich schon zu lange schreibe. Derzeit wird daraus nichts wegen der Frühlingssonne. Vor der Parkbank liegen auf dem Boden kreuz und quer nicht abgebrannte Streichhölzer. Die roten Köpfchen wirken, als würden die Hölzer sich schämen, dass sie nicht Kopf an Kopf nebeneinander in der Schachtel liegen wie es sich gehört. Ein Mann macht laut: „BUH!“, und ein Haufen Tauben fliegt auf. Zwei junge Männer von der Nachbarbank spüren einen Impuls und gehen gemeinsam fort. Jeder führt einen Hund an der Leine. Ein Jogger im orangefarbenen Outfit läuft an ihnen vorbei und schaut sich vorwurfsvoll um. Ich kann unter der hellen Sonne die feine Webstruktur meiner Hose genau erkennen und frage mich, wo und unter welchen Bedingungen der Stoff wohl gewebt wurde. Zu viele Dinge, deren Herkunft fragwürdig ist. Die Kirchturmglocke schlägt dreimal.

    „Müssen Sie immer so lang schreiben?
    Können Sie nicht mal kurz schreiben?“, fragt die Welt.
    „Doch.“

Postmann

Auf dem Weg zum Bäcker begegnete mir erneut der Briefträger von der Citypost. Er schob sein blaues Postrad über den Bürgersteig. Der Mann rührt mein Herz. Noch nie habe ich einen Menschen gesehen, der von einer derart dunklen Wolke der Traurigkeit umweht ist. Bevor wir einander passierten, schlug er wie üblich die Augen nieder. Doch die Sonne schien, ich war guter Dinge und dachte, warum nicht mal freundlich grüßen, um ihm die Wertschätzung zu zeigen? In seinen gesenkten Blick sagte ich arglos: „Guten Morgen!“ und erschrak vor seiner Antwort. Sein „Guten Morgen“ klang so jämmerlich und so hart am Weinen, dass ich fürchtete, ihn aus der Fassung gebracht zu haben.

Da dachte ich, der trägt so schwer an seinem Los und jetzt wie zum Hohn muss er meinetwegen auch noch „guten Morgen“ sagen? Das lasse ich in Zukunft besser. Doch während ich mein Frühstück bereitete, fiel mein Blick auf den Spielplatz, wo er unter der blühenden Kirsche auf der Bank saß und pausierte. Dabei versenkte er sich wie üblich in einer Zeitung. Was wird er wohl lesen?

    „Bundeskanzlerin Angela Merkel nennt Billiglohnsektor sittenwidrig“ oder
    „Bundesverdienstkreuz für Postboten der Citypost“ ?

In einer besseren Welt.

Holz

Mit einem Mal war alles aus Holz. Die Dinge ringsum waren aus Holz, aber auch die gesamte Kommunikation war Holz. Er selbst war auch aus Holz. Seine Gedanken waren Holz, wie aus verschieden großen Plakatschriften typografisch zusammengestellt. Durch seinen Holzkopf zogen Wörter aus dem Sachbereich Holz. Selbst die Wörter waren aus Holz. Holzhammer, Holzwurm, Holzstapel, Holzklotz, Holz vor der Hütten, Holztisch, Holzhaus, Holzverkleidung, Holzweg, das hölzerne Bengele. Und Lieder auch: „Mit einer hölzern Wurzel, Wurzel, Wurzel , Wuhurzel …“

Bagatelle – Wo Weckeruhren reden

In der Nacht, in der ich nicht schlief, mich nur unruhig im Bett herum wälzte, in jener Nacht stellte ich plötzlich fest, dass der Stecker meiner Nachtlampe gezogen war. Er lag nutzlos am Boden, so dass ich im Notfall nicht Licht machen konnte. Ich lag grübelnd da, wer das wohl getan haben mochte. Ob es aus Bosheit geschah? War es der Auftakt gewesen zu einer lichtscheuen Schandtat, die ich in letzter Sekunde vereitelt hatte? Mich beunruhigte, dass mir entgangen war, wie sich jemand neben meinem Bett zu schaffen gemacht hatte. Dann raffte ich mich auf und schob den Stecker wieder in die Steckdose zwischen meinem Bett und dem Nachtschrank. War es nötig, Licht zu machen? Sollte ich mich überzeugen, dass ich allein im Zimmer war? Darüber muss ich wohl eingeschlafen sein.

Ich erwachte aus unruhigem Schlummer. Durch den Vorhangspalt sickerte der junge Morgen. Ich richtete mich auf und stellte meine Füße auf den Teppich. Um mich herum schien alles in Ordnung zu sein. Nicht sogleich dachte ich an die leere Steckdose und den gezogenen Stecker. Zuerst musste ich mich in dem Durcheinander im meinem Kopf zurecht finden. Aha, ich bin also kein Seehund, sondern der und der, habe kaum geschlafen, erst auf Morgen zu, draußen ist die Stadt, mit der ich langsam vertraut werde. Ich höre die üblichen Geräusche. Gleich habe ich einen Termin. Ich hole den Wecker aus der Schublade und sehe nach der Uhrzeit. Den hatte ich in der Nacht wieder zwischen meine Socken legen müssen. Anfangs war er ganz leise gewesen, und ich hatte ihn gekauft, weil er nicht tickte. Doch inzwischen hat er zu flüstern begonnen, flüstert unentwegt „BagatelleBagatelleBagatelle“ und zwar so schnell nur ein Automat flüstern kann, mindestens dreimal in einer Sekunde, eigentlich aber diese Zeiteinheit missachtend. Es könnte durchaus sein, dass nur zweieinhalb Bagatellen in die Sekunde passen, die letzte etwa bis „Baga“ oder „Bagatel“, mit oder ohne Doppel-L. Diese komplizierten Überlegungen hielten mich eine Weile gefangen, so dass ich erst später einen Kontrollblick auf die Steckdose an der Wand zwischen meinem Bett und dem Nachtschränkchen warf.

Sie war weg. Es gab dort keine Steckdose. Das weiße Kabel der Lampe verschwand hinter meinem Bett und steckte verborgen in einer am Boden liegenden Doppelsteckdose. Ich hatte die Verkabelung selbst verlegt, als mein neues Bett aufgebaut war. Denn zwischen dem leicht schrägen Kopfende des Bettes und der Wand befindet sich ein Spalt, in dem gerade Platz genug ist für Kabel und Doppelsteckdose. Von ihr bekommen auch zwei Wandleuchten links und rechts des Kopfendes bei Bedarf Strom.

Jetzt stehe ich vor der Frage, ob ich nach der unruhigen Nacht in meiner vertrauten Welt aufgestanden bin, die genug Ordnung und Symmetrie hat und sauber verkabelt ist, so dass ich im Bett liegend sogar zwei Lichtschalter bequem erreichen könnte, ob ich aber in der Nacht ganz woanders war, in einer Welt der leisen Bedrohung, in der ich eine Steckdose zwischen meinem Bett und dem Nachtschränkchen und nächtliche Besucher habe, die mir den Stecker aus der Dose ziehen und mir schaden wollen. Das zu akzeptieren, fiele mir nicht schwer. Für die Konstanz der Welt, in der wir leben, gibt es keinen Beweis, nur den Glauben, dass sie so ist, wie wir sie erleben. Fatal wäre es nur, wenn zwischen diesen meinen Welten eine Art Pendeltür bestünde, und ich könnte ungewollt hindurch fallen in einer unruhigen Nacht.

Finde deinen ersten Blogeintrag im Internetarchiv!

Kürzlich zeigte arte den dystopischen SF-Film „Rollerball“ aus dem Jahr 1975. Die Welt ist darin beherrscht von wenigen Konzernen. Zur Unterhaltung der Massen dient der brutale Sport „Rollerball“, bei dem die Mannschaften bis aufs Blut gegeneinander kämpfen. Sie gehören den verschiedenen Konzernen, da Nationen abgeschafft sind. Abgeschafft sind auch Bibliotheken. Das kulturelle Erbe der Menschheit ist digital in einer zentralen Datenbank erfasst. Als der Protagonist dort recherchieren will, wann die Herrschaft der Konzerne begonnen hat, erfährt er beiläufig, dass der Zentralcomputer das 12. Jahrhundert nicht mehr auffindet. Da das Gedächtnis der Menschheit nur noch digital existiert, ist ein ganzes Jahrhundert verloren.

Im Jahr 1975 war an das Internet noch nicht zu denken. Von ihm heißt es: „Das Internet vergisst nichts.“ Die stereotype Formel stimmt nur bedingt. Alles, was sich mit Suchmaschinen finden lässt, muss ja irgendwo auf Servern gespeichert sein. Sobald Server abgeschaltet oder zerstört werden, sind auch die dort gespeicherten Seiten verloren. Im vergangenen März brannte in Straßburg ein Rechenzentrums-Verbund mit rund 100.000 Servern. Wie viele Kunden vom Datenverlust betroffen sind, lässt sich noch nicht abschätzen.

Bei meinem Aufruf zur Bloggeschichte taucht die Frage auf, ob denn die frühen Versuche überhaupt noch auffindbar wären, wenn es zu lange her ist und oder der Weblogdienst nicht mehr existiert und die Server abgeschaltet sind. Vorausgesetzt man weiß die damalige Internetadresse noch, gibt es eventuell eine Rettung: Verlorene Internetseiten speichert das schon 1996 gegründete Internetarchiv waybackmachine, ein gemeinnütziges Projekt mit Sitz in San Francisco. Ein Spiegelserver der Daten von San Francisco befindet sich sinnvoller Weise auf einem anderen Kontinent, nämlich in der ägyptischen Bibliotheca Alexandrina. Freilich ist die Speicherung von Blog-Postings lückenhaft. Man braucht etwas Glück. Wer seine alte Internetadresse nicht mehr weiß, kann testweise seine aktuelle in die Maske eingeben und findet seinen Anteil am kulturellen Welterbe der Menschheit. Viel Erfolg!

Weiter zum Projekt Sammlung historischer Bloggeschichten

Eine Sammlung historischer Bloggeschichten

Kollegin Marana hat gestern hier ein Faksimile ihres ersten Blogeintrags aus dem Jahr 2005 gezeigt, erstveröffentlicht in ihrem Blog auf der jetzt versunkenen Plattform Blog.de. Diese Anregung will ich aufgreifen. Mein erstes Blog ist unzugänglich, weil beizeiten gelöscht. Es hieß „Wolfsburg-Notizen“ und war insgesamt so düster wie der Name verspricht, denn ich heulte meinen Liebeskummer in die Nacht hinaus. Im Nu versammelten sich traurige und depressive Menschen darum und bestätigten, wie schlimm doch alles sei, dass es mich gruselte. Ich wollte kein schwermütiges Zentrum für gefühlsduseliges Gejammer betreiben.

Da fiel mir ein Teppichhandelsprospekt in die Hände, in dem schon wieder eine herzzerreißende Geschichte erzählt wurde. Diesen Text schrieb ich um und machte einen Ausverkauf der schlechten Gefühle. Anschließend hatte ich ein leeres weiß getünchtes Teppichhaus. Es sollte immer hell und freundlich sein, darum die Grundfarbe Rot-Weiß. Aus diesem Teppichhaus mein erster Beitrag, importiert von Blog.de, leider nicht im Original-Layout:

Erstveröffentlichung 11. November 2005, Teppichhaus Trithemius bei Blog.de

A U F R U F
Schreibe deine eigene Bloggeschichte, erkläre den Namen deines Blogs, zeige deinen ersten Blogeintrag und verlinke zu meinem Aufruf! Ich werde die Links zu den historischen Bloggeschichten unter diesem Beitrag hier sammeln und bin gespannt auf deine Geschichte.
EDIT Ich habe mich eventuell nicht klar ausgedrückt. Wünschenswert wäre ein eigener neuer Beitrag zur eigenen Bloggeschichte (wie von mir und Feldlilie beispielsweise) und Verlinkung hierher, damit die Leser*innen die Angaben auf euren Blogs finden und nicht hier in den Kommentaren suchen müssen.

1) Feldlilie, Trithemius frug …

2) Noemix, Falsche Antwort (Angaben zur Bloggeschichte im Kommentar weiter unten)

3) Tinderness, Sauseschritt Un, deux, trois.

4) frauhemingistunterwegs, Erster Blogeintrag – unterwegs

5) Karfunkelfee, Link zur waybackmachine, Im Reich des Kinderkönigs

6) Daggi Dinkelschnitte, Willkommen in der Dinkelebene

7) Herr Ösi, Da bin ich

8) Dieterkayser, 17. April, Schreibmann wird 18

9) Froggblog, Blog-Archäologie

10) Myriade, Mein erster Blogeintrag ohne Blogeintrag

11 Lo, Von der Melonia übers SPIEGELei zum Kohlenspott

Einiges über einiges

Vorrede – Die man getrost überspringen kann

Es gab eine Zeit, einige Jahre ist das her, da habe ich täglich geschrieben, was nicht etwa bedeutet, ich hätte nur irgendwo rumgesessen und etwas in mein Notizbuch, das ich immer bei mir hatte, wenn ich es nicht zu Hause hatte liegen lassen, wobei mein Zuhause damals in Aachen war, hineingekritzelt, wie vielleicht böse Zungen behaupten würden, kämen sie hier zu Wort, sondern ich habe sauber abgetippte Texte, gelegentlich auch selbst fotografierte oder selbst geklaute Bilder, Bildmontagen oder eigens erstellte Gif-Animationen, ja, sogar bei YouTube hochgeladene selbst gefilmte und geschnittene Videos in meinem Blog, das bekanntlich Teppichhaus hieß und aus drei Filialen bestand, die zu verschiedenen Zeiten jeweils das Haupthaus waren, wie jetzt dieses Teestübchenblog, in dem Sie, werter Leser gerade versuchen, sich durch ein Satzungeheuer zu wühlen, das Haupthaus ist, wo ich derzeit die meisten Leser habe, wobei ich die Leserinnen nur nicht erwähne, weil mich keiner einen Sexisten schimpfen können soll, indem er behauptet, ich würde die Leserinnen gezielt ansprechen, was sozusagen eventuell sexuelle Belästigung sein könnte, man weiß es nicht, denn im Internet wirken Texte ja viel unvermittelter, suchen sich den Weg direkt ins Stammhirn, unter Ausschaltung der Logik und der Vorsicht, wozu speziell allen Leserinnen hier mal ausdrücklich angeraten sei, also zur Vorsicht, dass sie sich der Logik zu bedienen verstehen, versteht sich von selbst und wird keinesfalls in Zweifel gezogen, denn das Stammhaus auf der versunkenen Plattform Blog.de hatte einst die eifrigste Leserschaft, was mich ungemein motivierte und dazu brachte, dort gut 1400 Postings zu veröffentlichen, veröffentlicht.

Hauptteil – In dem es um etwas Geheimes geht
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Gutenberg bei WP umgehen – zwei gute Tipps

Wer nach Möglichkeiten sucht, den unhandlichen WP-Editor mit dem hochtrabenden Namen „Gutenberg“ zu umgehen, findet im Netz fast nur Hinweise auf ein Plugin mit dem Classic-Editor. Dieses Plugin kann aber nur installieren, wer den teuren Businesstarif gebucht hat.
Kürzlich fand ich zwei preiswertere Möglichkeiten. Aus nicht nachvollziehbaren Gründen geriet ich beim Bearbeiten eines Textes ins gewohnte Backoffice mit dem Classic-Editor-Formular. Ich habe auf den Link im Browserfenster kurzerhand ein Lesezeichen gesetzt und kann damit den alten Editor problemlos aufrufen, nachdem ich einen Entwurf gespeichert habe. Die zweite Möglichkeit habe ich einem Kommentar der Userin Belana Hermine bei Kollegin Miss Tueftelchen gefunden (klick Abbildung).

Viel Vergnügen mit dem Classic-Editor und viel Erfolg!

Vom Paarlaufen

Manche Paare, wenn sie jung sind und Hand in Hand daherkommen, gehen im Gleichschritt. Manche gehen im gleichen Rhythmus, aber spiegelschrittig. Mir scheint das die bessere Weise zu sein, wenn man in Eintracht miteinander schwingen will, denn indem sie spiegelbildlich gehen, ergänzen sie sich. Gleichschritt wirkt angepasst, symbiotisch und hat etwas Militärisches.

Ein anderes Paar, er mit weißen Dauerwellen und einem langen schwarzen Mantel aus teurem Tuch, sie mit schwarzer Bolerojacke über dem Cocktailkleid, geht seitlich versetzt, sie etwa einen halben Schritt hinter ihm. Sie ziehen eine Diagonale über den Platz, als wäre ein gut fünf Meter langes, unsichtbares Band zwischen ihnen gespannt, ein Band wie der magische Faden Gleipnir, mit dem die Asen den Fenriswolf gefesselt haben. Da gibt es die Erlösung erst beim Weltenbrand. Er hält den Kopf gesenkt, mehr ein Haupt, sie schaut zu Boden, was gewiss ein Unterschied ist, denn während sie den Blick auf die Myriaden Steinchen zu ihren Füßen richtet, scheint er in Gedanken versunken, so als er betrachte er ein inneres Bild. Das wird eine Szenerie aus dem Berufsleben sein. Andere Wichtige wie er schauen auf einen Plan, den sie gemacht haben und prüfen seine Tauglichkeit.

Sie dagegen zwingt sich gerade ein wenig Würde ab, mit ihren hohen Pumps stabil durch den Kies am Boden zu gehen, dass es nicht zu staksig aussieht. Was eine Frau denkt, soll für den Mann ja ein Rätsel bleiben. Angenommen, sie dächte an ihre teuren Schuhe und den Kies, dann wäre ihr Denken dem seinen überlegen, denn sie wäre im Hier und Jetzt, er aber weiß gar nicht so recht, wo er ist, sieht nicht einmal die Sonne über dem Maschpark und das Grünen und Aufsprießen ringsum.

Ich steige auf mein Rad und fahre an der prachtvollen Freitreppe des wunderlichen Rathauses von Hannover vorbei Richtung Heimat.