Nach langer Zeit traf sich ein Teil der Hack-Gruppe wieder bei Herrn Putzig. Zu meinem Bedauern fehlte aber Konrad Fischer. Ein anderer Gast sollte mir bekannt gewesen sein, denn er hatte vor Jahren auf der Geburtstagsfeier von Filipe d’Accord „Aufgelegt“, was ja die landläufige Bezeichnung für die Tätigkeit des Discjockeys ist. „Auflegen“ meint „Schallplatten auf den Plattenteller legen“, was heute selten geschieht. Die Arbeit des Discjockeys beginne beim Studium der einschlägigen Musik-Fachpresse, erfuhr ich. Hernach werde die Musik angehört und, wenn gut befunden, aufgesucht und in Playlists zusammengestellt. Beim „Auflegen“ drücke er nur noch Knöpfe, sagte der Gast.
Das Wort „Auflegen“ ist also eine von den versinkenden Metaphern. Bald werden nur noch wenige seine Herkunft kennen. Hernach wurde über Probleme mit Tanten gesprochen, was mich nur mäßig interessierte, denn ich habe theoretisch zwar Tanten im Rheinland, weiß aber nichts mehr von ihnen. Aber ich wollte sowieso von einem anderen Gespräch berichten.
Einmal bei einer Silvesterfete in Aachen unterhielt ich mich mit einem Doktoranden der Theoretischen Physik. Noch nie hatte ich mit einem Menschen gesprochen, der Theoretische Physik betreibt. Wie geht das wohl? Wir sprachen übers Schreiben, denn neben mir stand der Freund, mit dem ich einen Kriminalroman geschrieben hatte, und der Mann der theoretischen Physik beneidete uns, da er eben nur theoretische Physik zu schreiben habe. Ich sagte, dass englische Wissenschaftler wohl auch theoretische Physik zu erzählen wüssten. Der Physiker nickte: „Das ist so. Doch die Engländer selbst sagen, wenn man eine Arbeit über theoretische Physik lesen wolle, die knapp ist und nur das Wichtige in geraffter Form enthält, dann würde man auch als Engländer lieber die Arbeit eines deutschen Wissenschaftlers lesen.“
Dazu konnte ich ein Beispiel beitragen: Zu der Zeit, als man noch Fernschreiber mit Lochstreifen benutzte, hatten englische wie deutsche Fernmeldetechniker einen Funktionstest, um festzustellen, ob auch alle Zeichen korrekt übertragen werden. Die Engländer sendeten einen Satz, der alle Buchstaben des Alphabets enthält:
- THE QUICK BROWN FOX JUMPS OVER THE LAZY DOG.
Die Deutschen Fermelder sendeten als Funktionstest nur „R“ und „Y“, denn diese beiden Buchstaben decken die gesamte Lochstreifenmatrix ab. Wenn R und Y korrekt übermittelt werden, sind der Datenweg und die Maschinerie in Ordnung.
Das ist also der Unterschied: Deutsche Wissenschaft: RY
Englische Wissenschaft: THE QUICK BROWN FOX JUMPS OVER THE LAZY DOG.
Jetzt kommst du!
Einstweilen wünsche ich allen, seien sie Aufleger, Physiker, Fernmelder, Tanten oder sonst was Schönes, einen guten Rutsch und ein frohes neues Jahr!