Wie das Weltall riecht, hätte man sich denken können. Der US-Astronaut Scott Kelly beschreibt es als „Leicht verbrannt, leicht metallisch. Er erinnert mich an den Geruch von Wunderkerzen am 4. Juli.“ Die Welt zitiert den deutschen Astronauten Alexander Gerst: „Das Weltall riecht nach Bremsbelägen“, was eine vergleichbare Metapher ist, wenn man unterstellt, dass Wunderkerzen am 4. Juli nicht viel anders riechen als unsere zu Weihnachten. Es gibt jedoch Kosmen, die ganz anders riechen, beispielsweise der Mikrokosmos der Bakterien im Inneren eines Müllautos bei 36 Grad Außentemperatur.
Bei Hitze allein dort lang zu radeln, wo zuvor ein Müllauto gefahren ist, lässt den Normalsterblichen nach einer Atemmaske japsen. Nicht aber die tapferen Müllmänner. Sie tauchen natürlich nicht in diesen Mikrokosmos ein wie die gefeierten Astronauten ins Weltall. Doch wie jene die schier unermesslichen Weiten des Weltalls nur ankratzen, indem sie im Orbit um die Erde kreisen, kommen auch die Müllwerker mit dem infernalischen stinkenden Bakterienkosmos nur marginal in Berührung. „Ja, meine Herren, es reicht!“, ruft der geplagte Müllmann zu Recht, nachdem er zum 3. Mal aus der Dusche kommt. Es wäre zur Abwechslung zu fragen, was denn die Bewohner des Fäulnis-Weltalls über die Sache denken. Riecht der Bakterienkosmos für sie etwa köstlich, so dass sie ihn wehmütig mit dem US-Unabhängigkeitstag vergleichen? Stinkt er ihnen oder ist der widerwärtige Gestank für sie der Duft der großen weiten Welt? Haben sie überhaupt eine Vorstellung davon, wie ihr Kosmos beschaffen ist? Fragen, auf die wir keine Antwort wissen. Dabei ist es doch unser Müll. Es sind unsere Müllautos. Fäulnis und Verwesung darin ist unser Kosmos in unserem Kosmos.
Gestern war bei Heilpraxis.net zu lesen:
„Toxoplasma gondii macht Menschen risikofreudiger im Berufsleben (…) Einer amerikanischen Studie zufolge soll der bei Katzen weit verbreitete Parasit Toxoplasma gondii bei Menschen dazu beitragen, dass sie risikofreudiger im Arbeitsleben sind und häufiger eine eigene Firma besitzen.“
Eigentlich bewirkt der Einzeller, dass Mäuse risikofreudiger werden, so dass sie leichter von Katzen gefressen werden können. Und von der Katze kommt der Erreger auf den Menschen. 60 Prozent der Deutschen sollen ihn beherbergen, was freilich fragen lässt, warum die Idee der Ich-AG gescheitert ist.
Oder das Rhinovirus. Dessen Himmel ist auch manchmal wolkenlos, – wenn keine lästigen Antikörper in der Nähe sind. Dann besuchen Rhinoviren lustig Ausflugsorte und vermehren sich glücklich unter der Sonne des erkälteten Wirts, und leider befallen sie nicht nur Wirte, sondern auch deren Gäste. Rhinoviren werden meist von Hand zu Hand gegeben, und alle, die Ess- oder Trinkbares reichen, sind die Netzbetreiber für die Kommunikation zwischen Rhinovirus und Mensch. Diese Kommunikation findet statt, wenn wir auch die Inhalte sehr einseitig interpretieren. Sind zum Beispiel die Schleimhäute des Menschen durch das Wirken der Rhinoviren gereizt, bemerkt der befallene Mensch die Anwesenheit von Mikroorganismen, weil’s weh tut. Wehrt sich das Immunsystem des Menschen, erleben die Mikroorganismen, wie unwirtlich ihr Kosmos sein kann. So richtig für den anderen freuen kann man sich also nicht.
Trotzdem sollten wir die Mikrokosmen in unsrem Kosmos mehr beachten. Ist beispielsweise mal untersucht oder wenigstens bedacht worden, ob und wie sich quantenmechanische Effekte innerhalb von Mikrokosmen auswirken und über dieses unbekannte Medium auf den Menschen? Bakterien bewegen sich durch einen Proteinfaden fort, dessen Propellerbewegung einen Protonenstrom benötigt. Böse Zungen werden sagen, die Überlegungen wären dem Müllgestank entsprungen und von heimtückischen Mikroorganismen direkt in den Kopf des Verfassers gesetzt worden.