Für einen Moment fliegt mich der Zauber an, den ich als Kind empfand, wenn ich ein Buch aus der Borromäusbücherei unseres Dorfes ausgeliehen hatte und von fremden Lebenswirklichkeiten las. Und nun stehen sie alle dort, die Bücher meiner Kindheit, und ihre Rückenschildchen rufen: Lies mich!, als wäre ich ein Zeitreisender. Doch trete ich an eines der Regale, um ein Buch herauszunehmen, dann will es kaum hervor. Auch seine direkten Nachbarn drängen sich mir entgegen, als hätten sich alle Bucheinbandfolien über die Jahrzehnte miteinander verschweißt.
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Tag: November 17, 2015
In der Not wächst das Rettende auch – Keine Börsenverluste! Wenigstens unser gutes Geld ist sicher!
Ein Stein polterte mir gestern Morgen vom Herzen, als ich im Tagesschau.de-News-Reader diese Meldung fand: „Börsen stecken Pariser Terroranschlag rasch weg.“ Ich bin sicher, dass ein Seufzer der Erleichterung durch ganz Deutschland zog, als die mindestens 150-Millionen deutschen Anleger, deretwegen die ARD jeden Abend vom Börsengeschehen berichtet, das lasen. Schon morgens nach dem Aufstehen fragten wir uns bang: „Wie geht’s wohl dem Dax? Hat er auch keinen Furz quer sitzen?“Aber dann war ein glückliches Stammeln allüberall: „Wenigstens unser gutes Geld ist nicht betroffen, wenigstens keine Vernichtung von Kapital. Sie können Leute erschießen, Flugzeuge vom Himmel holen, Einkaufszentren in die Luft sprengen, solange sie nur unser gutes Geld nicht antasten #Prayfor
Paris #PrayForDax.
Wie gut, dass die ARD keinen „Brennpunkt Börse“ machen muss. Natürlich habe ich den Bericht auf Tagesschau.de lesen wollen, um den wohligen Schauer zu spüren, weil: Dem Dax geht’s gut „Keine Panik an den Börsen“. Ach, und noch was wärmt mein Herz, den Gemütsmensch im Bild zu sehen, der es verstanden hat, mit dieser Nachricht ein helles Licht in finsteren Zeiten zu entzünden. Er heißt Stefan Wolff und sieht genauso aus wie der Unsympath, der schon in der Oberstufe mit dem schweinsledernen schwarzen Aktenkoffer durch die Gegend gelaufen ist und, wenn er auch keine Freundin hatte, sich tröstete, dass er sich nach dem BWL-Studium die hochnäsigen Miezen schon würde kaufen können.
Da konnte er „relativ gelassen“ abwarten wie seine Freunde, die „Anleger“, die nicht mehr in Panik verfallen wie damals bei Nine-Eleven, weil sie inzwischen wissen, dass Terror und „Krieg gegen den Terror“ der Wirtschaft gut tun, denn für Meucheln, Morden, Vergewaltigen und Brandschatzen werden Waffen gebraucht. Da laufen die Geschäfte glänzend. Auch der Terrorist hebt das Bruttoinlandsprodukt, ätschbätsch! Und das ist doch mal eine wirklich tröstliche Nachricht für alle mit dem Gemüt eines Fleischerhunds.