Das Buch Alexander in meiner inneren Bibliothek hat drei weitere Kapitel: Bei unserer Radtour zum Bodensee durch den regenverhangenen Schwarzwald nächtigten wir in der Jugendherberge von Freudenstadt. Wegen Überbelegung wies man uns eine Dachstube mit Feldbetten zu. Indem der Regen aufs Dach prasselte, lagen wir ermattet auf unseren Pritschen. Alexander hob die Decke an, schaute nach unten und berichtete: „Er schwillt an. Er hebt sich. Er steht! Jetzt senkt er sich wieder und legt sich ab.“ Das war unerhört, zumal wir einen von der katholischen Sexualmoral schwer verkorksten Jungen bei uns hatten, der, wann immer die Rede auf Mädchen kam, ausrief: „Küssen, Todsünde!“
Zwei Jahre später beim Familienurlaub hatte Alexanders jüngerer Bruder sich in eine der beiden Töchter einer Familie aus Vlaardingen bei Rotterdam verliebt. Nach dem Urlaub drängte es ihn, das Mädchen wiederzusehen. Alexander hatte gerade den Führerschein gemacht, und sein Vater lieh ihm das neue Familienauto, einen Renault Kleinwagen. Wir beschlossen die 250 Kilometer nach Vlaardingen zu fahren und zwängten uns zu sechst ins Auto. Einer musste im Kofferraum liegen. Erst kurz vor Rotterdam stellte Alexander fest, dass er die ganze Strecke mit gezogener Handbremse gefahren war.
Die holländische Familie hatte nicht mit unserem Besuch gerechnet, empfing uns trotzdem herzlich und betont gastfreundlich. Für den Vater der Mädchen war es eine Ehrensache, dass wir sechs im kleinen Einfamilienhaus übernachten würden. Man überließ uns sogar das Ehebett und quartierte sich bei Nachbarn ein. Nach dem Abendessen wurden im Wohnzimmer die Möbel zur Seite gerückt und Platten zum Tanz aufgelegt. Die lebenslustige Mutter verdreht uns den Kopf, indem sie jeden zum Klammerblues aufforderte und sich ungehemmt anschmiegte. Der aufgekratzte Alexander wollte sich hervortun und zeigte einen Kopfstand. Da plötzlich stob Spocky heran, der kleine schwarzweiß gefleckte Köter der Familie, und beleckte schwanzstummelwedelnd Alexanders Gesicht. Da er die Hände nicht freihatte, konnte er sich nicht wehren. Während die eifrige Hundezunge sein Gesicht wusch, rief Alexander „Pfui, Spocky! Nein! Nicht! Böser Hund! Geh weg!“ und musste rasch wieder auf die Füße, weil der Hund kein Deutsch verstand.
Sein Vater kaufte ihm eine Rennmaschine, und Alexander wurde Mitglied in einem Neusser Radsportverein. Er lebte spartanisch, zog nicht mit uns durch Kneipen, hatte ja seine Claudia und den Sport. Einmal sah ich ihn bei der Heimfahrt vom Training. Da schoss er an mir vorbei, den Blick nur auf die Straße gerichtet.