Auf der Rückfahrt unserer Radtour zum Bodensee sind meine Freunde und ich durch Rastatt gekommen. Das etwa 50.000 Einwohner zählende Städtchen muss man nicht kennen. Aber es hat ein stattliches Residenzschloss aus dem 17. Jahrhundert. Ich erinnere mich nicht, warum wir unsere Räder vor dem Schloss abgestellt haben und hineingegangen sind, vermutlich weil ein Plakat in eine Gemäldeausstellung lockte. Im zentralen Saal hingen großformatige farbenprächtige Bilder, und der für den Farbrausch verantwortliche Künstler, ein Mittfünfziger, war da.
Während wir uns die Bilder anschauten, gesellte sich der Künstler zu uns und fragte, wo wir herkämen. Karl-Heinz sagte „aus der Nähe von Köln“, denn es war unwahrscheinlich, dass man in Rastatt je etwas von unserem Dorf gehört hätte. Darauf fragte der Mann, ob wir ihn nicht an eine Kölner Galerie vermitteln könnten, denn er wolle seine Malerei zu gern auch in Köln ausstellen. Wir waren 17 Jahre, einige trugen kurze Hosen. Wir hatten einen Spiritus-Kocher, Kochtöpfe und Eimer oben auf unsere Satteltaschen geschnallt, damit wir unterwegs Wasser erbetteln und Würstchen heiß machen oder Tütensuppe kochen konnten. Klarer Fall, so sahen international anerkannte Kunstexperten aus, auf deren dringenden Rat nicht nur Kölner, sondern sogar Düsseldorfer Galeristen hören würden.
Wir würden einen Umweg über Köln machen. Auf dem Neumarkt stünden Kölns angesagteste Galeristen Spalier und würden uns zurufen: „Habt ihr unterwegs keinen Maler gesehen, der seine Bilder in Köln ausstellen will?“ So ein Satz wäre schon mal viel zu lang. Wir würden vielleicht noch hören: „Habt ihr unterwegs keinen …“, dann wären wir längst an Kölns versammelten Galeristen vorbeigerollt. „Habt ihr unterwegs keinen …“ Was?! Scheiß gebaut? Nass gemacht? Platten gehabt? Im ganzen Leben würden wir nie erfahren, was die von uns wollten, zumal die Galeristen im Feuereifer alle durcheinander gerufen hätten.
Wir mussten also sein Ansinnen bedauernd von uns weisen, stiegen auf unsere Räder und fuhren weiter. Der gute Mann, musste nicht nur uns, sondern auch all seine Hoffnungen fahren lassen, über die Stadtgrenze von Rastatt hinaus bekannt zu werden, und wenn er sich nicht erschossen hat, malte er noch lange vergebens.