Der Page und der König

Wer wie ich mit dem katholischen Zeitungsindex aufwächst, zu Hause nur die Neuß-Grevenbroicher-Zeitung, das katholische Liboriusblatt und die Kirchenzeitung fand, für den war schon ein Friseurbesuch ein Schritt in die geistige Freiheit. Beim Dorffriseur lagen all die von der Kirche verteufelten Illustrierten aus. Mit 17 Jahren entdeckte ich am Kiosk das subversive satirische Magazin Pardon. Die Zeitschrift gehört zu meiner medialen Sozialisation. Deren Logo zeigt ein Teufelchen, das den Hut lüpft. Gestaltet hatte es F. K. Waechter. Die Cartoons des damals noch jungen Zeichners haben mich von Beginn an begeistert. Meine eigene zeichnerische Entwicklung war stark von Waechter geprägt, klick!

Die befreundeten Zeichnern F.K.Waechter, F.W.Bernstein und Robert Gernhardt entwickelten eine eigene Form des Humors, den sie später in Anlehnung an die Kritische Theorie der Frankfurter Schule um Horkheimer und Adorno „Neue Frankfurter Schule“ nannten. Ihre Cartoons boten einen Blick in eine bis dahin nicht gekannte humoristische Parallelwelt.

Im Bild: Ein Kellerfund, früher Cartoon von FK Waechter, in der Pardon doppelseitig abgedruckt, von mir damals ausgeschnitten und mit dem Montagekleber Fixogum aufgeklebt. Da konnte ich nicht ahnen, dass Fixogum nach etwa 20 Jahren durchschlägt und die Vorlage beschädigt, wie im kleinen Bild zu sehen. Von mir restauriert für die Gif-Animation. Viel Vergnügen:

Festplattenfund – Die Abendbummelfee

Abendbummel online war ein Format im Teppichhaus Trithemius bei Blog.de, das ich von November 2005 einige Jahre täglich veröffentlicht habe, vornehmlich noch in Aachen. Ich ging am Nachmittag eine Runde durch die Stadt, sammelte Eindrücke und achtete darauf, gegen 18 Uhr wieder zu Hause zu sein, damit ich Zeit hatte, den Abendbummel zu schreiben. Die lebendige Blog.de-Community des Teppichhauses erwartete allabendlich den Bummel, dessen Stil das literarische Du war, was mir und den Lesenden die Illusion eines gemeinsamen digitalen Bummels gab. Nach meinem digitalen Umzug zur Plattform twoday.net und meinem analogen nach Hannover wurden die Abendbummel seltener.

Die Community war kleiner und die Möglichkeiten der Blogsoftware auf dieser Plattform waren geringer. Das galt besonders nach meinem Umzug zu WordPress. Ich hatte immer gern mit GIF-Animationen experimentiert, musste aber zunächst lernen, die unhandlichere Blogsoftware zu benutzen, wie sich beispielsweise die mich störenden Bildränder entfernen lassen. Ein digitales Animations-Experiment ist die „Abendbummelfee.“ Ich fand sie heute auf meiner Festplatte. Die Bildvorlage stammt vermutlich aus der vergessenen Illustrierten Kristall . Ich hatte einige Exemplare beim Flohmarkt des Aachener Zeitungsmuseums erstanden. Auf dem hier kreisenden Rock der Abenbummelfee steht „Abendbummel.“ In der WordPress-Interpretation ist’s leider kaum zu lesen:

Digital Detox – Ein Selbstversuch

Der Begründer der Waldorfpädagogik und Anthroposoph, Rudolf Steiner, hat während seiner Vorträge häufig Tafelbilder erstellt. Um die flüchtigen Kreidezeichnungen zu sichern, bespannten seine Anhänger die Tafel zuvor mit schwarzem Papier. Heute wirken derartige Verfahren eigenartig und umständlich. Irgendwo, gerade unauffindbar, habe ich die Fotografie eines solchen Tafelbildes. Aber ich würde ein reales Tafelbild, das unhandlich ist und zu verwischen droht, wenn es nicht nicht konserviert wird (hier hülfe Haarspray) jederzeit einer Fotografie der Tafel vorziehen, einem Digitalfoto erst recht. Das Materielle in der Kommunikation schlägt das Digitale um Längen. Ab heute für gut vier Wochen werde ich mich aus der digitalen Welt zurückziehen und neu orientieren. Das Teestübchen bleibt offen, ist dann mehr Bibliothek. Warum nicht mal im Frühling 2016 oder im Mai 2017 stöbern? Natürlich werde ich ab und zu nach dem Rechten sehen, aber erst einmal schweigen. Nach meiner Intenernetpause gelingt mir sicher wieder der eine oder andere lesbare Text. „Digital Detox“ ist ein großes Wort. Doch ich versuche es.
Bis bald, Ihr und euer

Gif-Animation: JvdL – Zum Wikipedia-Eintrag „Digital Detox“ klicke Animation

Strich ist Schnur

Text, Layout & Gif-Animation JvdL


Zeitweise bot YouTube zur Sprache im Video „Thomas Haendly bügelt mein Hemd“ eine automatische Transkription an. (Die Funktion finde ich derzeit nicht mehr.) Obwohl Thomas Haendly deutlich spricht, kam ein herrlicher Unsinn heraus, nämlich diese Sätze, die ich in einem typografischen Schaubild zusammengestellt habe.

Radio Gaga – Geräusche in der Nase

Die folgende Gif-Animation ist ein Dachboden- Festplattenfund, ursprünglich veröffentlicht im Teppichhaus Trithemius auf der versunkenen Plattform Blog.de. Ich fand nämlich die Quelldatei wieder und konnte sie für das Teestübchen anpassen. Zu sehen sind Standbilder von der Webcam eines Radiosenders aus dem Jahr 2009. Von wegen „Ist ja Radio.“
Die Webcam sieht alles.
Viel Vergnügen!

Hier gibt es keine Rezepte – Webcam-Standbilder, Text und Animation: JvdL

Schmutziger Eintrag zum Weltputzfrauentag

Am heutigen 8. November ist der Weltputzfrauentag. Da erinnere ich mich, dass ganz hinten im Teestübchenlager eine Gif-Animation liegt, die mal dringend abgestaubt werden muss. Die Fotovorlage stammt übrigens aus einer Anzeige in der längst eingestellten Zeitschrift Kristall aus den 1950-er Jahren, die ich einmal antiquarisch im Aachener Zeitungsmuseum erstanden habe – mitsamt ihrer antiquierten Rollenbilder. Ich veröffentliche den „Schmutzigen Eintrag“ auch als kleine Atempause von „Jüngling der Schwarzen Kunst.“ Da geht es morgen weiter.

Gif-Animation JvdL

Zum neuen Jahr 2020

Kraftvoll voraus. Zeichnung und Gif-Animation: JvdL

Oder wie ich es von meiner Mutter hörte:

    Prosit Neujohr,
    De Kopp voll Hoor,
    De Muul voll Zäng,
    Ne Schlössel in de Häng!

[Das ist: Zum Wohl Neujahr, den Kopf voller Haare, den Mund voller Zähne, einen Schlüssel in den Händen, – wobei der Schlüssel vermutlich die Schlüsselgewalt symbolisiert.]

Nicht mehr mein Land

Ein bedauerlicher Effekt des Klimawandels ist das schamhafte Schweigen der Laubbläser. Vorbei die Zeiten, als schon im September die Männer mit Laubbläsern anrückten und die ersten dürren Blätter mit Lärm bekämpft haben. Da wurde dem Laub das faule Herumliegen gründlich ausgetrieben, auch das unverschämt laffe Kleben auf feuchten Gehwegen nicht länger geduldet. Wir können unseren Kindeskindern nur unzulänglich vorschwärmen, wie spätestens im Oktober das dürre Laub in Wellen davon geblasen wurde, wie tapfere Männer inmitten von Laubschwaden sich behauptet haben, die Gebläse todesmutig hineingehalten haben in dickste Laubhaufen, ohne je am Sinn ihres Tuns zu zweifeln. Echte Kerle eben, nicht solche Luschen mit „Flugscham“ und derlei lachhafter Klimabesorgnis. Wenn schon die Städte den Schwanz einziehen und das Laubblasen kaum noch wagen, wo sind die mutigen Besitzer privater Laubbläser? Hat der liebe Gott alle beim Scheißen erschlagen? Das wollen wir doch nicht hoffen. Ein Land ohne die vertraute Bigband der Laubbläser, ist das noch unser Land?

Man wird doch hier wohl noch laubblasen dürfen.

Als im Land noch zur Ordnung geblasen wurde, Bilder aus dem Jahr 2012 – Fotos und Gifanimation: jvdl