Das Netzwerk des Teestübchens, bestehen aus kommentierenden und still mitlesenden Bloggerinnen und Bloggern, dieses Netzwerk mit seinen Querbezügen zu anderen Blogs erscheint mir manchmal wie eine Dorfgemeinschaft, in der alle einander mehr oder weniger gut einschätzen können. Gelegentlich abonniert eine Fremde, ein Fremder mein Blog. Ich schaue dann nach, wer mir die Ehre gibt, und finde oft unvernetzte Blogs, worin jemand sich vorstellt, seine Ziele des Bloggens formuliert hat, aber keinerlei Hinweise gibt, mit wem er sich austauscht. Im Extremfall versteht die bloggende Person ihr Blog als Einkanalmedium, fährt also einen Porsche im Rückwärtsgang.
Ein im Straßenbild gelegentlich auftauchendes Graffito vermittelt die deprimierende Botschaft: „Niemand liest dein Blog.“ Gewiss gibt es Millionen Blogs mit diesem Schicksal. Oft steckt dahinter jemand, der das Medium gerade für sich entdeckt hat und die naive Vorstellung hegt, die Welt würde nach dem ersten Post sogleich applaudieren. Ich kenne das Gefühl aus jungen Jahren. Als im Jahr 1973 in einer Aachener Studentenzeitschrift erstmals ein Cartoon von mir abgedruckt war, habe ich auch geglaubt, zumindest die Stadt würde begeistert aufjauchzen und mir käme das irgendwie zu Ohren. Aber nichts geschah. Nicht mal in meinem Umfeld wurde applaudiert, selbst dann nicht, als ich monatlich eine ganze Seite für diese Zeitschrift zeichnete und schrieb. Später, während meiner Zeit als Lehrer, gelang es mir nach vielen Versuchen 1994 erstmals, eine Satire im Titanic-Magazin zu platzieren. Unter den rund 100 Kolleginnen und Kollegen gab es nur einen, der das wertschätzte. Eine Fachkollegin Kunst warf einen geringschätzigen Blick darauf und sagte: „Dafür hätte ich keine Zeit“, womit sie mir die arglos gezeigte Satire in den Mund zurückstopfte als einen wertlosen Zeitvertreib, dem nur solche nachgehen, die die schulischen Anforderungen nicht ernst nehmen. Dabei zählte ich zu den engagierten Lehrkräften, was sie von sich nicht sagen konnte.
Zurück zu den Blogs. Sie sind ein Medium der wechselseitigen Kommunikation. Sie funktionieren bestens in einem gepflegten Netzwerk des Gebens und Nehmens. Man kann nicht erwarten, gelesen zu werden, wenn man nicht bei anderen liest und kommentiert. Wer auf Beifall hofft, ohne selbst Beifall zu spenden, sollte weiterhin für die Schublade schreiben oder den Weg in ein Einkanalmedium finden. Weil es notwendig ist, bei anderen zu lesen und gegebenenfalls zu kommentieren, kann ein gut geführtes Blog kein Massenmedium sein.
Zur Orientierung für zufällige Besucher eines Blogs ist es gut, das Netzwerk zu zeigen, mit dem man interagiert. Manche Themes scheinen das nicht vorzugeben oder Blogger sind derart selbstbezüglich, dass sie darauf verzichten, sich zu vernetzen. Aufmerksamkeit bekommt aber in der Regel nur, wer aufmerksam agiert. Trotzdem ist es schwer, in der Konkurrenz um Aufmerksamkeit zu bestehen. Wer abgeschlagen ist, findet vielleicht Trost in einem kurzen Text von Franz Kafka: „Zum Nachenken für Herrenreiter“:
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