Mal gucken, ob die Stadt noch steht – 2. Etappe

Im gestrigen Beitrag war von einer Ladesäule und einem Stromabnehmer die Rede. Aus einem Informationsblatt der ÜSTRA weiß ich inzwischen, dass es „Lademast“ und „Panthograph“ heißen muss. Der neue Bus hat etwas Steriles. Vertraut von außen ist das Farbkonzept, Lindgrün mit Grau. Dieses Lindgründ findet sich als verstreutes Akzent auch im Inneren. Die Sitze sind sparsam gepolstert, aber haben einen anthrazitfarbenen Plastikbezug. Gut zu reinigen, aber nicht besonders einladend. Mit mir ist eine junge Frau eingestiegen. Bis zum Siloah-Krankenhaus bleiben wir die einzigen Fahrgäste. Den Namen Siloah trug das Krankenhaus seit seiner Gründung im 19. Jahrhundert.

Das Wort „Siloah“ stammt aus dem Hebräischen und bedeutet „ausgesendet“. In der Nazizeit hieß die Klinik Krankenhaus Ricklingen. Im Jahr 2012 wurde ich erstmals zum Cyborg, als mir in der Klinik nach einem Herzinfarkt ein Stent ins Herz gepflanzt wurde. Damals war das Siloah im Umbau. Inzwischen sind im westlichen Klinikgelände eine Reihe von Neubauten fertiggestellt, und der Haupteingang wurde nach hier verlegt. Am Siloah steigen zwei Leute zu, ein Mann und eine Frau. Der Mann trägt eine Strickmütze in Lindgrün, so dass ich ihn für einen ÜSTRA-Mitarbeiter halte. Er scheint aber von außerhalb zu sein, denn er erkundigt sich später, wo er aussteigen müsse, um zum Bahnhof zu kommen. Wir fahren über die Stadionbrücke und überqueren die Ihme. Sie hat Hochwasser und leckt breit und behäbig über die Uferwiesen.

Um Hannovers Altstadt vor Hochwasser zu schützen, wird das Wasser der Leine auf Höhe des Maschsees über den Schnellen Graben in die Ihme geleitet, die vorher nichts als ein friedlich dahin murmelndes Bächlein ist. Als würde ein Säugling sich schlagartig verwandeln in einen Koloss von einem Mann, weitet sich das Bächlein unvermittelt zu einer schiffbaren Bundeswasserstraße.

Die Stürme der vergangenen Tage müssen am Oberlauf viel Regen gebracht haben. In Hannover hat es wie immer nur mäßig geregnet. Deshalb staune ich über soviel Wasser. Beim Schnellen Graben gibt es im Sommer einen Bootsverleih für Kanutouren über Leine und Ihme. Im Jahr 2017 haben mir Freunde eine solche Kanutour zum Geburtstag geschenkt. (Teestübchen berichtete)

Der Bus biegt vorher ab und nimmt schmale Wege, die hinter der HDI-Arena vorbeiführen, wo es Eingänge für Fans und eine Zufahrt für Mannschaftsbusse gibt. Im Jahr 2002 vermietete der Fußballclub Hannover 96 die Namensrechte für das ursprüngliche Niedersachsenstadion an Carsten Maschmeyers Finanzdienstleister AWD. Später gingen die Namensrechte an die Versicherungsgruppe HDI. Ab dem 1. Juli 2022 wird das Stadion den Sponsorennamen Heinz von Heiden-Arena bekommen. Das Isernhagener Unternehmen „Heinz von Heiden Massivhäuser“ hat für fünf Jahre die Namensrechte erworben. Für kurze Zeit fährt der Bus parallel zur Leine, die auch hier viel Wasser führt. Es ist trüb und hat offenbar wieder eine Menge Humus von überfluteten Feldern weggeschwemmt. Wir passieren die Robert-Enke-Straße, benannt nach dem populären 96-Torwart, der sich im November 2009 an einem Bahnübergang das Leben nahm. Die Straße heißt passender Weise vor der Einmündung in die Straße Arthur-Menge-Ufer auch Seufzerallee. Seufzend steigen wir aus und bummeln an der Maschseepromenade entlang zum Kurt-Schwitters-Platz.

Wird fortgesetzt

2 Kommentare zu “Mal gucken, ob die Stadt noch steht – 2. Etappe

  1. Hier in Oberhausen hat sich auch ein Gebäudereiniger mit vermutlich überschüssigem Geld ein Denkmal geschaffen, indem er die große Multifunktions-Arena am Westfield-Center (ehemals CentrO) mit seinem Namen schmücken lässt: sie heisst nun „Rudolf Weber-Arena“.
    Sauber.

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