Vor langer Zeit, als die Frankfurter Rundschau (FR) noch eine große linksliberale Tageszeitung war, nahm ich teil an einem zeitungskundlichen Seminar für Lehrer im FR-Verlagsgebäude in Neu-Isenburg. An einem Samstagmorgen wurden wir per Bus zu einem Neu-Isenburger Einkaufszentrum gefahren, um dort jede/jeder für sich das Thema für eine Reportage zu finden. Neben mir im Bus saß eine flotte Kollegin aus Essen. Sie erzählte mir von einer Anmachstrategie in Supermärkten. Mann sieht eine ihn interessierende Frau und fragt: „Wissen Sie, wo hier das Öl ist?“
Sie: „Kochöl oder Körperöl?“
Er: „Körperöl.“
Natürlich funktioniere das auch mit Rollentausch, sagte die Kollegin. Wichtig sei das Signal, die Aufmerksamkeit vom Kochen auf den Körper zu lenken. Ich hatte derlei noch nie gehört, kam auch nicht auf die Idee, eine derartige Recherche im Neu-Isenburger Einkaufszentrum zu beginnen, sondern schrieb lieber über einen alten Duden aus dem Schaufenster einer Buchhandlung. Die Seelenruhe ist ein hohes Gut.
Heute vormittag war ich einkaufen. In der Gemüseabteilung fragte mich eine ältere Dame:
„Darf ich Sie mal ansprechen?“
„Ja?“
„Ich suche die preiswertesten Tomaten.“
„Da kann ich Ihnen leider nicht helfen.“
Sie wandte sich ab und fand abgepackte Tomaten zu 1,29 Euro.
Auf dem Heimweg rätselte ich über ihr Begehr. Ich trug einen Mantel. Sie konnte mich also nicht mit einem Marktmitarbeiter verwechselt haben. Es ging nicht um Öle, also hatte sie kein weitergehendes Interesse. Sie hatte nach den preiswertesten, nicht nach den billigsten Tomaten gefragt. Beides ist nicht verlockend. Vielleicht wollte sie nur mal wieder die Stimme gegen wen erheben, wahrgenommen werden und für ein Sekündchen der lockdown-bedingten Isolation entkommen.
Traurige Geschichte, eigentlich ….
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In der Tat.
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… oder aber sie wusste, wie abgehalftert die Körperöl-Anmache ist… 😉
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Kanntest du die, Herr Ösi? Ich nicht.
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Oder die ältere Dame war in Wirklichkeit eine getarnte Verschwörerin, die sich in der Gemüseabteilung konspirativ mit einem anonymen Mitverschwörer treffen sollte, der sich erst zu erkennen gibt indem er ihre Tomatenfrage als einziger mit der vereinbarten Geheimparole beantworten kann. Weil Ihre Antwort aber offenkundig die falsche war, werden wir die Wahrheit leider nie erfahren.
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Das scheint mir die beste Erklärung zu sein. 😉
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„Parole Emil“ 😉 Ich war leider nicht eingeweiht.
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Oder du sahst einfach nur aus wie DER Sparfuchs. Versuch es doch demnächst mal mit dem teuren Schal, den du schon so lange nicht mehr getragen hast. Wer weiß, wonach du dann gefragt wirst 😉
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No, überhaupt nicht, eher sehe ich aus wie einer, der nie auf Preise achtet und deshalb auch nicht helfen kann. Meinen schönsten silbergrauen Schal hatte ich um. Eher neige ich zur Interpretation im Schluss des Textes.
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Wenn ich das mit dem Schal gewusst hätte, wäre ich ja nie auf die Idee gekommen… 😊
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Nun ist natürlich die Formulierung „ältere Dame“ ebenso vage wie „preiswerte Tomaten“, aber Studentin wird sie kaum gewesen sein. Zu dieser Jahreszeit gibt es keine preiswerten Tomaten, die die Bezeichnung verdienen. Ich würde eher im Boden versinken als nach preiswerten Tomaten zu fragen – schon gar, wenn mir an einer Unterhaltung gelegen wäre. Nach amerikanischen Tomaten zu fragen – das wäre ein Aufhänger. [Sorry, aber ich höre schon den ganzen Tag Lady Gaga die amerikanische Nationalhymne singen.]
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Das erste ist meine, das zweite ihre.Wortwahl. Meine ist so vage, weil ich nicht genau geschaut habe, ihre Wortwahl verstehe ich nicht. Bidens Amtseinführung berührt mich nur marginal, habe aber gestaunt, wie schön Lady Gaga singen kann.
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Ja, nich? Die kann wirklich singen!
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