Eine sehr gute Quizshow läuft derzeit fast täglich im Vorabendprogramm der ARD: „Wer weiß denn sowas?“, moderiert von einem launigen Herrn namens Pflaume. Zwei Rateduos kämpfen gegeneinander, wählen Fragen aus diversen Kategorien und müssen aus aberwitzigen Multiple-choice-Antworten eine auswählen, haben hinter sich aufgestapelt eine je Sendung wechselnd sich aufteilende Anzahl Zuschauer von insgesamt wohl 100 Personen, je nachdem, wem die Leute größere Gewinnchancen zutrauen, Team Elton oder Team (Hab den Namen vergessen). Das ist insofern schade, weil dieser glatzköpfige Mann schon mit einem für seinen Körper zu großen Ego geschlagen ist. Muss denn mein Geist sich auch noch hartnäckig weigern, den Namen rauszurücken? Also die Personen setzen sich hinter die Teams in freudiger Gewinnerwartung, denn die vom Gewinnerduo erspielte Geldsumme wird hernach unter ihnen aufgeteilt. Zum Schluss können beide Teams einen Teil ihres Gewinnbetrags einsetzen, um gegeneinander die sogenannte „Masterfrage“ zu beantworten. Während dieser stillen Phase wird eine Musik eingespielt.
Aus ethnologischem Interesse habe ich mehrmals versucht, die weitere Entwicklung zu verfolgen, bin aber entnervt gescheitert am Mitklatschen des Studiopublikums. Wenn Deutsche ab etwa 12 Personen aufwärts Musik hören, werden sie zur tumben Horde und verfallen in die immer gleiche Rhythmik, klatschen zwanghaft auf den ersten und dritten Takt. Ob die alle mit Attest vom Musikunterricht befreit waren oder der Drang zu Marschieren einfach nicht zu bändigen ist, wer weiß denn sowas? Jedenfalls sind an auf Eins-und-Drei-Klatschmarsch schon stärkere Bande zerrissen als mein zarter Aufmerksamkeitsfaden, wie hier [auf die Eins und die Drei geklatscht] zu hören:
Einmal habe ich mir ein Herz gefasst und nicht ausgeschaltet, habe mir gesagt: Wenn dem Ethnologen von einem indogenen Stamm eine Schale wimmelnder Engerlinge angeboten wird, kann er sie auch nicht ausschlagen, sondern muss tapfer zulangen, die fettesten Engerlinge zerkauen und schlucken. Drum weiß ich jetzt, wie es weiter geht.
Also nach dem Klatschmarsch folgt vor der Verkündigung der Sieger ein kurzer Werbeblock. Es wird geworben für die medikamentöse Abschaltung von allerlei Gebrechen. Das lässt auf die Verfasstheit der Zielgruppe der sehr guten Quizsendung schließen, die treue Leserschaft der Rentner-Bravo. Sie leidet an nächtlichem Harndrang, Inkontinenz, Ohrgeräuschen, Vergesslichkeit und glaubt, dass gegen jede körperliche Unzulänglichkeit Medikamente geschluckt werden müssen. Ob aber all die Medikamente nötig sind? Zumindest Vergesslichkeit ist nach dem Anschauen von „Wer weiß denn sowas?“ wirklich segensreich.
Bernhard Hoecker.
Und der hat mit Switch und Achtung Nicht nachmachen eine durchaus rühmliche Fernsehvergangenheit vorzuweisen,während Elton nach 84 tapferen Jahren Stefan Raab (TV Total mochte ich gar nicht) und 152 Porsche Cayenne mit Stefan Raab (Schlag den Raab mochte ich sehr!) mit 1,2 oder 3 und diversen ProSieben Shows herumkugelt.
Immerhin gibt es diese Erklärfilmchen zwischendrin, bei Jauch und Pilawa ist es ein reines Abfrage/Antwort-Spiel.
(ich bin meinen AltersgenossInnen im Fernsehkonsum offensichtlich 40 Jahre voraus 😉)
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Danke, das wäre jetzt auch nicht mehr nötig gewesen. 😉 Die „rühmliche Fernsehvergangenheit“ „Switch“ ist mir kein Begriff, das andere Format wohl, weil es sich wie die unzähligen Quizsendungen der Zertrümmerung menschlichen Geistes widmet. Dass Elton als Showpraktikant von Stefan Raab ins Fernsehen geholt worden ist, weiß ich, staune aber immer wieder, welche Sumpfblüten aus dem Privatfernsehen es in die Öffentlich-Rechtlichen schaffen und dort von mir zwangsalimentiert werden.
Über deinen Satz in Klammern musste ich ziemlich lachen, liebe Anna.
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Switch ist selbstironische Satire aufs Fernsehen, natürlich für etwas gröbere Gemüter. Legendär fand ich die vorweggenommene Inszenierung der ersten Wetten dass Folge mit Markus Lanz. Als Wetten dass dann tatsächlich lief, wurde deutlich wie exakt manches zutraf.
Willst du damit sagen, dass du bei „Kresse an den Zimmerwänden züchten“ oder „ein Badezimmmer mit Wasser volllaufen lassen“ gar keine Lust an der Katastrophe, der Zerstörung und den Slowmotion/Zeitraffer-Aufnahmen hast? Wo ist dein patadadawissenschaftlicher Kindergeist geblieben? 🤪
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Ich konnte schon als Kind nicht ertragen, wenn etwas zerstört wird. In der Kunst finde ich Jean Tinguelys selbstzerstörerische Maschinen gut. „Nicht nachmachen!“ ist leider die geistlose Variante. Lust an Katastrophen habe ich nur in der Imagination. Das Kresse-Experiment kenne ich klüger https://trittenheim.wordpress.com/2017/04/06/vorsicht-graphologen/
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Kannst du Zerstörung durch die Natur besser ertragen?
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Kommt auf das Ausmaß an und wer alles darunter leiiden muss.
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Wollen wir das Thema für analog vormerken?
Ich muss jetzt schlafen, gute Nacht!
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ja, machen wir. Gute Nacht.
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Der Kalender dazu hängt bei uns in der Küche. Dass das eine Fernsehsendung ist, wusste ich bis eben nicht. Die Fragen finde ich z.T. sehr interessant und manchmal sogar lustig.
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Hihi, wusste nicht, dass es auch Kalender davon gibt.
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Von meiner Schwester zu Weihnachten bekommen😉
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Bei solchen Sendungen denke ich mir immer „Die sind jung und brauchen das Geld“. Anders kann ich mir das Alles nicht erklären.
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Es geht wirklich nur ums Geld, wobei der zu verteilende Gewinn von etwa 3000-4000 Euro nur die Kleinigkeit ist gegenüber den Honoraren der TV-Stars. Aber das ist wiederum eine Petitesse gegenüber den Millionen, die die Pharmaindustrie scheffelt für fragwürdige Medikamente, die in dieser Dauerwerbesendung Vorabendprogramm beworben werden.
Mich stört zudem, dass der Effekt solcher Quizformate bis hin zu „Wer wird Millionär“ den Anschein von Bildung erwecken, aber mit dem abgefragten fragmentarischen Wissen ganz konkret Adornos Theorie der Halbbildung/Unbildung entsprechen. Letztlich tritt ein Verblödungseffekt ein, der uns allen schadet.
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Wieso oft bei den Teestübchen TV Kritiken habe ich lesend bei dir, lieber Jules, wahrscheinlich deutlich mehr Freude als beim ansehen. Herzlichen Dank dafür
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Das freut mich liebe Mitzi. Vor allem, weil der Effekt mit wesentlich geringerem Aufwand erzeugt wird. Herzlichen Dank für deinen Zuspruch.
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