„Die Schrift zum Inhalt des eigenen Lebens gemacht“

Erst zehn Jahre ist es her, dass Blogs und Blogger von den Kollegen der Zeitung verschmäht wurden. Man sah sich durch sie der Meinungsführung beraubt und schrieb wie Wolf Schneider, Stilpapst der Journalisten, gern abwertend über die unliebsame Konkurrenz. Bernd Graff, damals leitender Kulturredakteur der Süddeutschen Zeitung, sah das Internet „in der Hand von Idiotae“ und Gregor Dotzauer dünkelte 2009 im Tagesspiegel unter dem Titel „Graswurzelverwilderung“ von der „bloggenden Gewaltwillkür (…) pseudonymer Existenzen“, die aus purer „Selbstherrlichkeit einen „Kulturkampf“ angezettelt hätten. Inzwischen hat sich das Verhältnis zwischen den Medien Blog und Zeitung entspannt. Es gibt Blogs bei den Online-Auftritten der Printmedien, einige Journalisten bloggen selbst, Bloggerinnen und Blogger in totalitären Staaten ohne Pressefreiheit gelten als Stimmen ihrer Länder. Das vormals schlechte Image ist auf Facebook, Twitter und dergleichen übergegangen.

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Letzten Freitag erschien in der zur Rheinischen Post (RP) gehörenden Neuß-Grevenbroicher-Zeitung (NGZ) ein Porträt des Teestübchen-Herausgebers mit einer freundlichen Würdigung der „Buchkultur im Abendrot“ durch NGZ-Kulturredakteurin Helga Bittner. Fotografiert hat mich mein Sohn Jan Schiefer Heiligabend in der Hamburger HafenCity. Auf meiner Schulter zwei winzige Schneeflocken. Man soll ja nicht sagen, dass wir im Norden keinen Schnee gehabt hätten.

22 Kommentare zu “„Die Schrift zum Inhalt des eigenen Lebens gemacht“

  1. Vieles was neu ist und der einzelne Mensch als Bedrohung empfindet, scheint erst einmal schlecht zu sein. Welchen Nutzen wir aus dem Neuen ziehen und verbreiten können, liegt an uns. Alle Medien können positiv wie auch negativ genutzt werden. Die entsprechenden Intentionen sind eher bedrohlich, als die Medien selbst. Mich freut es, dass es Dich in der Welt der Blogger gibt, denn ich schätze Deine eigene Sicht der Welt sehr und freue mich für Dich und mit Dir, dass Frau Bittner Dich uns hier ein Stück nähergebracht hat. Selbstverständlich freut mich auch die Tatsache, dass es ein Foto von Dir in meiner Wahlheimat Hamburg gibt. Viele Grüße, Serap

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    • Was du so treffend verallgemeinerst, liebe Serap, lässt sich konkretisieren. Die pauschale Diffamierung der unliebsamen Konkurrenz durch Blogs hatte ihre Ursachen in Existenzangst, denn mit dem Anschwellen der Internetpublikationen gingen die Auflagen der Zeitungen zurück, was aber nur scheinbar zusammenhing. Es dauerte eine Weile, bevor man einsah, dass die Zeit der uneingeschränkten Oberhohheit über die Köpfe vorbei war und man sich arrangieren musste. Heute gelten im Print sogar Facebook und Twitter als Nachrichtenquelle. Helga Bittner war durch Kollegen von der Rheinischen Post auf mich aufmerksam gemacht worden, die das Internet beobachten und meine Bezüge zur Stadt Neuss gefunden hatten.
      Dankeschön für dein freundliches Lob. In einem wechselseitigen Medium wie dem Blog kann man dauerhaft nur so gut sein wie verständige Blog-Kolleginnen und -Kollegen lesen und sich äußern, so dass man gewinnen kann aus dem Austausch. Beste Grüße, Jules

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  2. Wo fängt man an, wo hört man auf, wenn man jemanden porträtieren will? Trotz aller unvermeidlichen Beschränkungen kommt dennoch ein Porträt dabei heraus, dass neugierig macht und einen vielfältig gebildeten und interessierten Menschen zeigt. Und da ist das Foto. Das ist schon eine eigene Betrachtung wert. Da sehe ich den Vater, der von seinem Sohn fotografiert wird. Milde? Vielleicht, aber ich sehe da eher freundliche Skepsis. Es ist ein tolles Foto geworden, eins, das Nähe zeigt, eins, dass bestimmt keine Pressefotograf so hinbekommen hätte.

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    • Vielen Dank! Ich habe mich etwa ein halbe Stunde mit der Redakteurin Helga Bittner am Telefon unterhalten. Sie begann das Gespräch mit dem Hinweis auf meine acht Berufe, hatte also schon ein Konzept vor Augen. Wirklich hübsch finde ich, dass sie Bloggen zu den Berufen gezählt hat. Das ist doch mal eine Aufwertung unseres Mediums.
      Dein Lob des Fotos wird meinen Sohn freuen. Auch deine Interpretation scheint mir zuzutreffen. Ich bin immer skeptisch, wenn ich fotografiert werde, weil ich mich nämlich nicht fotogen finde. Hier war ich selbst überrascht.

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      • Wenn Beruf bedeutet, dass Einkommen erzielt wird, dann vermute ich mal, dass es für dich kein Beruf ist. Volkswirtschaftlich ist etwas nur dann Arbeit, wenn eine in Geld messbare Leistung erwirtschaftet wird. Wenn Beruf im Sinne der inneren Berufung gemeint ist, dann liegt Frau Bittner sicher nicht falsch. Was du machst, ist ja nicht unter den Begriff Hobby zu subsumieren.

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  3. Ein lesenswerter Artikel, schönes Portrait, aber ..
    Genau genommen hat er sieben Berufe. Und wenn man seine aktuelle Aktivität hinzunimmt, sind es sogar acht. Jules van der Ley ist Schriftsetzer, Buchdrucker, Layouter, Autor, Lehrer, Redakteur und heute ein Blogger.
    .. welcher ist denn nun Ihr achter Beruf? ; )

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  4. Also ohne die Schneeflocken würde etwas fehlen. Und ohne dich, lieber Jules, etwas in der Blogwelt. Nun kennt dich vielleicht nicht die ganze Blogger-Welt, aber für meine Blogwelt, trifft das in jedem Fall zu. Schließlich hast du mich schon ganz am Anfang hier gefunden und begleitet.
    Ein feiner Artikel und ein sehr schönes Foto von dir.

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  5. Guck mal:
    habe ich soeben im Zusammenhang mit meinem Japan-Hack-Beitrag im weltweiten Netz gefunden:
    „Wer schön schreiben kann, schreibt auch schön mit einem schlechten Pinsel.“

    Original: „名筆は筆を択ばず“ – „Meihitsu wa hitsu o erabazu“

    Lieben Gruß!
    Lo

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    • Tolles Fundstück! Danke fürs Teilen, lieber Lo! Das erinnert mich an den Spruch eines Schriftsetzergesellen. Wenn ich mich beklagte, dass kein Material da war, es kam vor, dass ein Schriftkasten leer war oder Regletten fehlten, sagte der Geselle: „Mit Material kann jeder arbeiten.“
      Lieben Gruß,
      Jules

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