Don’t ask me questions! oder Wenn Maschinen Antworten verlangen … sag lieber nichts!

Fragt der Arzt den Patienten: “Wie geht’s?“
Antwortet der Patient: „Und selbst?“ Von diesem Wortwechsel wissen wir, dass er absurd ist. Die Kommunikationswissenschaft unterscheidet symmetrische und asymmetrische Kommunikationssituationen. Konkret zeigt sich das darin, welcher Kommunikationspartner das Fragerecht hat. Es liegt nämlich beim sozial Höhergestellten, wobei zu unterscheiden ist, ob eine Positionsrolle oder eine Funktionsrolle den Ausschlag gibt. Sucht eine ranghöhere Person einen Arzt (oder eine Ärztin) auf, hat der Arzt nur aufgrund seiner Funktion das Fragerecht. Wenn ein einfacher Arbeiter zum Arzt geht, vereinigt der Arzt Funktions- und Positionsrolle auf sich. Wo der soziale Rangunterschied von Kommunikationspartnern nicht eindeutig ausgemacht ist, kann sich der aggressivere Kommunikationspartner einen Vorrang erkämpfen, indem er den anderen von oben herab etwas fragt. Weil der Mensch ein deutliches Gespür für das hat, was angemessen ist, kann er antworten und sich über sich und den anderen ärgern, er kann eine Antwort verweigern oder zurückfragen und so den Gleichrang wieder herstellen.

Es geschieht nun immer öfter, dass mich Software etwas fragt, obwohl ihr das Fragerecht nicht zusteht. Wenn ich mein Smartphone entsperre, bietet mir irgendein Google(?)-Algorhitmus an: „Mit Stimme entsperren?“ Man möchte also meinen gespeicherten Personendaten mein Stimmmuster hinzufügen. Schalte ich meinen Rechner ein, erscheint das nervige Windows-Startbild, derzeit ein Vulkankratersee, und man will von mir wissen:
„Gefällt Ihnen, was Sie sehen?“ –
„Kennen Sie sich in Sachen Finanzen gut aus?“ –
„Interessieren Sie sich für Immobilien?“
und irritiert mich mit dem verschwurbelten Satz:
„Sie sich für den aktuellen Aufenthalt auf Markttrends und Aktien belohnen?“

Die Fragen wechseln mit dem Startbild. Ich erfreue mich an der naiven Vorstellung, dass hier Psychologen ganz verzweifelt sich die Haare raufen und rufen: „Auf irgendwas muss der Klotz doch antworten!“ In Wahrheit konstruiert eine Software die asymmetrische Kommunikationssituation und fragt mich stoisch immer wieder, weil meine Antworten gut zu gebrauchen wären, erklärtermaßen, um Angebote für mich zu perfektionieren, mir das Leben einfacher zu machen. Aber man muss all die Fragen unbeantwortet lassen, denn das Fragerecht ist nur ergaunert.