Aus dem Off: Wissenswertes über den Blogger-Dutt

Um vier Uhr morgens werde ich wach, stehe kurz auf, gucke aus dem Fenster, stelle fest, dass es noch regnet, sinke zurück ins Bett, aber kann nicht wieder einschlafen, egal wie ich mich drehe, obwohl ich sonst bei Regen gut schlafen kann. Die ganze Zeit muss ich über ein Wort nachdenken, dass ich gestern gelernt habe und wozu mir auch prompt die entsprechende Erscheinung in der Dingwelt untergekommen ist, so dass ich dachte, hättest du jetzt die Kamera bei dir und wärest dreist genug, könntest du das Ding fotografieren. Ich wälze also das Wort durch meinen Kopf, betrachte es von allen Seiten, und wie Körper und Geist miteinander korrespondieren, so muss ich mich auch im Bett hin und her wälzen, wälze diesen Text quasi in mein Bettzeug, aber kriege ihn nicht auf die Reihe, so dass er als fertiges Produkt zu nehmen wäre und flugs aufzuschreiben. Also ergebe ich mich, stehe auf, mache mir einen Kaffee, packe mir den Klapprechner auf den Schoß und versuche schreibend Struktur in meine Gedanken zu bringen. Inzwischen ist es 5:37 und mir ist es noch nicht gelungen, mit dem Wort rauszurücken.

Eben, als ich mit meinem Kaffee von der Küche ins Arbeitszimmer gegangen bin, da sah ich im Flurspiegel, dass ich sowas Zerwühltes auf dem Kopf hatte, ein Durcheinander als Resultat quälender Vorüberlegungen. Dieses willkürlich in Richtungen ragende Gestrüpp, nennt man gemeinhin Bettfrisur.

Es wird langsam hell und Zeit für das Wort, das mich nicht schlafen ließ. Ich habe es gestern bei Spiegel online gelesen, im Text einer Kunsthistorikerin namens Tabea Mußgnug. Das klingt anders als Billa Schmitz, gell? Wenn der Spiegel den Text einer ungelernten Autorin veröffentlicht, muss sie wenigstens Tabea Mußgnug heißen und auch so verquast schreiben, vor allem, wenns quasi um nichts geht, nämlich um Modetratsch. In ihrem Text „Studenten-Outfits: Zeig mir, was du trägst, und ich sag dir, was du studierst“ habe ich jedenfalls das Wort gelesen, weshalb ich eben aufstehen musste, nämlich: Blogger-Dutt. Häh? Blogger-Dutt? Die Google-Bildersuche brachte Licht. Ein Blogger-Dutt ist was für Mädels, müsste also korrekt gegendert Bloggerinnen-Dutt heißen.

Man stelle sich ein Mädel mit langen Haaren vor. Es wird um vier Uhr morgens wach, wälzt sich herum, kann nicht mehr schlafen und steht endlich auf, um ihren neusten Modetratsch zu bloggen. Da sieht sie im Flurspiegel ihre Bettfrisur, packt das lange Gezubbels und dreht es auf dem Kopf zu einem unordentlichen Dutt ein. Fixieren mit einer Haarnadel, fertig. Jetzt kann gebloggt werden. Halt! So einfach geht es nicht, wie ich hier lese. Volumenpuder vergessen!:

Anleitung: Blogger-Dutt

1. Für mehr Griffigkeit Haare mit Volumenpuder bestäuben und gut einarbeiten. Alternativ funktioniert auch Trockenshampoo
2. Das Haar zusammennehmen und am Oberkopf eindrehen.
3. Mit einer großen offenen Haarnadel kann man den Blogger-Dutt ganz leicht und trotzdem richtig fest fixieren.
4. Wer mag, zupft noch ein paar Strähnchen raus. Der Blogger-Dutt soll schließlich nicht zu ordentlich aussehen.
5. Man kann den Blogger-Dutt auch mit einem Haargummi feststecken. Durch die Haarklammer bekommt er aber eine schön zerzauste Form.

Diese schön zerzauste Form signalisiert: wir sehen eine Kopfarbeiterin, keine, die morgens per Smartphone ein paar Smileys rumschickt oder bei Facebook den Daumen hoch, sondern eine, die hat nicht Hände genug, eine ganze Kompanie putziger Buchstaben zu bändigen und keine Zeit für ihre vielen Haare.

So, das wars. Falls es im Text gestaubt hat, bitte ich um Entschuldigung. Das war Volumenpuder.

Upcycelt: Erstveröffentlichung 22. August 2015. Außer Manfred Voita und Willi hatte den Text noch kein aktueller Besucher des Teestübchens gelesen. Ich bin, man möge es mir nachsehen, gerade ein bisschen schreibfaul, sah aber in den letzten Tagen ungezählte Blogger-Dutts. Die Haarmode scheint sich erst jetzt zu verbreiten. Daher dieses Text-Upcycling.