Etwa 16:30 Uhr. Es ist schon dunkel. Ich stehe an der Haltestelle der Straßenbahn Linie 9, genau gegenüber dem historischen Flügel des Lindener Rathauses. Die siebte Eule fehlt immer noch. Vielleicht liegt die Fassade deshalb im Dunkeln. Andere Städte, die solch eine Fassade vorweisen können, würden sie anstrahlen. Würde die Fassade aber angestrahlt, sähe jeder Lindener, jede Lindenerin sofort, dass die siebente Eule fehlt. Vor Monaten habe ich nachgefragt, wo die siebente Eule ist. Sechs Wochen später, als ich schon nicht mehr mit einer Antwort gerechnet hatte, schrieb mir der Denkmalschützer von der Unteren Denkmalschutzbehörde, er könne meine umfangreiche Anfrage erst nach dem 1. November bearbeiten, weil er jetzt in Elternschutz gehen würde. Und ich dachte schon, wenn der sich demnächst mit Höschenwindeln und derlei Dingen beschäftigen muss, wie will der sich dann um die siebente Eule kümmern, für die er schon keine Zeit hatte, als er noch keine Höschenwindeln brauchte? Ist schon klar, Elternschutz geht vor Denkmalschutz.
Jedenfalls stellte ich fest, dass die Eule noch immer fehlte, aber nur beiläufig, denn in diesem Augenblick traten von irgendwo her vier sehr modisch gekleidete Frauen an die Haltestelle und bauten sich plaudernd, fast ein bisschen hühnernd oder sogar schnatternd in meinem Sichtfeld auf, zwei schlanke Blondinen und zwei Dunkelhaarige, nicht ganz so schlank. Auf den ersten Blick wirkten alle noch jung, aber als ich hörte, wie eine sich nicht mehr erinnern konnte, ob sie vier vor 25 Jahren zusammen gewesen wären oder ob noch andere dabei waren und eine bekräftigte, ja 25 Jahre sind auch eine lange Zeit, schaute ich ein bisschen genauer hin. Namentlich eine der schlanken Blondinen wandte mir das Gesicht zu. Sie könnte auch Anfang 40 sein. Als ich hörte, wie die anderen sie „Tanja“ nannten, wusste ich es. Die Generation Tanja ist jetzt um die 40 Jahre.
Die beiden Blondinen trugen zu Mänteln so knöchelhohe schwarze Ankle Boots mit klobigem Absatz, wie sie derzeit in Mode sind. Ihre schlanken Beine waren schwarz bestrumpft. Plötzlich setzte Tanja ihren rechten Fuß parallel neben ihren linken, stand jetzt also locker mit überkreuzten Beinen. Dann tat die andere Blondine ihr nach, und beide standen lässig da, als wäre es die übliche Weise, mit Entenfüßen zu stehen. Ich habe heimlich hinter ihrem Rücken versucht, es nachzumachen, fürchtete aber, ich würde umkippen. Auch braucht man, wie ich später im gestützten Selbstversuch feststellte, sehr schlanke Waden, um die Füße parallel zu kriegen und dabei so elegant zu stehen. Vielleicht wurde die Entenfußstellung vor 25 Jahren in der Grundschule unterrichtet. „Aber, Mädchen, achtet darauf, dass eure Beine schön schlank bleiben“, hat die alte Grundschullehrerin noch gesagt. Dann kam unsere Bahn, und ich fragte mich noch mindestens bis zur nächsten Haltestelle, was die Fußstellung wohl körpersprachlich zu bedeuten hätte. Vergiss fehlende Eulen, denk an Entenfüße oder was? Warum stehen Frauen so? Es kann doch nicht sein, dass man sich in der galaktischen Registratur solche Mühe macht, mich von einer fehlenden Eule abzulenken.
Wie es scheint, ist es hervorragend gelungen, dich von den fehlenden Eulen abzulenken. Vier Frauen, noch dazu mit schmalen Waden und komischen Fußstellungen, lenken aber auch allzu leicht von nur einer Eule ab. Die ja nicht einmal da ist, weil sie fehlt.
Soll ich dir verraten, warum Frauen so seltsam rumstehen? In Frauenzeitungen gibt es häufig Tips für das perfekte Aussehen auf Fotos. Einer lautet: Rechter Fuß, neben linken Fuß. Angedeutet reicht. Macht die Oberschenkel auf dem Foto schlanker. Weihnachten stand meine Nichte auch so da und ich versuchte sie zu beruhigen indem ich ihr sagte, dass sie sehr schlank sei und sich ruhig locker hinstellen könne. Sie schüttele den Kopf und zischte mir zu, dass sie aufs Klo müsse.
Ich hoffe die Eule taucht wieder auf. Lass dich hier nicht ablenken, lieber Jules.
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Ah, danke, liebe Mitzi, ich wusste, auf dich ist Verlass. Was du weißt und hier dankenswerter Weise mitteilst, das wusste man nämlich noch nicht mal da:
http://www.stern.de/noch-fragen/warum-stehen-frauen-mit-ueberkreuzten-beinen-1000590951.html
Irgendwie bin ich froh, dass man mich noch so leicht ablenken kann.
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http://www.cosmopolitan.de/posen-aber-richtig-die-eine-pose-die-uns-auf-fotos-sofort-schlanker-aussehen-laesst-66129.html
Cosmopolitan weiß die Antwort ;). Ob man aber wie Kim K aussehen möchte ist fraglich 😉
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Ui! Ein bisschen gruselig ist Frau Kim K schon, oder? Ich danke dir herzlich für den Nachweis. „Meine“ Blondinen haben die Pose aber viel besser gekonnt, nahezu perfekt eng nebeneinander. Früher hätte ich vielleicht auch Bescheid gewusst, denn meine Münchner Freundin arbeitete bei Cosmopoliton und versorgte mich manchmal mit Freiexemplaren.
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Fast hätte ich geschrieben: „Jetzt hast du ja mich“. Aber ob ich wirklich als lebendiges Wikipedia für Kim K´s Hintern oder die perfekte Pose für schlanke Beine gelten möchte, ist fraglich ;).
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Wenn das deine einzige Sorge ist, meine Liebe – normalerweise ignoriere ich solche Leute nicht mal 😉
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Du bist ein sehr guter Beobachter. Wenn die Füße nicht parallel stehen und eine der Fußspitzen nach außen zeigt, dann hat die Frau kein Interesse und ist gedanklich bereits dabei, sich von dem Mann abzuwenden. Was mag nur das Umschlingen bedeuten? 🤔
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Dankeschön fürs Lob und für die Erklärung der körpersprachlichen Ausdrucks. Wenns aber nur eine bewusst eingenommene Pose ist wie Mitzi oben mitteilt? Andererseits haben die vier mich ja auch nicht beachtet, sondern waren mit sich beschäftigt.
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Frauen merken sofort, wenn ein attraktiver und interessanter Mann in ihrer Nähe ist und dementsprechend „posen“ sie auch 😉
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*lächel* na sowas…
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ich bemerke gerade, dass ich noch NIE über die Stellung meiner Füße nachgedacht habe…in Beziehung zum männlichen Geschlecht 😉
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Hast du auch noch nie die Füße überkreuz gestellt, ganz unabhängig vom „männlichen Geschlecht“?
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doch, mach ich immer noch…..am liebsten an Orten, an denen ich mich langweile 😉
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Geht mir vice versa auch so 😉
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Das kommt vom Ballettunterricht. Hatte ich auch als Kind, das vergißt man nie. Gekreuzte Beine sind doch eher eine Abwehrhaltung, oder ? 🙂
Wundere mich dass Frauen das hier als „Anmache“ sehen. Da gibt es doch andere Mittel. Welcher Mann guckt schon auf die Waden??????????
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Bist du sicher? Ich habe diese Fußhaltung nicht bei den klassischen Ballettschritten gefunden: Linker Fuß steht exakt neben dem rechten Fuß. Übrigens gucke ich Zeit meines Lebens auf Waden.
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du schreibst von überkreuzten Beinen, oder täusche ich mich?
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Ja,wenn man den linken Fuß außen neben den rechten setzt oder umgekehrt, sind die Beine überkreuz.
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Außer dem lieben Jules, der eine Eule sucht 🙂
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… vermisst.
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Wie praktisch. Frauen ‚lernen‘ Körpersprache, Männer lernen aber nicht, diese Sprache auch zu verstehen und denken folglich bei elegant gemeinten Entenfüße an dumme Gänse. Männer, die eine Eule suchen, sitzen eben diesen Gänsen dennoch auf. Kommunikation mit Enten und Füßen.
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Die Frauen haben ja nichts Schlimmes getan, sich nur ungewöhnlich hingestellt. Alles, was dir missfällt,geht auf meine Spekulation und unsere Interpretationen in den Kommentaren zurück.
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…über was du dir schriftlich so alles Gedanken machst, lieber Jules *grins*
Dir einen guten Rutsch ins neue Jahr wünsche, herzliche Wintersonnengrüße vom Lu
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Jetzt fängst du auch noch so an, lieber Lu. Die Herren Putzig und Leisetöne fanden eine fehlende Eule auch nicht der Beachtung wert.
Danke für die guten Wünsche. Dir ebenfalls guten Rutsch und ein gutes neues Jahr.
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*meinen Kopf tief verneige und dabei spreche:*
sorry mein lieber Jules…
Have a pleasant day and happy Sylvester!
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Vielleicht braucht es ja schöne, schlanke Frauenbeine, um die Eulen aus Athen an den angestammten Ort zu tragen? Man weiß es nicht, man ahnt es nur.
Für die unbequeme Fußhaltung habe ich eine un-mögliche Erklärung, werter Herr Trithemius/ van der Ley. Bei den Damen meines Alters war es nicht unüblich, sie bereits vor Verdämlichung im zarten Alter von in etwa zwei Jahren in das Baby-/Kinder-ballett zu schicken. So auch mit mir geschehen. Und da ich sowohl den Tanz, als auch die Musik stets liebte, verblieb bis ins dahinwelkende Jetzt eine gewisse Beweglichkeit – die dem außenstehenden, aufmerksamen Beobachter zuweilen Fragezeichen auf die Synapsen zaubert.
So sitze ich gerne – wenn gedankenverloren – mit derart überschlagenem Bein, dass der Fuß des überschlagenen Beines sich noch um die Wade des darunter befindlichen Beines wickelt und sozusagen seitlich am Knöchel anliegt. Habe das soeben exerziert, um es Ihnen möglichst detailliert und fehlerfrei zu beschreiben. Mein Gatterich war nicht der Erste, dem beim Anblick dieser Haltung der Unterkiefer gen Brust klappte. Und sein Söhnchen stellte fest: „Das KANN doch garnicht bequem sein.“ Doch kann es.
So ein Mist. Eigentlich. Jetzt glaubte ich bislang, mich gut gehalten zu haben. Nicht Falten sind es, die mein wahres Alter verraten, sondern die verdrehten Entenfüße. Die mich dennoch stabil durchs Leben trugen und hoffentlich auch gut in das Neue Jahr 2016 hinein.
Und ebendieses wünsche ich Ihnen:
Kommen Sie allerbestens ins Neue Jahr, auf dass es Ihnen ausschließlich Freude bringe!
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Dankeschön für Ihre ausführliche Erläuterung. Dass diese Form der Gelenkigkeit vom frühkindlichen Ballettuntericht kommt, mag ich jetzt langsam glauben. Ich bin fast ein bisschen neidisch, weil meine Gelenkigkeit erkennbar zurückgegangen ist. Dankeschön für die hübschen Neujahrswünsche. Möge das Jahr 2016 Ihnen gleiches bringen.
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Vielleicht hat die Eule sich ja ein verschwiegenes Plätzchen gesucht, um das mit den gekreuzten Beinen und parallel gestellten Füßen zu üben.
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Das wäre zwar hübsch, hört man von Steinfuguren aber selten. Bin gespannt, ob mir der Denkmalschützer je noch eine vernünftige Erklärung anbieten wird.
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Lieber Jules, ich finde es ja schon toll, wenn hauptamtliche Kulturhüter einen überhaupt einer Antwort für würdig befinden. Vor Wochen erlaubte ich mir, das WMAA in New York darauf aufmerksam machen, dass Edward Hopper mit einer in jugendlicher Begeisterung zwischen 1892-1895 gezeichneten ‚Battle Scene‘ sich unmöglich auf den Ersten Weltkrieg bezogen haben kann, wie der vom Museum vergebene beschreibende Titel suggeriert. – Keine Reaktion.
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Zu einem Fehler zu stehen, verlangt Größe. Das tröstet ein wenig, liebe Christa. Vielleicht ändern sie es klammheimlich.
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Das will ich hoffen. Ich könnte dann aufhören, immer wieder nachzuschauen, ob sie es getan haben. 🙂
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