„Ohne meinen Pürierstab gehe ich nie aus dem Haus“, sagt Fernsehkoch Mirko Reeh im Interview mit dem Glüxmagazin. Unterwegs zum Bäcker lachte ich über die ungewollte Komik. Wenn ich aus dem Haus gehe, nehme ich Geldbörse, Maske und Schlüssel mit. Ich käme nicht darauf, einen Pürierstab einzupacken, wo es doch selten etwas ambulant zu Pürieren gibt. Selbst wenn jemand mit einer Schale Pommes aus der Tür des Dönerladens träte, wäre es unschicklich, ihm die Pommes zu pürieren. Versehentlich memorierte ich Reehs Aussage mit: „Ohne meinen Rührstab…“ Ein Rührstab wäre ein sinnvolles Utensil für unterwegs, wenn er auf zauberhafte Weise das bewirken könnte, was man unter „anrühren“ versteht.
Vor mir in der Schlange im Supermarkt stehend, verlangte eine alte Frau, ich solle einen Abstand „in der Länge einer Parkbank halten.“ Ich hatte mich getreu an den Markierungen am Boden orientiert und sagte: „Jetzt übertreiben Sie aber.“
„Nein!“, rief sie verzweifelt. „Wir haben einen ganz schlimmen Virus. Das können Sie in jeder Zeitung nachlesen.“ In seinem Wörterbuch des Teufels definiert Ambrose Bierce:
Derlei Zurückweisungen erfrischen nicht, sondern fühlen sich übel an, nicht nur, weil es ein mühsames Geschäft ist, eine Parkbank vor sich herzutragen. Und auch noch längs! Mein armer Rücken.
Bedingt durch die permanenten Aufforderungen zur sozialen Distanz ist die Begegnung im öffentlichen Raum unerfreulich geworden. Entgegenkommende warten vor Engstellen, um Nähe zu vermeiden, oder sie wenden den Kopf ab zur Seite. Ich ertappe mich dabei, für die Dauer der Begegnung die Luft anzuhalten. Das ganze Miteinander steht unter einem üblen Diktat. Ob das je wieder anders wird? Mir begegnete der Postbote von der blauen Post. Gerne hätte ich ihn gegrüßt, doch er schaute mit tieftraurigem Ingrimm zu Boden. Der Mann rührt mich immer wieder, auch ganz ohne Rührstab.