Unversöhnliches Wiedersehen – Autobiographisches

Einer meiner Lehrer in der Mittelklasse der dreiklassigen Volksschule unseres Dorfes hieß Egon Russ. Er war ein strenger, aber gerechter Mann, und ich habe einiges bei ihm gelernt. Egon Russ entdeckte mein Talent zum Schreiben und ließ mich gelegentlich einen Aufsatz vorlesen. Ich erinnere mich an einen Aufsatz zum Thema Tafelputzen, eine Vorgangsbeschreibung. Ich ließ darin den imaginären Tafeldienst einen Eimer Wasser holen und damit „ohne ein Geräusch zu machen“ zur Tafel huschen. Als ich meinen Aufsatz vorlas, war mir schon klar, dass er Elemente enthielt, die nicht zum Thema gehörten, ich wusste, wo ich unzulässig ausgeschmückt hatte.

Schließlich ist es egal, ob einer zur Tafel huscht oder nicht, wenn er nur ordentlich putzt, und prompt wurde das von Lehrer Russ angemerkt, aber mehr für die anderen, denn er ahnte, dass ich selbst Bescheid wusste. Damals hat eben der Tafeldienst nicht gelärmt, jedenfalls in meinem Heft nicht. Aber das war selbst für Lehrer Russ zuviel.

Herr Russ war auch der erste und einzige gewesen, der in den großen Ferien ein Freizeitangebot für daheim gebliebene Schüler gemacht hatte. Wir bauten unter seiner Anleitung das Segelflugmodell „Der kleine Uhu.“ Mit den fertigen Modellen nahmen wir an einem Wettbewerb teil. Am ersten Tag kreiste mein Modell am längsten in der Luft. Ich gewann eine Stoppuhr in einem grünen Plastikgehäuse und erinnere mich, dass ich zu Hause auf dem Plumpsklo saß und dachte, ich sei der glücklichste Mensch der Welt. So verändern sich Perspektiven. Heute würde ich dieses Plumpsklo im offenen Schuppen eines Bauernhofs meiden wie die Pest.
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Niederländisch für alle

Flashback Mai 1989, Bernd K., mein Freund und Kollege für Niederländisch am Gymnasium hatte sich einen Stempel anfertigen lassen, um ihn statt Unterschrift auf die Klausuren seiner Schülerinnen/Schüler zu drücken. Darauf zeichnete ich folgendes Cartoon (zum Lesen klicken) Der Freund ist auch hier am Schluss des Textes in einer Zeichnung von mir zu sehen, wo er mit Saxophon den Tod seiner Katze betrauert.

Versehentlich Lehrer (1) – Episoden aus der Schule

In der großen Pause wurde ich zum Chef gerufen. Ich betrat sein Büro, da saßen zwei junge Damen auf seiner Couch. Sahen aus wie die Groupies der Leningrad Cowboys und kamen natürlich aus: Russland! Hatten so kurze Röcke an, und die strammen Beine waren netzbestrumpft. War das eine echte Pelzmütze auf dem Kopf der einen? Jedenfalls stellte der Chef mir die zwei vor als welche aus der Gegend von Tschernobyl. Sie wären zu Besuch da und wollten Unterricht mal sehen. Sie sprächen aber nur Englisch. Sie würden in den Englischunterricht gehen und vielleicht mit mir in den Kunstunterricht. Ob ich die beiden abholen könnte zur 5. Stunde. Das versprach ich.

Nun, Kollege R., der Komisskopp, nahm sie in der 3. Stunde unter die Fuchtel. Danach hatten sie vielleicht satt und genug gesehen. Als ich kam, um sie abzuholen, saßen sie erneut so sittsam da, wie man in dem Aufzug sittsam sitzen kann, und der Chef teilte mir mit, sie hätten doch keine Lust mehr auf meinen Kunstunterricht, weil sie Unterricht auf Deutsch nicht verstünden. Aha, dachte ich, die Leningrad Cowboys warten schon, um mit ihnen etwas Dosenbier zu trinken.