Hurra! Kein Heranschleppen mehr

Wer kennt es nicht aus der eigenen Schulzeit: Der Wecker reißt einen aus dem süßesten Schlummer, und wie man benommen auf der Bettkante sitzt, der Schädel noch brummt von der feuchtfröhlichen Fete am Vorabend, fällt einem siedend heiß ein, dass man heute in der zweiten Stunde ein 20-minütiges Referat über ein archäologisches Thema zu halten hat. Die Uhr zeigt 7:55. In früheren Zeiten wäre man jetzt verloren gewesen. Aber dank Computer, Internet und Onlinelexika sind rasch drei bis vier Artikel aus dem Netz gefischt. Man stellt sie zusammen, und nicht 45 Minuten darauf ist das Referat fertig und auf die Rechner der Mitschülerinnen, –Schüler gesandt.

Dieses Szenario entwarf Bill Gates im Jahr 1995 auf der Cebit, – zur Freude der anwesenden IT-Experten. Wer hätte sich in der eigenen Schulzeit je für „ein archäologisches Thema“ interessiert? Die Chance, sich vor der geistigen Auseinandersetzung mit derlei unnützem Wissen zu drücken, hätte man damals gern ergriffen. „Thanks Bill, together we’re opening a new window“, jubelte die deutsche Telekom in einer Anzeige.

Es hat viel zu lange gedauert, das von Gates vorgestellte Verfahren zu optimieren. Wie der heutige Mensch keine Getränkekisten mehr heranschleppt, sondern sich bringen lässt, ist auch das Heranschleppen von „drei bis vier Artikel“ aus dem Internet und deren Zusammenstellung sowas von 1990-er Jahre (sorry Bill). Seit kurzem können die geplagte Schülerin, der geplagte Schüler länger im Bett bleiben und was Besseres tun (sie sind schließlich dank Gendern zu zweit, hehe), derweil der Bot ChatGPT das lästige Referat über ein archäologisches Thema zusammenschreibt. Fehlt noch der Bot, der sich das Referat für sie anhört. Was soll der Mensch auf dieser Veranstaltung? Mein Staubsauger-Roboter interessiert sich brennend für archäologische Themen.

15 Kommentare zu “Hurra! Kein Heranschleppen mehr

  1. Hach, lustig. Ich gäbe was drum, wenn der Bot die Klausuren schriebe, das würde so viel Korrekturzeit sparen. Gerade lerne ich von meinen Schüler*innen, dass Lady Milford ( aus Schillers Kabale und Liebe) ein „filschichtiger Charakter“ ist oder anders formuliert eine „fassadenreiche Figur“. Ich hätte vielleicht besser Archäologie studiert. 🙃

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