Nichts gegen Popcorn

„Viele Menschen essen bei einem Kinobesuch Popcorn“, weiß Wikipedia, kennt sogar den Begriff Popcornkino und erklärt „Mit dem Begriff Popcornkino oder Popcornfilm bezeichnet man wenig gehaltvolle Filmproduktion mit vornehmlichem Unterhaltungscharakter.“ Der Popcornverkauf ist eine offenbar lukrative Nebeneinkunft der Kinobetreiber. Angesichts der Krise, die Kinos durch die Coronabeschränkungen mitgemacht haben, ist jede Nebeneinkunft zu begrüßen, die zum Fortbestehen der Lichtspielhäuser beiträgt. Darum seien die Leute gepriesen, die sich an der Kinokasse Popcorn kaufen, um es während der Vorstellung lustvoll zu knuspern.

Kürzlich sahen wir uns den vielbesprochenen Spielfilm Tár an. Das Kino war bis auf den letzten Platz besetzt. Ein, zwei Reihen hinter uns saß jemand mit einem offenbar größeren Popcornvorrat, wild entschlossen, die gesamtdeutsche Kinolandschaft zu retten. Diese Person hatte wohl gedacht, Tár wäre eine wenig gehaltvolle Filmproduktion mit vornehmlichem Unterhaltungscharakter. Das schreit ja förmlich nach Popcorn.

Im ganzen Kino aber war atemloses Staunen. Das muss der Person selbst unangenehm aufgefallen sein, denn sie bemühte sich um leises Popcornknuspern. Sie war in punkto Kinorettung offenbar noch ungeübt. Nur Anfänger versuchen beim lustvollen Popcornverzehr, das Krachen und Knirschen zwischen ihren Zähnen zu vermeiden. Derlei verstohlender Popcornverzehr weitet die Mundhöhle zur Mundhalle, in der jedes Zermahlen, jedes verdruckste Verknacksen tut, was Geräusche in Hallen tun. Sie hallen und schallen – mit Echo.

Trotzdem hätte ich dem Menschen gern die Hand geschüttelt und mich bedankt für die Kinorettung und den akustischen Sekundärgenuss während des Films. Leider ging beim Abspann des Films das Licht so spät an, da hatte sich die Popcornperson schon aus dem Kino geschlichen.