- „GPT, kurz für Generative Pre-trained Transformer, ist eine neue Art von künstlicher Intelligenz, die in den letzten Jahren immer populärer geworden ist. Es ist eine Kombination aus maschinellem Lernen und künstlicher Intelligenz, die dazu beitragen soll, dass Computer bestimmte Aufgaben schneller, effizienter und genauer ausführen können. Diese Technologie hat viele Chancen, aber auch Gefahren, die es zu beachten gilt.
Ein großer Vorteil von GPT ist, dass es viel schneller als andere Formen des maschinellen Lernens ist. GPT kann Aufgaben in Bruchteilen der Zeit erledigen, die andere maschinelle Lernsysteme benötigen würden. Zudem ist GPT auch sehr genau, was bedeutet, dass es weniger Fehler macht als andere Systeme. Diese Fähigkeiten machen GPT zu einem unerlässlichen Werkzeug, um eine Vielzahl von Aufgaben, einschließlich maschineller Übersetzung, Sprachverarbeitung und natürlichsprachlicher Anfragen, schnell und effizient zu erledigen. (…)“ [Zwei Absätze hohles Stroh von mir gekürzt.]
Diesen kurzen Essay hat die KI-Software GPT-3 verfasst, eine Erfindung des US-amerikanischen Unternehmens OpenAI. Ich habe das Programm getestet mit folgender Aufgabe: Schreibe auf Deutsch für mein Blog einen Essay über die Chancen und Gefahren von GPT! Heraus kam ein sprachlich richtiger Text, der allerdings stilistisch abfällt. Formal korrekt wird eingangs die im Text verwendete Abkürzung GPT erklärt, sonst aber enthält der Text wenig Konkretes. Hier müsste wohl die Aufgabenstellung genauer sein. Da das Programm zu quasi jeder Aufgabe ein brauchbares Ergebnis bietet, vergleichen manche das Potenzial seiner kulturellen Auswirkungen mit der Erfindung des Buchdrucks.
In großer Runde meiner beiden ältesten Söhne und meiner beiden Schwiegertöchter saßen wir zum Abendessen beim Inder und sprachen über die Konsequenzen. Steht uns eine geistige Revolution bevor? In Schule und Hochschule werden digital erzeugte Aufsätze und Hausarbeiten kaum noch von den Ergebnissen menschlicher Geistesarbeit zu unterscheiden sein. Das freilich ist kein neuer Zustand. Schon jetzt kann sich jemand einen Text aus dem Netz fischen und als eigene Arbeit ausgeben. Der österreichische Kommunikationswissenschaftler Stefan Weber hat mit seinem Plagiatsjäger-Team in den Doktorarbeiten prominenter Politiker so manches Plagiat entdeckt. Auch in völlig banalen Bereichen sind Plagiate aufgeflogen. Bekannt ist der Fall des Ordensritters wider den tierischen Ernst, Friedrich Merz (CDU), der sich seine komplette Büttenrede dreist aus dem Internet gestohlen hat.
GPT bietet jedoch mehr als die Übernahme eins zu eins. Es erschafft völlig neue Texte beliebiger Art. Natürlich ist die KI an menschlichen Texten trainiert worden, wurde unter anderem mit dem Inhalt von Wikipedia gefüttert. Die Rede ist von einem Korpus von etwa einer Billion Wörtern. GPT beherrscht viele Sprachen, funktioniert aber am besten in Deutsch und Englisch. Als ich im Oktober 2021 ein mir geschenktes Titanic-Magazin las, kam mir das vor wie von einem KI-Programm geschrieben, das die Witze der Welt zusammengeklaubt hat und daraus künstlichen Humor generiert. Eventuell hatten smarte Verlagskaufleute getestet, ob man es den Leserinnen/Lesern andrehen kann, ohne dass die es merken.
GPT-3 schreibt in den weggekürzten Absätzen von sich, dass es noch fehlerhaft ist. Das waren die ersten Fotosatzgeräte auch. Wir Schriftsetzer haben schmunzelnd daneben gestanden und hätten nie gedacht, dass innerhalb weniger Jahre unser Handwerk museal werden würde. Hier betrifft es viele berufliche Schreiber, Journalisten, freie Autoren, Programmierer und viele mehr. Seit es Navigationssoftware für alle gibt, kennen sich die Leute in ihrem Umfeld kaum noch aus. GPT-3 erspart den Denkfaulen eigene geistige Arbeit. Hier droht deren Verblödung.
Im Jahr 1789 spottete schon Jean Paul Richter:
- So ist noch bis auf diesen Tag die Büchermaschine* in Europa unnachgemacht geblieben, deren Zusammensetzung Swift oder Gulliver allen Buchhändlern unfehlbar in der lieblosen Absicht so deutlich beschreibt, damit ähnliche europäische leichter darnach gezimmert und dadurch gutmeinenden Autoren, die sich bisher vom Büchermachen beköstigten und kleideten, ein jämmerlicher Garaus gespielet würde; denn die letztern haben sich auf nichts anders eingeschossen. Sonst ists freilich unleugbar, daß eine solche Maschine in Menge und ohne Honorar (der Kerl, der sie drehte, wäre fast mit nichts zufrieden) recht gute Sonntagspredigten, Monats-, Quartal-, Kinder- und berlinische Spaßschriften für den Druck ablassen müßte.“ (Jean Paul)
* Gulliver sah in Lagado eine Maschine, die gewisse in ihr liegende beschriebene Zettel, wenn man sie umdrehte, so untereinander warf, daß jeder, dem man sie hernach vorlas, freilich nicht wissen konnte, ob er ein gewöhnliches Buch höre oder nicht.
(aus: Jules van der Ley, Buchkultur im Abendrot)