Wir brauchen doch Turbinenschaufeln!

Was ich von den Aktionen der letzten Generation hielte, wurde ich gefragt. Ich hatte dazu noch keine Meinung, weil sie mir eigentlich nicht zusteht. Es liegt Dramatik im Namen „Die letzte Generation.“ Naturgemäß schauen junge Leute anders auf den Klimawandel als ich. Doch ich hatte ihn schon als junger Mensch im Blick, hatte schon ab den 1990-er Jahren kein Auto mehr, sondern war Carsharing-Nutzer. Überdies fahre ich Fahrrad, nutze sogar die öffentlichen Verkehrsmittel selten. Ich bin seit 1980 Vegetarier, habe mich folglich bemüht, meinen ökologischen Fußabdruck kleinzuhalten. In Arbeitszeugnissen bedeutet die Floskel: „Er hat sich bemüht.“ – Er hat nichts erreicht.

Einmal, in Aachen noch, es muss um das Jahr 2000 gewesen sein, saßen vor dem „Domkeller“ neben mir drei wohlsituierte Herren. Der eine hatte mit dem Flieger die Arktis überflogen und schwärmte, wie grünlich, von oben gesehen, die Eisberge schimmern. Einer murmelte „Klimaerwärmung.“ Der die Eisberge von oben gesehen hatte, versicherte, dass die Flugzeughersteller alles in ihrer Macht Stehende für den Klimaschutz täten. In einem Institut der Technischen Hochschule forsche man im Auftrag von Rolls-Royce an Turbinenschaufeln, um den Kerosinverbrauch zu senken. Dazu sei eigens eine Halle errichtet worden. Rolls-Royce liefere immer wieder Metallblöcke an und lasse sie mit unterschiedlicher Hitze schmelzen, auf dass man die absolut und endgültig beste Turbinenschaufel daraus gieße. Da man an der RWTH bald die optimale Turbinenschaufel finden werde, könne man schon jetzt ruhigen Gewissens die Eisberge überfliegen und angucken. Schließlich müsse man sich mit eigenen Augen vom dramatischen Zustand der Eisberge überzeugen.

Ich hätte mich nicht festkleben, sondern hätte dem Mann eine kleben sollen, damit er einsah, dass er nichts im Flieger über der Arktis verloren hat, egal welche Turbinen ihn hingeschaufelt hatten. Beides, sich auf der Straße festzukleben oder einem Uneinsichtigen Bescheid zu stoßen, sind Gesten der Ohnmacht. Ich selbst bin übrigens im Leben noch nicht geflogen, aber auch danach kräht kein Hahn. Jedenfalls kann ich verstehen, dass die jungen Leute der letzten Generation an der Trägheit der Massen und an den Fehlentscheidungen der Politik verzweifeln. Symbolisch steht hierfür die bevorstehende Räumung von Lützerath. Die Politiker reklamieren den Sachzwang der Versorgungssicherheit.

Hallo? Eventuell ist die Königin der Turbinenschaufeln noch nicht gefunden und kann nicht gegossen werden, wenn RWE die Kohle unter Lützerath nicht abbaggern darf. Das könnten die Klimaaktivisten auch mal bedenken. Selbst die Grünen haben das verstanden.