Seit ziemlich genau zehn Jahren rauche ich nicht mehr. Das Rauchen ist mir so fremd geworden, dass mir bei „ich rauche nicht mehr“ eine rauchende Steinkohlenhalde in den Sinn kam. Derlei Halden kann man in Kohlerevieren finden. Im Revier nördlich von Aachen etwa gibt es Halden, auf denen nichts wachsen mag, weil sie innerlich brennen, wegen der Kohlegase, die sich immer wieder entzünden. Ich hätte nichts gegen die Analogie, innerlich für etwas zu brennen, wollte aber nicht verrauchen und irgendwann ausgebrannt sein. Noch unschöner ist die Vorstellung von inwendigen, sich selbst entzündenden Gasen, von den brennbaren austretenden ganz zu schweigen.
Als Raucher habe ich Zigaretten gedreht, was mir das Beste am Rauchen war. Aus einer Packung Feinschnitttabak eine wohl portionierte Menge zu zupfen, in ein Zigarettenblättchen zu geben, um daraus mit den Fingern eine perfekte Zigarette zu drehen, hatte etwas Ästhetisches, an das Rauchen selbst nie herankam. Wer gerade für eine Liebste brannte, konnte ihr die fertig gedrehte Zigarette reichen und sie bitten, die Gummierung mit der Zungenspitze anzufeuchten. Aber man muss nicht alles noch toppen.
Wie geht es denn jetzt weiter im Text? Wenn mir früher der Gedankenfluss stockte, vielmehr sich staute, bin ich aufgestanden, habe mir eine Zigarette gedreht und rauchend aus dem Fenster geschaut. Es kann nicht ganz ungesund gewesen sein, weil es doch heißt: „Sitzen ist das neue Rauchen.“ Trotzdem habe ich aus medizinischen Gründen aufgehört zu rauchen. Es ist mir leicht gefallen. Natürlich hätte ich weiter Zigaretten drehen können, aber es wäre Ästhetik ohne Grund gewesen. Es ist jedoch nichts dabei, grundlos aufzustehen und aus dem Fenster zu schauen.
In der Kur habe ich viele Elendsgestalten gesehen. Doch die trübseligste Versammlung von Jammergestalten fand sich am Fuß des Kurhauses im Unterstand für Raucherinnen und Raucher. Der Unterstand bot Schutz vor Wind und Wetter und war sogar ganz hübsch in der lindgrünen Hausfarbe der Klinik angestrichen. Trotzdem sprach der Chefarzt der Klinik von einer „dunklen Ecke“, wo medizinisch Unwägbares geschehe bis hin zur Ansteckung mit Covid 19 oder Affenpocken, weil alle so eng beieinander hocken. Aber was will man tun? Den Unterstand größer machen und so dem Rauchen neuen Freiraum zu verschaffen, das geht ja auch nicht. Kaum zu fassen, wie Orte des Genussrauchens mit großzügigen Rauchersalons und Raucher-Abteilen in Zügen verkommen sind zu solchen der sozialen Deprivation, über die nicht nur Chefärzte die Nase rümpfen. Sorry, ich muss grad Möhren schneiden, weil ich heute Linsensuppe kochen will. Einstweilen Musik:
Editors
Smokers Outside The Hospital Door
Einspruch, Euer Ehren!
Die Berge-Halde Anna 1 – direkt östlich vom schönen Ortsteil Zopp – brennt zwar nach wie vor stellenweise unterirdisch, ist aber seit Jahrzehnten großflächig und üppig bewachsen (darunter wilde Tomaten-, Kürbis- und Zucchini-Pflanzen) und es finden dort einige hundert wilde Fasanen dort ihr tägliches Futter. KLICK
Fasanen
Der gefährliche Bereich ist quasi mit einem fast schon DDR-üblichen Sicherheitszaun gesperrt. Dort können Schwelgase austreten, die ungesund sind. Wenn man nachts auf dem südlich gelegenen Schloß Ottenfeld (schöner Ort) weilt, kann man mitunter ein seltsames Leuchten aus den Spalten sehen, welche sich im Gefahrenbereich befinden.
Obwohl das Betreten von Anna 1 verboten ist, bin ich auf den bewaldeten Teil einige male spazieren gewesen.
Tagsüber halten sich die Fasanen übrigens auf der benachbarten Halde Noppenberg auf, wo sie auch schlafen. Diese Halde gehört seit einigen Jahren dem Prinz von Preußen und ist für Wanderer frei gegeben.
Eine herrlich Gegend dort oben mit einer Fernsicht, die man nicht überall hat. Man braucht stramme Waden …
Und – Genehmigung von der Prinz von Preußen`sche Forstverwaltung
sowie rechtliche Grundlagen vorausgesetzt – darf auf dem Noppenberg gejagt werden.
Du bist herzlich eingeladen zu einem speziellen Abenteuer beim nächsten Besuch in unserer Ecke hier. Ich hab allerdings keine Flinten :-))) …
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Einspruch stattgegeben, lieber Peer. Danke für die genauen Informationen. Als ich in den 1990-er Jahren beim Radsport in der Gegend unterwegs war, habe ich von Pflanzenwuchs kaum etwas gesehen. Dass sich inzwischen auf den Halden stellenweise Leben regt, ist erstaunlich und erfreulich. Gerne werde ich deiner Einladung zur Begehung folgen, wenn ich mal länger in der Region bin.
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Hab gerade was gesucht und vergessen, wo ich das mal 2011 veröffentlicht hatte zu den Alsdorfer Halden. In einem Forum, wo man sich aber einen Account zulegen und einloggen muß, um alles! richtig lesen zu können. Fraglich, ob sich das lohnt, weil dieses Forum mittlerweile etwas spooky geworden ist.
Wer es dringend braucht HIER und in diversen Folgebeiträge mit netter Diskussion darüber.
Kann man eigentlich meine gesetzten Links hier farblich erkennen?
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Danke für den Link. Eingestellt habe ich, dass Links in Grün erscheinen, und das sehe ich auf meinem Bildschirm.
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hihi…ich hab vor 2 Jahren aufgehört und kanns mir heut nicht mehr vorstellen. Die Verrenkungen der Rauchenden, die sich draußen in Biergärten „schämen“ sind aber sehr witzig 🙂
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Glückwunsch! Und ja, vom einstigen coolen Rauchen sind nur witzige Verrenkungen geblieben. Komisch sind auch jene, die bei Kälte auf dem Balkon oder vorm Haus stehen.
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In der Tat. Und dieser Gestank in den Klamotten….als ich noch geraucht habe, hatte ich mir eh vorgenommen bei der Grenze von 10EUR pro Päckchen aufzuhören. Mittlerweile sollte man Raucher womöglich in die Kategorie „reich“ stecken – falls man in Schubladen denkt 🙂
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Besonders der Gestank 😦 In Schubladen gedacht: Die oben genannten Raucher vor der Kliniktür schienen mir eher zu den Sozialschwachen zu gehören. Begüterte leben viel eher gesundheitsbewusst.
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Ist mir klar. Das ist ja das seltsame. Eigentlich rauchen Menschen mit Verstand nicht (mehr) – und in der Regel sind das die, die eher im Leben stehen…
Möglicherweise treibt die anderen ein „eh schon Wurscht“…
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»Die schärfsten Kritiker der Raucher
waren’s früher selber auch ma’.« 😉
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Oder noch freier nach F.W. Bernstein
»Die schärfsten Kritiker der Fluppen
quarzten einst bis in die Puppen.«
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War ich! Ich bin trocken 🙂
Bin aber kein Kritiker. Rieche Rauch draußen immer noch gerne. Aber ich könnte mir einfach nicht vorstellen, drinnen einen zu rauchen. Würg…
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Ich rauche schon lange nicht mehr, bin aber gerne in Gesellschaft von Rauchern bei größeren Treffen mit der Kumpanei.
Nicht unbedingt in meiner Wohnung oder – wie früher – in Gaststätten (die ich sowieso kaum noch aufsuche), aber sie sind die entspannteren und charmanteren Zeitgenossinnen und – Genossen, als diese Plagegeister von gequält drein schauenden und moralinsauren Ex-Raucherinnen und Ex-Raucher.
Übrigens, – sehr viele Ärztinnen und Ärzte rauchen. Seltsam! Gehören die nun auch zum hier gemutmaßten Unterschichten-Prekariat?
🙂
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Ich habe ja erst im Jahr 2000 wieder angefangen zu rauchen, zuvor als Sportler nicht. Für unser Lehrerkollegium kann ich bestätigen, bei den Rauchern war es angenehmer. Allerdings pafften die in der kurzen Zeit der Pause ziemlich viel, so dass das Raucherzimmer total zugequarzt war. Ich vermutete, die Ärzte sind oftmals Stressraucher. Meine Aussage bezog sich nur auf die Raucher unter den Rehapatienten.
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Wow – zehn Jahre 👍
Bei einem Krankenhausbesuch konnte ich mal beobachten, wie sich jemand mit Luftröhrenschnitt bei jedem Zug, das Loch am Hals zuhalten musste – das war schon speziell.
Liebe Grüße
Sabine
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Sind ja schon 11 Jahre. Dein Bericht: Der blanke Horror!
Lieben Gruß
Jules
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Ansprache eines Seminarleiters, die Pause ankündigend: „Meine Damen und Herren, wer mag, hat nun die Gelegenheit, seine Karzinome zu füttern. Das bitte aber draußen!“
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Der typische und vor allem ungefragte Spruch eines aufgeblasenen Fatzke (vermutlich Ex-Raucher) aus der Kategorie „Lehrer Lämpel“, zumal es heutzutage fast ausgeschlossen ist, daß ein Raucher es wagen würde, in einem Seminarraum oder auf dem Flur eines Seminargebäudes zu rauchen.
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Ich habe vor 6 Monaten aufgehört. Mal schauen, wie lange ich es schaffe…
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