Als im Jahr 2010 die damals 38-jährige Krankenschwester Alex Cotton aus Coventry (England) vom Fußballabend mit Freunden zurückkam, traf sie beinahe der Schlag. Am unteren Ende der hauseigenen Regenrinne war ihr still und heimlich Jesus erschienen. Ergriffen zeigte sie den etwa zehn Zentimeter langen Rostfleck-Jesus ihren Freunden Graham Morriss (33) und Alan Downer (40), worauf die auch nur noch eines sagen konnten, nämlich: „Wow!“
„Für mich sind die Dornenkrone und der Bart deutlich zu erkennen“, sagte Cotton der herbei eilenden Presse.
Gott saß fest – in ihrem Regenrohr.
Genug gescherzt. Alex Cottons Fall ist einer von Pareidolie (Hineinsehen). Das Teestübchen Ihres Vertrauens hat davon vor fünf Jahren schon kompetent berichtet und eine Reihe guter Beispiele gezeigt. Hineinsehen ist beinah jedem vertraut. Was aber ist mit Hineinhören und wie lautet das Fachwort? Als ich heute Morgen den Wasserkocher befüllt hatte und ihn hinstellte, hörte ich in den begleitenden Geräuschen: „Ich hab mich tödlich gelangweilt.“ Verständlich, dachte ich, geradezu selbstverständlich, wenn man das beschränkte Dasein eines Wasserkochers bedenkt. Meistens steht er nur unbeachtet rum, bis ich am Morgen komme, ihn packe, unter dem Wasserhahn befülle, auf die Bodenplatte zurückstelle und einschalte. Wenn das Wasser in ihm zu wallen beginnt, nehme ich ihn und gieße heißes Wasser in eine Kanne, um Tee zu bereiten. Laaangweilig!
In letzter Zeit scheinen die Dinge vermehrt zu sprechen, so meinten die Bratkartoffeln im heißen Öl: „Auf ähnliche Weise.“ Im Knistern einer Plastikverpackung hörte ich: „Nicht der Rede wert .“ Als ich einmal nach dem Händewaschen den Wasserhahn schloss und das Wasser gurgelnd im Abfluss verschwand, sagte es am Abfluss-Sieb undeutlich: „Rührei!“ Auch mein Ikea-Wäschesack hat schon zu mir gesprochen. „Tschirch“ seufzte er laut und deutlich. Was er damit gemeint hat, kann ich nicht sagen, denn Tschirch ist meines Wissens kein deutsches Wort. Es gibt freilich einen bekannten deutschen Germanisten, der heißt Fritz Tschirch. Aber woher sollte mein Wäschekorb deutsche Germanisten kennen? Also wertete ich seine Bemerkung als kulturellen Bluff, nichts als Namedropping. Bisher hat nämlich noch kein Ikea-Wäsche-Aufbewahrungssack etwas Wesentliches zur Germanistik beigetragen.
Nachdem ich nun darüber geschrieben habe, soll Schluss sein mit dem sinnlosen Gequatsche. Am Ende wird’s noch biblisch, Jesus erscheint auf meinem Butterbrot und mein Toaster verlangt, dass ich eine Arche baue.