Gestern habe ich erstmals wieder meine Waschmaschine in Betrieb genommen und freute mich, dass sie sich nach der langen Ruhezeit brav an die Arbeit machte. Dann saß ich auf meiner weinroten Wohnzimmercouch inmitten weinroter Kissen mit dem einen goldenen, nach dem die Schwäbin und ich einst diverse Möbelhäuser durchstöbert hatten. Diese Design-Idee, mancher erinnert sich, stammt von einer Sitzbank in den Hangwiesen des niederländischen Dorfes Nijswiller, hier beschrieben. Als ich also auf meiner Couch saß, fiel mein Blick auf die offen stehende Wohnzimmertür. So gerade eben war das große Gemälde mit der nächtlichen Hafenszenerie zu sehen, in dem die Comicfiguren Tim und Struppi auf den Betrachter zu kommen. Meine Tochter Manja hat es im Leistungskurs Kunst der Jahrgangsstufe 13 gemalt. Ich dachte darüber nach, dass ich dem Bild einen besseren Platz suchen sollte, wo es immer zu sehen ist und nicht von der selten geschlossenen Wohnzimmertür verdeckt wird. Diese Tür verdeckt nämlich etwas anderes, was ich ebenfalls von Manja bekommen habe.
Als ich am 12. Dezember 2008 von Aachen nach Hannover umgezogen bin, halfen sie und mein späterer Schwiegersohn beim Beladen des Transporters. Ich weiß nicht mehr, wie es geschah, jedenfalls gab mir Manja einen Wäscheständer mit, den ich alle Jahre in Ehren gehalten habe.
Nachdem nun meine Waschmaschine ihre Arbeit getan hatte und ich die Wäsche aufhängen wollte, war der Ständer nicht da. Tim und Struppi schauten mich fragend an. Da erinnerte ich mich schwach, dass ich am Freitag des 4. Junis, dem Tag vor meinem Unfall die Wäsche im Hof getrocknet und am Samstagmorgen dort abgehängt hatte. Ich hatte wenig Hoffnung, dass der Ständer dort noch stehen würde, tappte im Nachstellschritt hinab und fand ihn tatsächlich vor. Er hatte an Gelenkstellen ein wenig Rost angesetzt, war aber sonst im guten Zustand.
Während ich überlegte, wie ich ihn wohl am besten nach oben transportieren könnte, kam glücklicherweise mein hilfsbereiter Unternachbar nach Hause, fragte, ob er helfen könne und trug mir den Wäscheständer hinauf auf die erste Etage. Solche Abenteuer kann erleben, wer lange von zu Hause weg war.
Der Nachstellschritt war mir bisher nicht bekannt, aber nach allem was ich gerade recherchiert habe, eignet er sich kaum, um jemandem nachzustellen. Schön, dass du Nachbarn hast, die nicht nur bemerken, dass du länger Zeit nicht da warst, sondern auch noch hilfsbereit sind. Ich neige ja manchmal dazu, unsere Zivilisation für unrettbar verloren zu halten, da ist jedes Signal der Menschlichkeit willkommen.
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Das Wort kannte ich auch nicht. als es mir begegnete, war mir unmittelbar klar, dass es die vorsichtige Weise meines Treppensteigens meint. Über meine Unternachbarn freue ich mich. Ihr Verhalten ist nicht selbstverständlich in einem anonymen Mietshaus. Die in Städten um sich greifende Vereinzelung ist sicher eine Gefahr für unsere Zivilisation. Gestern hörte ich ein wahres Wort: „Die meisten Leute helfen lieber, als dass sie HIlfe annehmen.“ Welche sozialen Konsequenzen es hat, darüber wäre auch nachzudenken.
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Bravo, dass du dich erinnern konntest! Ich habe auch ohne Unfall und Operation zunehmend Lücken, was den Verbleib von Dingen betrifft. Der Ärger wird ausgeglichen durch die überraschte Freude, wenn sich lang Vermisstes plötzlich wieder einfindet. Deine Wäsche hat sich bestimmt auch gefreut und trocknet umso schneller.
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Du glaubst nicht, wie oft ich am Tage einer meiner Brillen suche. Bei kleinen Gegenständen geht es mir wie dir. Sie scheinen sich vor mir zu verstecken 😉 Meine Gleitsichtbrille war lange Zeit verloren, hat ebenfalls im Hof gelegen, und ein lieber Mensch hat sie ans Schwarze Brett gehängt
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Zum Beispiel war mein Sommerhut weg. Es stellte sich heraus, dass er noch im frisch erdachten Winterlager ruhte…
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… was ein schlechtes Licht auf den Sommer wirft.
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Schön, das mit dem hoch transportierten Wäscheständer! Und auch ansonsten…
Gruß von Sonja
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Danke, dass du dich mit mir freust, liebe Sonja.
Grüße von
Jules
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Auch ich hatte das Problem, dass eine Tür zeitweise ein Bild verdeckte. Ein Selbstgemaltes! Ich habe die Tür kurzerhand entfernt…
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Geht in meinem Fall nicht. Ich werde das Bild einfach ins Schlafzimmer hängen.
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Wenn es heißt, dass das Haus nichts verliert, dann gilt das wahrscheinlich nicht für draußen stehende Wäscheständer. Schön, dass er trotzdem auf dich gewartet hat.
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Den Spruch kenne ich aus dem Rheinland. Meine Mutter sagte ihn. Aber er gilt sicher nicht automatisch für den Hof. Schön, dass Du dich mit mir freust, liebe Mitzi.
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