Plausch mit Frau Nettesheim – Dümmer als die Molche

Trithemius
Erinnern Sie sich noch an Karel Čapeks satirischen Roman „Der Krieg mit den Molchen“, Frau Nettesheim?

Frau Nettesheim
Natürlich. Die Besatzung eines Kolonialschiffs findet in den Küstengewässern Sumatras eine Gattung intelligenter Molche. Der Kapitän beginnt mit den Molchen einen Tauschhandel, indem er ihnen irgendwelchen Schund als Gegenwert für Perlen gibt.

Trithemius
Ich glaube, es waren Messer, mit denen die Molche die lästigen Haie bekämpfen konnten.

Frau Nettesheim
Ja, genau. Die Molche merken aber bald, dass sie übervorteilt werden und gucken sich den betrügerischen Handel und andere schändliche Verhaltensweisen von den Menschen ab, wodurch es zu Interessenskonflikten und später zum Krieg kommt. Wie kommen Sie jetzt auf den „Krieg mit den Molchen“, Trithemius?

Trithemius
Zufällig sah ich in der Show „Bares für Rares“ wie ein altes Ehepaar eine über Generationen vererbte kostbare goldene Taschenuhr verhökerte, anschließend stolz vor die Kamera trat und mit bedrucktem Papier wedelte.

Frau Nettesheim

Sie meinen Geldscheine. Das sind keine Glasperlen. Für Geld können sie etwas kaufen.

Trithemius
Messer vielleicht, falls sich im Vorgarten Haie tummeln, hehe. Ich muss immer schmunzeln, wenn die Leute den Tausch kostbarer Familienerbstücke gegen Geldscheine stereotyp begründen: „Damit es in gute Hände kommt“, weil das im Umkehrschluss die Selbsteinschätzung enthält, die eigenen wären schlechte Hände.

Frau Nettesheim
Natürlich, wenn die missratenen Urenkel verscherbeln, was von Generationen zuvor treulich gehütet wurde.

Trithemius
Ich habe mich ja hier schon mal negativ über „Bares für Rares“ ausgelassen. Aber gestern wurde mir klar, was in dieser populären Verkaufsshow eigentlich geschieht. Horst Lichter mit seiner Bande aus Experten und Händlern sammelt aus der mediengeilen Mittelschicht die seltenen Kostbarkeiten für reiche Sammler ein. Dass dazwischen auch Trödel verramscht wird, lenkt nur davon ab, wie hier teure Kulturgüter in die Hände der Oberschicht geschaufelt werden. Den Leuten bleibt nur mit Zahlen bedrucktes Papier, dessen Wert ja über Nacht durch den Kamin gehen kann.

Frau Nettesheim

Er mal wieder.

Edit: WOW! Der alte Editor ist weg! WordPress arbeite mit Fleiß daran, einem das Bloggen zu vermiesen. Ich habe nicht die geringste Lust, mich um den Gutenberg-Hirnriss zu kümmern. Der stiehlt mir Lebenszeit. Zähneknirsch! Vorerst gibt es hier nichts Neues mehr, liebe Freundinnen und Freunde.

24 Kommentare zu “Plausch mit Frau Nettesheim – Dümmer als die Molche

  1. Ich lese aktuell in der Zeitung ständig von kleinen Tonschüsseln, die jemand auf dem Flohmarkt erstand und sich dann als chinesische Kostbarkeit aus der xy-Dynastie herausstellen. Das könnte sich ein überausgestatteter Oberschichthaushalt gerne im Tausch gegen Geld in den Tresor stellen. Mit der Hergabe vom Familiensilber tue ich mich hingegen schwer. Unser Wohnzimmer steht voll mit Erbstücken und das wird auch so bleiben. Ein Molch in Aquarell ist nicht dabei.

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  2. Was mir nicht alles erspart bleibt, weil ich keinen Fernseher habe! Zu Deinem Edit,: Ist das nicht schrecklich? Es vergeht kein Tag, an dem einem nicht deutlich gemacht wird, wie hoffnungslos rückständig man ist, weil man nicht jeden neuen Sch… bejubelt und sofort adoptiert (besser: sich selbst adaptiert). Ich überlege gerade, ob ich meinen Kram nicht in Schulhefte schreiben und in der S-Bahn verschenken sollte.

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    • Ja. Schon vor Monatsfrist habe ich mich gegen die gruslige WordPress-Sekretärin gewandt, die mal auf der Startseite war und „mit WordPress Wachsen und Lernen“ verlangte. Vielleicht tut ein bisschen Abstand vom Bloggen einem auch ganz gut. Zur Not greife ich auf deine feine Schulheft-Idee zurück. Ist auch eine Gelegenheit, endlich größere Projekt anzugehen bzw. zu beenden. Ich bin fast erleichtert.

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  3. Meine Schwiegermutter hat oft Bares für Rares geschaut – sie war immer entsetzt, wie schrecklich kitschig die wertvollsten Sachen waren. Sie erzählte mir dann haarklein davon.
    Meistens zehnmal dasselbe (Demenz 😊) Das war aber nicht schlimm – ich bin ja geduldig.
    Liebe Grüße
    Sabine vom 🕷 🕸

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  4. Ich habe mir diese Sendung „Bares für Rares“ noch nie angetan. „Kunst und Krempel“ im Bayerischen Fernsehen hingegen schaue ich mir gerne an. Denn da wird kein Reibach gemacht, sondern da glänzen wahre Experten mit ihren Kunst- und Geschichtskenntnissen…
    Fass dir ein Herz, bitte, und mach dich mit dem neuen Editor vertraut. Es würde mir schon sehr fehlen, wenn du das Bloggen einstellen würdest. Bitte, bitte, bitte!

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