Warum ich das interstellare Reisen aufgegeben habe

Wer sagt, dass man im vorgerückten Alter seine Verhaltensweisen nicht mehr ändern kann? Zeit meines Lebens habe ich mir etwas abgeschaut von Menschen, die mir nahe standen. So auch von meiner neuen Lebensgefährtin. Bevor ich sie kannte, habe ich beispielsweise den Abwasch prokrastiniert. Ich hatte Tricks, mich zu überlisten. Wenn ich kein sauberes Geschirr mehr hatte, so dass es unumgänglich wurde zu spülen, ich aber trotzdem unwillig war, obwohl mir der Zustand der Küche längst Unbehagen bereitete, auch, wenn ich gar nicht in der Küche war, wenn also diese guten Gründe kaum ausreichten, mich zum Handeln zu bewegen, dann stellte ich mir eine Bezahlung in Aussicht.

Vor mir das Spülbecken, und darin so viele Teile, die gespült werden mussten. Da wollte ich am liebsten gleich wieder aufhören. Aber ich stellte mir vor, dass ich für jedes Teil, das ich herausfischte und abwusch, den doppelten Betrag von x bekam, also 1+2+4+8+16. Wenn die letzten Löffel abzuwaschen waren, brachte mir jedes Teil, das ich noch aus dem Spülwasser nahm, bereits mehr Millionen, als ich überhaupt haben wollte. Ich wurde also beim Spülen steinreich. Vom Tellerwäscher zum Millionär.

Freilich wären Millionen für mich kein ordentlicher Anreiz gewesen, da ich keinen Anlass hatte, soviel Geld zu besitzen. Darum sagte ich mir, ich müsste das Spiel um eine Vorstellung erweitern: Stell dir vor, du bist ein humanoider Außerirdischer und hast auf einer interstellaren Schiffsreise eine Karte für Zone 1 gelöst, also für das Zentrum unserer Milchstraße. Das Sonnensystem der Erde liegt aber schon weiter außen im Spiralnebel. Dich erwischt ein Kontrolleur, du kannst nicht nachzahlen, da setzt er dich einfach vor die Tür, nämlich auf der Erde ab. Um die Rückfahrkarte zu deinem Heimatplaneten bezahlen zu können, musst du den Gegenwert von etwa 90 Millionen Euro verdienen.

Wie das? In welcher Branche könnte man 90 Millionen Euro verdienen? Ehrliche Arbeit käme nicht in Frage. Auch immer nur Wurstenden zu kaufen wie die reiche Frau Liebherr (Teestübchen berichtete), hülfe bei mir Vegetarier nicht. Man müsste schon Finanzspekulant werden oder ein Finanzberatungsunternehmen gründen wie Carsten Maschmeyer den Allgemeinen Wirtschaftsdienst (awd). Er hat inzwischen seine Drückerfirma verkauft und ist jetzt reich genug, sich eine interstellare Fahrkarte für die Spiralnebelzone 2 zu kaufen, macht es aber nicht. Inzwischen ist er derart integriert in ein machtvolles Netzwerk, befreundet mit Hinz und Kunz, Gerhard Schröder, Kai Diekmann und Christian Wulff, vollwertiges Mitglied in der Fernsehsendung „Höhle der Löwen“, Ehrendoktor der Universität Braunschweig, warum sollte einer wie Maschmeyer dahin zurückgehen, wo er hergekommen ist?

Ähem, vom Thema abgekommen.

Der einfache Trick, den ich von der Frau in meinem Leben gelernt habe: „Die gute Hausfrau nimmt immer etwas mit.“ Steht also Geschirr herum, nehme ich es als guter Hausmann beim nächsten Gang in die Küche mit und spüle es sogleich ab. Interstellare Reisen sind daher überflüssig. Ich habe durch eine einfache Verhaltensänderung erneut den Lauf der Welt zu meinen Gunsten verändert. Neuerdings habe ich sogar Geld übrig und kann mir wieder eine Spülmaschine leisten. Da ist die Welt gekniffen.

23 Kommentare zu “Warum ich das interstellare Reisen aufgegeben habe

  1. Im Alltag sind bewährte Hausfrauenweisheiten mehr wert als manche schludrig verdiente Millionen. Aber das interstellare Reisen solltest du dir nicht abgewöhnen, vor allem sind die Bordküchen vom Platzangebot eher schmal, zum Beispiel im Millenniumsfalken. Auf den Tag der Räumung aufgrund der Hyperraum – Umgehungsstraße gilt es weiterhin vorbereitet zu sein.🚀🚀🚀

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  2. eine spülmaschine ist ein friedenstifter, zu hause, im atielier oder in einer wg. vom tag eins meines auszugs aus der elterlichen obhut besaß ich eine spülmaschine, was für ein glück! da blieb mir immer genug zeit mih in ferne welten zu begeben… grüße an die schlaue frau:)

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    • Bis zur Trennung von der Mutter meiner Kinder und dem Auszug aus dem gemeinsamen Haus verfügte ich über eine Spülmaschine, erinnere mich aber, dass das Ausräumen manchmal in der Familie zum Zankapfel wurde. Freue mich aber auf die Neuanschaffung. Danke für die Grüße. Sie liest sie garantiert.

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  3. „Mache nie einen Leergang, nimm immer etwas Geschirr, Gläser, Tischwäsche etc. mit.“ Das ist ein sehr weiser Rat. Den bekommen auch Lehrlinge in der Gastronomie vor allem im ersten Lehrgang stets eingebleut – wenn sie einen halbwegs guten Ausbilder haben. 😉
    Für jedesmal Ein- und Ausräumen der Spülmaschine gibt es einen Pangalaktischen Donnergurgler – für mich wäre das auch ein schöner Anreiz. Natürlich erst dann, nachdem ich mir die erste interstellare Reise zur nächst gelegenen Weltraum-Bar verdient hätte. 😉

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      • Da der gute Douglas Adams versäumt hat, in seiner „Per-Anhalter-durch-die-Galaxis“-Romanserie das Rezept für den Pangalaktischen Donnergurgler preiszugeben, kann sich jede/r so einen Cocktail nach eigenem Gusto zusammenbrauen. 😉 In meinen Wilden Jahren war ich Stammgast in der illustren Berchtesgadener Kneipe „Kuckucksnest“, dort gab es einen Donnergurgler auf der Getränkekarte, aber ich kann mich beim besten Willen nicht mehr an die Bestandteile erinnern. 🙂

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  4. Du liebe Güte! War das Mutter (Marie) Hesselbach, die ihre Tochter oft ermahnte: „Immer etwas in die Hand nehmen!“? Ich bin nicht sicher. Es ist zu lange her ( die Fernsehserie lief 1960/61). Wenn es nicht die Hesselbachs waren, muss es eine andere Fernsehmutter aus der Epoche gewesen sein (keinesfalls Inge Meysel, die Mutter der Nation). Aber die hausfrauliche Devise verfolgt mich bis heute und fällt mir manchmal ein, wenn ich im Begriff bin, die Küche oder ein Zimmer zu verlassen. Dann schaue ich mich um, ob nicht …

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    • Woher die Idee stammt, schreibt oben Frau Freiedenkerin. An Familie Hesselbach erinnere ich mich, an den Rat nicht. Papa Hesselbach hatte eine Druckerei. Die hausfrauliche Devise liest sich bei dir fast wie ein Fluch. Ich bin noch recht froh damit, zumal meine Wohnung jetzt meistens hübsch aufgeräumt ist. Nur bei meinem Schreibtisch fehlt mir noch ein System.

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    • Der Topos „Vom Tellerwäscher zum Millionär“ ist mir erstmals im Buch „John Workman wird Millonär“ (1909) von Hans Dominik begegnet. Domink schildert am Aufstieg des Zeitungsjungen John Workman zum Pressemogul den amerikanischen Traum. Danke fürs Lob und viele Grüße
      Jules

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