„Hat dich der Neandertaler mal wieder runtergeputzt?“, fragte Ewald.
„Sie meinen Herrn Hof?“, fragte Hannes erstaunt.“ Er hätte nicht gedacht, dass Ewald dessen Spitznamen kannte. „Ja, wenn er mich zum Imbiss schickt, kann ich meine Pause vergessen. Der Laden ist um die Mittagszeit gerammelt voll. Ich stehe mir für ihn die Beine in den Bauch, und zum Dank nennt er mich Lahmarsch“, sagte Hannes verletzt. „Der soll mal selber hingehen und gucken, ob er eher bedient wird. Aber wie ich ihn einschätze, drängt er sich einfach vor.“
„Manche wissen sich überall einen Vorteil zu verschaffen. Nimm dir daran bloß kein Beispiel, Hannes!“
„Der hält sich für was Besseres. Ist Ihnen aufgefallen, dass er vom Junior oder vom Alten nie als ‚mein Chef‘ spricht? Er sagt immer nur ‚dein Chef‘.“
„Wie das?“
„Er sagt beispielsweise zu mir: ‚Du da, dein Chef sucht dich!‘ Dabei ist doch hier jeder mein Chef.“
„Seltsam. Aber warum nennen ihn alle hinter seinem Rücken ‚Neandertaler‘?“
„Das hat Ihr Vorgänger Dyckers aufgebracht. Die beiden konnten sich nicht riechen. Herr Hof kommt aus dem Städtchen Erkrath. Das liegt angeblich in der Nähe des Neandertals.“
„Ich hatte mich schon gewundert, weil er nicht im geringsten dem Klischee eines Neandertalers entspricht.“
„Nein, dazu ist er zu groß und schlank.“
Hannes beneidete Hof um seine Selbstsicherheit. Vor allem verstand er es den Eindruck zu erwecken, nicht arbeiten zu müssen, sondern sich nur aus einer Laune heraus herabzulassen in die Niederungen der Arbeitswelt. Als Metteur hatte er eine herausragende Stellung unter den Setzern und wurde besser bezahlt als die anderen. Hof kam mit einem cremefarbenen 190-er Mercedes SL Cabrio zur Arbeit, ein Auto, dass er sich auch als Metteur nicht hätte leisten können.
„Haben Sie schon mal gesehen, mit welchem Auto er zur Arbeit kommt?“
Ewald machte eine beschwichtigende Bewegung mit der nach unten gedrehten Handfläche.
„Wenn man vom Teufel spricht …“, sagte er leise. Sigfried Hof näherte sich dem Glashaus und kam heischend in die Gasse: „Ich brauche mal den Stift!“
Ewald sah ihn fragend an.
„Na, den Lehrling eben!“
An Hannes gewandt, sagte Hof von oben herab: „Dein Chef hat gesagt, dass du mir die ganze Woche bei einem wichtigen Auftrag helfen sollst. Also pack deinen Kram und komm mit!“
Hannes war überrascht. In der Metteursgasse zu arbeiten, kam ihm wie eine Beförderung vor. Er war gespannt, was es da für ihn zu tun gab.
da bin ich jetzt aber auch mal gespannt…
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Genau das wollte ich ebenfalls sagen.
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Schon geht es voran. Die fällige Fortsetzung ist seit 0:01 h online.
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Schöner Cliffhanger. 😉 Und die Sache mit dem Mercedes wird auch geklärt? Vielleicht hat er ja Umgang mit dem Mädchen Rosemarie…
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Danke dir. Im Netz muss man ja nie lang warten. Schon ist alles geklärt. Rosemarie Nitribitt war zur Erzählzeit [1965] bereits tot.
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„einen Stift“ -aha.
Gibt es kleine oder größere Betriebsgeheimnisse?
Und in diesem Neanderthal kann man echt rumlaufen…gibt viel Gebüsch dort mit durchjoggenden Chefs und so…
Schöne Grüße von
Sonja
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Stift = Lehrling. Ja, Betriebsgeheimnisse kommen nach und nach aufs Tapet. Ich war schon mit dem Rad im Neandertal. Das dortige Museum sehr zu empfehlen.
Schöne Grüße
Jules
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