Ich kann keine Witze erzählen, weil ich die Pointe immer verlache. Dabei heißt es doch, man könnte sich selbst keinen Witz erzählen, weil man die überraschende Pointe schon kennt, sie folglich nicht überraschend kommen kann. Bei mir geht das schon. Verlacht habe ich auch das Gedicht Himmelsklöße von Joachim Ringelnatz, als ich es meiner Freundin vorlesen wollte. Es ist zu lustig. Lesen Sie selbst [Abdruck in originaler Orthographie]:
Himmelsklöße
(Das Spiel, das Frau Geheime Hofrat Anette von Belghausen Berlin S. W., Königgrätzerstr. 77I, als Kind so gern gespielt hat.)
Je mehr Kinder dabei mitmachen,
Umso mehr giebt es nachher zu lachen.
Dicke Papiere sind nicht zu gebrauchen.
Man muß Zeitung oder Briefe von Vaters Schreibtisch nehmen.
Keiner darf sich schämen,
Das Papier mit der Hand in den Nachttopf zu tauchen.
Wenn es ganz weich ist, wird es zu Klößen geballt
Und mit aller Wucht gegen die Decke geknallt.
Man darf auch vorher schnell noch Popel hineinkneten.
Solche Klöße bleiben oben minutenlang kleben.
Jedes Kind muß nun unter einen der Klöße treten
Und den offenen Mund nach der Decke erheben.
Vorher singen alle im Rund:
„Lieber Himmel tu uns kund,
Wer hat einen bösen Mund.“
Bis der erste Kloß runterfällt
Und trifft zum Beispiel Fannis Gesicht.
Dann wird die Fanni umstellt.
Und alle singen (nur Fanni nicht):
„Schweinehündin, Schweinehund!
Himmelsklöße taten kund:
Du hast einen bösen Mund.
Sperrt sie in den Kleiderschrank
Wegen ihrem Mordsgestank.“
Steckt eurem Vater frech die Zunge
Heraus. Und ruft: „Prost Lausejunge!“
Dann — wenn er vorher auch noch grollte —
Vergißt er, daß er euch prügeln wollte
(1924)
😂😂😂
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😉
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Die erwachsene Serap in mir: Das ist einfach nur ecklig!
Das Kind Serap in mir: Lass‘ uns spielen!
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Verstehe. Mir gefällt das Anarchische daran, als Gedicht von 1924 zeittypisch.
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Ein höchst erbauliches Spiel! 😂 Und der Ekelfaktor ist im Vergleich zu dem, was tagtäglich zu den besten Sendezeiten bei den Privatsendern angeboten wird, eher niedlich.
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Da magst du Recht haben. Freilich meide ich Privatfernsehen aus Gründen der Psychohygiene. Da aber Ekelshows wie das Dschungelcamp inzwischen in den Feuilletons der „Qualitätspress“ angekommen sind, muss ich die leider auch meiden.
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Ich zappe immer nur ganz schnell durch die „Privaten“, auch aus Gründen der Psychohygiene, genauso wie ich es bei den sogenannten Sozialen Netzwerken tunlichst vermeide, mir die Kommentare anzusehen.
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Ich glaube nicht, dass das funktioniert. Wir haben in der Schule durchgekaute Papierbällchen mit einem Blasrohr an die Decke über den Lehrer gepustet. Da ist NIE eins runtergefallen (obwohl das eigentlich der Zweck der Übung war). Die klebten noch da, als wir Abi gemacht haben. Okay, vielleicht ist der Nachttopf das Geheimnis…
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Hier hilft nur ausprobieren. An der Decke klebende Papierbällchen gab es auch an meiner Schule.
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fäkalhumor? lol und gruß
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Viele Grüße
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Ich weiß nicht was es über mich aussagt, dass ich im ersten Moment auch nicht darüber nachdachte ob es eklig ist, sondern ebenfalls ob die Knödel wirklich an der Decke kleben bleiben. Ausprobieren werde ich es nicht. Mir fehlt der Nachttopf 😉
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Obwohl man denken könnte, derlei technische Fragen wären Männersache, habe ich keinen Gedanken an die Machbarkeit verschwendet. Mich faszinierte die dreiste Anstiftung zur Materialbeschaffung: „Man muß Zeitung oder Briefe von Vaters Schreibtisch nehmen“, die schamlose Sauerei mit Nachttopf und Nasenborke und die kreative Spielgestaltung, die das Gottesurteil verhöhnt. Wunderbar auch, wie im Vers „Schweinehündin, Schweinehund!“ absolut korrekt gegendert wird, und das 1924.
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Die männliche und weibliche Bezeichnung fiel mir auch auf – und das ganz selbstverständlich.
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Herrlich!😂 Ich erzähle mir übrigens auch gerne Witze. Sie kommen oft unverhofft aus dem Gedächtnis hervor. Wenn der Erzähler vor lauter Lachen gar nicht bis zum Ende gekommen ist, sind die Erinnerungen am besten.
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