Es gab Zeiten, da habe ich Bleistifte gehortet. Am liebsten hatte ich die dunkelgrünen mit goldenem Aufdruck, deren Härtegrad invers in einem Feld mit runden Ecken steht. Ich besitze noch eine Blechdose mit Bleistiften aller Härtegrade von 9H bis 9B. Ein Bleistift enthält keine Mine aus Blei, obwohl man schon in der Antike mit Blei geschrieben hat. Bezeichnungen von Schreibutensilien konservieren oft ältere Technikzustände, wie etwa die Schreibfeder – (ehemals Gänsefeder), das niederländische vel (Fell) für Briefpapier (ehemals Pergament/Haut) [Finde mehr!]. Ein Bleistift hat demgemäß überhaupt kein Blei, sondern eine Mine aus einem gebrannten Graphit- und Tongemisch. Je mehr Ton die Mine enthält, desto härter ist der Bleistift. Einst hat die NASA für eine Million Dollar einen Kugelschreiber entwickeln lassen, der auch in der Schwerelosigkeit funktioniert. Russische Astronauten nehmen statt Kugelschreiber den Bleistift.
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Als Referendar in einem Aachener Mädchengymnasium fand ich in der Kunstetage einen sorgsam geordneten Schrank mit Materialien. Einmal nahm ich aus dem Materialschrank einen Bleistift und legte ihn nach Benutzung einfach in den Schrank zurück. Danach platzte die penible Kunstlehrerin und Chefin der Abteilung in meinen Unterricht und verlangte, dass ich den Bleistift in der richtigen Abfolge an seinen Platz legte.
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Zu Bleistiften gehört ein guter Spitzer. Es gab welche, die man an der Tischkante festschrauben konnte. Bleistift hineinstecken und kurbeln. Das war eine Lust, deretwegen mancher meiner Bleistifte zum Stummel wurde. Für derlei Stummel gab es wiederum Halter. Mit einem Stummelhalter konnte man auch abgespitzte Bleistifte gut fassen und bis zu ihrem Ende benutzen. Zur Not lässt sich ein Bleistiftstummel in die leere Hälfte eines Kugelschreibers klemmen. Um nicht ständig spitzen zu müssen, sollte man den Bleift regelmäßig über seine sechseckige Kante drehen.
[Im Bild: Bloggen mit Bleistift – etwa 2007 für das Teppichhaus Trithemius – größer: Klicken]
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In den letzten Jahren benutze ich einen Druckbleistift, dessen Minen austauschbar sind. Da müssen für die Hülle keine Bäume mehr gefällt werden (Pinie, Zeder, Ahorn, Linde). Wir brauchen die ja für Klopapier.
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Ein Meskalin-Esser hat während des Rauschs stets wundersame Visionen. Sie gipfeln in einem Satz, in dem alle Weisheit der Welt beschlossen scheint. Doch so sehr er sich den Satz einprägen will, ist der Rauschzustand verflogen, hat er den Satz vergessen. Da beschließt er, den Satz aufzuschreiben. legt Papier und Bleistift zurecht und bietet seine ganze Willenskraft auf, um im berauschten Zustand den wunderbaren Satz aufzuschreiben. Wie er aus dem Meskalinrausch erwacht, sucht er den Zettel hervor, worauf mit krakeligen Zügen der Satz aufgeschrieben steht, der alle Weisheit der Welt in sich beschließt. Dort steht:
- „Die Banane ist gelb!“
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Im Februar 1994, als gerade das Internet aufkam, schickte der Verleger Bill Henderson an die Los Angeles Times das Manifest eines „Lead Pencil Clubs.“ Der von dem gegründete „Bleistiftclub“ sah sich als ein antitechnisches Gegengewicht zu der aufbrandenden Begeisterung an elektronischer Kommunikation:
- „Wir empfangen keine E-Mail und wir verschicken keine. Wir unterhalten uns von Angesicht zu Angesicht. Wenn direkter Kontakt zwischen Menschen nicht möglich ist, werden wir Briefe von Hand schreiben, denn die Handschrift ist ein Ausdruck unserer Persönlichkeit.“
Der Bleistiftclub sollte „ein Schlagloch auf dem Informations-Superhighway sein.“ (Futurezone.at) Naturgemäß findet sich zum Lead Pencil Club nicht viel im Internet, aber den Nachweis dieser Buchveröffentlichung: Sogar der technikfeindliche Bill Hendersen hat inzwischen eine Internetseite. Der Lead Pencil Club ist nicht mehr erwähnt. Eventuell wurden seine Mitglieder abtrünnig, nachdem auch Hendersen vor der Macht der digitalen Medien kapituliert hatte.
Der Bleistift eignet sich nicht nur zum Notieren, Schreiben und Skizzieren, sondern ist auch ein ideales Zeichengerät [Zeichnung und Gif-Animation für das Teppichhaus Trithemius aus dem Jahr 2012 von mir].
Etwa zur Zeit der Buchveröffentlichung des Lead Pecil Clubs besuchte ich Schülerinnen /Schüler der Jahrgangsstufe 11 an ihrem Praktikumsplatz, eine davon in einer großen Werbeagentur. Der Besitzer führte mich herum und sagte stolz: „Sie finden im ganzen Haus keinen einzigen Bleistift mehr:“
Dieser Beitrag hat mich eine lange Zeit Im-Internet-Gewühle gekostet, ohne eindeutiges Ergebnis. Mit fiel plötzlich ein: Die GANZ alten Schulpulte hatten oben im Holz eine Rille. Ich erinnere mich, dass usere Lehrerin irgendwas von „kann man Stifte reinlegen“ sagte, aber das stimmt gar nicht (obwohl man das natürlich wirklich kann. Aber dann kann man auch Matchboxautos und Handys reinlegen). Die Dinger wurden zu der Zeit, als man tatsächlich noch Blei zum Schreiben hatte, dafür benutzt, dass die Schüler das erwärmte Blei da rein gossen und hart werden ließen, und dann konnten sie von dem neuen Blei-Stift Stücke abbrechen und schreiben. Ich finde aber nirgendwo ein Bild eines SO alten Tisches. Nur nachgemachte…
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Kein Wunder, dass du nichts gefunden hast. Das Bleigießen ist den Holzbänken nicht gut bekommen. 😉 Es gibt aber noch welche aus Gegenden, wo flüssiges Blei verboten war. Versuchs mal unter dem Begriff „Schulbank!“ Da gibt es jede Menge Fotos von Originalen und Nachahmungen.
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Ich hab eine richtig schöne gefunden. Danke.
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Ich notiere noch alles mit Bleistift. Ich mag die Dinger halt.
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Die Vorliebe teile ich, nehme nur Druckbleistifte.
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Ich denke mit einem Bleistift zwischen den Zähnen oder in der Hand sehr gern über meine Texte nach, auch und gerade, wenn ich sie am Rechner schreibe.
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Die Rolle des Bleistifts als Denkinstrument habe ich leider vergessen zu würdigen.
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Man kann ja nicht an alles denken. Da fehlte dir der Bleistift zwischen den Zähnen 😉
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Liebenswerte Bleistifte! Die Vorgänger waren wohl die Silberstifte, mit denen zB Dürer, Leonardo, Holbein gezeichnet haben?
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Als Zeichnerin weißt du den Bleistift zu schätzen. Ja, Silbergriffel gehen den Bleistiften voraus.
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So viel interessantes über mein liebstes Schreibgerät, lieber Jules. Obwohl ich Briefe mit dem Füller schreibe, sind mir weiche Bleistifte die liebsten. Nur nicht kratzen. Außerdem eignen sie sich hervorragend die Haare nach oben zu stecken 😉
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Die Haare nach oben zu stecken, ist eine Anwendung des BLeistifts, die ich vergessen habe zu erwähnen. Danke für den Hinweis, liebe Mitzi.
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Guck mal, lieber Jules:

ein ganz frisches Foto von meinem Lieblingsbleistift.
Das Pfiffige dabei ist die Hülle, in die ein kleiner Spitzer integriert ist – und das aufzusteckende Radiergummi an der stumpfen Seite. Ich habe ihn einmal von einer sehr lieben Freundin geschenkt bekommen – und ich hüte ihn….
Viele liebe Grüße!
Lo
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Danke für das ganz frische Foto, lieber Lo, und das Zeigen dieser Besonderheit.
Beste Grüße von Bleistiftliebhaber zu Bleistiftliebhaber
Jules
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Ich ringe immer mit der richtigen Härte des Stifts. Ohne Stift geht es nicht, aber dann ist er wieder verbraucht und ich weiß wieder nicht mehr, was ich da gerade verschrieben habe. Also wieder in den Laden und testen. Vielleicht sollte ich mal einen ganzen Bund kaufen und wie einen Blumenstrauß auf dem Schreibtisch drapieren. Ich brauche den Stift für Stichworte, für kleine Notizen, nicht für den ganzen Text. Deshalb kann ich auch nicht auf Papier verzichten.
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Zum Schreiben habe ich gern 2B, etwas weicher als HB, der sich gut zum Notieren eignet. Wenn du viele Härtegrade kaufst, kriegst du vielleicht Lust zum Zeichnen.
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Da ich liebend gern zeichne und skizziere, habe ich eine ganze Schachtel voll mit den schönsten Bleistiften in den verschiedensten Härtegraden, mit den wunderbarsten Holzarten und von den verschiedensten Marken. Natürlich benutze ich sie auch – jeden Tag!
Ich liebe das Zeichnen und Schreiben damit..
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