Trithemius
Was muss ich da lesen, Frau Nettesheim!? Himmel hilf!
Frau Nettesheim
Warum diese Anrufung, Trithemius? Sie sind doch Atheist.
Trithemius
Eine fürchterliche Nachricht: Wolfgang Schwalm, der jüngere der Wildecker Herzbuben, ist unheilbar herzkrank. Und zu allem Überfluss leidet Wilfried Gliem, sein 73-jähriger Sangespartner, an Herzinsuffizienz.
Frau Nettesheim
Man hat es bei den schwer adipösen Männern erwarten können.
Trithemius
„Schwer adipöse Männer“ gelten doch bei Frauen Ihrer Nachkriegsgeneration als stattliche Mannsbilder, Frau Nettesheim, weil sie Wohlstand und Gemütlichkeit verkörpern.
Frau Nettesheim
Ich gebe Ihnen gleich „Nachkriegsgeneration. Sie unverschämter Rabulist stellen eine Behauptung auf und liefern gleich eine Begründung mit, so dass niemand an der Behauptung mehr zweifelt. Ihre eristischen Kniffe sind unterste Schublade.
Trithemius
Aber die Wildecker Herzbuben!
Frau Nettesheim
Sind Ihnen herzlich egal. Was haben Sie mit denen am Hut?
Trithemius
Wegen der sprachmagischen Komponente in der Erkrankung. Nennen sich „Herzbuben“, sangen das Lied „Herzilein“ und sind beide herzkrank.
Frau Nettesheim
Aber Trithemius! Wollen Sie mir die Zeit stehlen? Der Gedanke gibt doch nichts her.
Trithemius
Ich suchte nur nach einem unverfänglichen Thema. Denn eigentlich könnte ich reinhauen.
Frau Nettesheim
Wohin?
Trithemius
In unsere verkommene Medienlandschaft. Das staatstragende Geschwätz, derweil unsere demokratischen Grundrechte in Grund und Boden verordnet wurden, das Tuten und Blasen halbgarer Fakten und wie unser Mainstreamjournalismus die Virologen zu Medienstars aufgebaut hat. Am schlimmsten ist aber die faulige Darstellung der Realität. Nehmen Sie nur die Human-Interest-Storys, die uns die Vorabendmagazine wie „aktuelle Stunde“ (WDR), „Hallo Niedersachsen“ (NDR) und so weiter bieten. Weil man kaum noch ReporterInnen aussenden mag, nimmt man Familien aus dem eigenen Umfeld. Wir sehen, wie die gehobene Mittelschicht mit den Corona-Beschränkungen umgeht. Wie müssen sich Leute in einer engen Wohnung ohne Balkon und Garten verarscht vorkommen, wenn das Fernsehen ihnen Familien aus der weichgezeichneten Rama-Werbung vorführt, wie sie auf der besonnten Terrasse frühstücken, im Garten witzige Sportparcours aufgebaut haben, und es sich gut gehen lassen – mit dem einzigen Problem, nicht in den geplanten Urlaub fliegen zu können.
Frau Nettesheim
Ist die Luft jetzt raus? Denken Sie an die Herzbuben, Trithemius!
Trithemius
Nein! Erinnern Sie sich noch an den Milliardär Warren Buffett und seine Rede vom Klassenkampf der Superreichen? Es war nur die halbe Wahrheit. Die Corona-Krise entlarvt einen unterschwellig geführten Klassenkampf der Mittelschicht gegen das Prekariat. Die „fürsorglichen“ Einschränkungen zielen mit brutaler Härte auf die Ärmsten und Schwächsten.
Frau Nettesheim
Jetzt hat er es doch gesagt.
Genau, Grundrechte. Überhaupt erzählte meine Mutter vom einem weinenden alten Herren, der völlig zu Recht nicht verstand, warum er nicht die Sonntagsmesse besuchen durfte, während am Samstag im Baumarkt dem Heimwerkertum gehuldigt wurde… Aber in dem einen oder anderen Zeitungsartikel werden immerhin schon mal wieder Fragen gestellt. Das ist ja auch schon was.
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Danke für den Kurzbericht. Von den kleinen Alltagsdramen bekommt man ja meist nichts mit. Allein was Kindeswohlgefährdung durch Missbrauch anbelangt, ohne die Wahrnehmung von ErzieherInnen in Schule, Kindergarten und Kita geschieht das ganz im Verborgenen.
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Die Wildfetten Speckbuben.
Vermutlich sind sie nicht dick.
Sie haben nur schwere Knochen.
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Und tragen sie im Bauchladen.
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Gut dass du es gesagt hast!!
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Dankeschön. Leider ist es damit nicht behoben.
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Wie gut, dass Frau Nettesheim es doch noch aus dir herausgekitzelt hat. So was runter zu schlucken soll ja auch nicht gut fürs Herz sein.
Liebe Grüße und es muss ja auch gesagt werden. Nicht das mit den Herzbuben 😉
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Danke für dein positives Urteil, liebe Mitzi. Ja, es hat eine gewisse Entlastungsfunktion, das anzusprechen. Ich finde nach wie vor, dass man wie sonst auch in unserer Gesellschaft bei den Corona-Schutzmaßnahmen zu wenig auf die Situation der Armen Rücksicht genommen hat.
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Das stimmt, lieber Jules. Da sind ganz viele durch das Raster gefallen. Leider…wie immer. Was es aber nicht besser macht.
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In welcher Gesellschaft haben die Starken und die Reichen schon mal freiwillig was abgegeben? Und mit freiwillig meine ich nicht, dass sie aus Angst vor einer Revolution z. B. die Sozialversicherung eingeführt haben. Die aktuelle Krise zeigt doch nur, dass national wie international jeder blind für alles wird, was nicht dem eigenen Wohl dient.
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