Einiges über die Magie der gesprochenen Sprache

Einige der Kritkpunkte Platons an der Schrift (lies hier) scheinen durch das Internet widerlegt zu sein. So schwirrt ein Text nicht gänzlich vaterlos durch die Welt. Sein Autor kann ihn gegen Missbrauch, Fehlinterpretation und Veränderung verteidigen. Auch der Vorwurf, dass ein Text zu sprechen scheine, aber wenn man ihn frage, gebe er keine Antwort, stimmt so nicht mehr. Der Autor eines digitalen Textes ist in der Regel noch anwesend und kann zu seinen Aussagen befragt werden. Auch stehen beispielsweise Bloggerinnen und Blogger für ihre Texte ein. Sie verstecken sich zwar manchmal hinter einem Pseudonym, sind aber real existierende Personen. Hinzu kommt ein Vorzug der Blogtexte, an die vor Erfindung des Internets niemand hätte denken können: Die Schrift im Internet ermöglicht wechselseitige Kommunikation, was bislang nur dem Mündlichen vorbehalten war. Diese neuartige soziale Komponente der Schrift führt zu der Idee, dass die Menschen im Netz sich um digitale Herdfeuer versammeln, wie unsere Vorfahren sich ums Feuer versammelt haben, wenn die stockfinstere Nacht herabsank.

Um den Unterschied zwischen solchen Feuerstellen und dem digitalen Herdfeuer zu verstehen, ist es nötig, sich vorzustellen, was es in der Zeit der Mündlichkeit bedeutete, sich ums Feuer zu versammeln. Wo es keine Schrift gibt, ist einer der Ältesten die Bibliothek. Er bewahrt die Erfahrungen und das Wissen einer Kultur wie auch die geschichtlichen Ereignisse in seinem Gedächtnis. Diese Erinnerungen sind von einem Alten auf ihn gekommen, als er selbst noch jung war. Aber er speichert natürlich auch neue Ereignisse und Erfahrungen. Damit er alles besser behalten kann, wurden der Reim und das Lied erfunden. Bei den Germanen wie in vielen mündlichen Kulturen gab es einen alten Rechtsbrauch. Wenn ein neuer Grenzstein gesetzt wurde, nahm man einen Knaben mit und versetzte ihm an Ort und Stelle eine kräftige Ohrfeige, damit er sich immer an die Stelle erinnerte, wo der Grenzstein gesetzt worden war. Manchmal zog man ihn auch schmerzhaft am Ohr. Unser Wort Zeuge meint eigentlich das am Ohr ziehen.

Stellen wir uns so einen Bewahrer der Erinnerungen vor. Nennen wir ihn Gisli. Denn es ist wichtig, den Personen einen Namen zu geben. Alte Erzählungen, etwa die Sagen der Isländer, fangen beispielsweise so an: „Da war ein Mann, der hieß Gisli …“ Sofort tritt da jemand vor unserem geistigen Auge auf und es kann mit der Erzählung losgehen: Die Sonne sinkt. Gleich fällt uns die Nacht auf den Kopf!

Hast du einmal hingefühlt, wie sie ist, die Nacht? Ist sie nicht wie ein dunkles Wesen, rätselhaft und manchmal beunruhigend? Und ist sie nicht wunderbar, wenn wir uns sicher fühlen? Wenn man zum Beispiel geschützt im Bett liegt und hat einen lieben Menschen in der Nähe? Dann darf sie ruhig kommen, die Nacht. Dann darf sie dich umfangen und hinweg tragen in das Land der Träume. Angst und Geborgenheit, solche Gefühle stecken in dem kleinen Wort „Nacht“. Denn aus jedem unserer Wörter steigen die Gefühle vergangener Zeiten auf, wenn man sie genauer betrachtet. Alle nächtlichen Gefühle der Menschen von den Anfängen bis heute, die hat der kleine Laut „Nacht“ eingesammelt und in sich bewahrt. So ist es mit alten Wörtern.

Wenn Gisli einst seine Geschichten sang, dann war um ihre Hütten herum tiefe Nacht. Die Nacht war stark und mächtig. Sie legte sich auf die Welt nieder, drang in alles hinein und ließ die Welt für viele Stunden nicht mehr los. Der mächtige Wald ringsum lag in tiefer Finsternis und rückte bedrohlich nah an die Hütten der Menschen heran. Da war nirgends ein Licht. Die Nacht war eine unerbittliche Herrscherin. Man musste sie fürchten, man musste sie achten.

Gif-Animation: JvdL

In einer solchen Nacht saßen sie in einer Hütte beieinander. Das Feuer knisterte und warf den einzigen Lichtschimmer. Doch jeder spürte jeden. Ihre Gerüche und ihr leises Atmen, das einte sie in dieser dunklen Hütte und gab ihnen Sicherheit. Und dann begann Gisli zu singen. Er öffnete den Mund, und aus seiner Kehle stiegen langsam die vergangenen Jahrhunderte herauf. Gislis heiserer Gesang zog durch den Raum und zog in ihre Herzen. Gislis Gesang von vergangenen Zeiten war ein stetes Schwingen, und allmählich, doch dann immer stärker begannen sie alle in der Hütte mitzuschwingen. Ihre Kehlen formten Gislis Laute nach, wie wir es noch heute beim leisen Lesen tun. Ihre Kehlen formten das Echo, die uralte Echolalie. In Gislis Gesang, da wurden sie eins. Es war eine Stimme, die da sang: ihre Stimme. Und in ihren Stimmen waren die Stimmen all ihrer Vorväter. So war Gislis Gesang. So hatte er ihn vom Ältesten gelernt. Und der Älteste hatte ihn als kleiner Junge von seinem Ältesten gehört. Das war eine lange Reihe von Meistern und Lehrlingen, eine lange Folge von Sängern. Sie zieht sich tief hinab in die Jahrtausende und verliert sich im Dunkel der Zeit. Und ganz tief unten, in der Nacht der Menschheit, am Anfang dieser langen Reihe der Sänger, da kehren wir alle zurück zu den ersten Menschen, zurück ans Feuer der Uralten.

Man kann sich vorstellen, dass die Sprache für die Menschen ohne Schrift etwas Magisches bedeutete. Mit ihr ließen sich vergangene Zeiten heraufbeschwören, die Verbindung zu den Ahnen herstellen, aber vor allem das Gemeinschaftserlebnis stärken.

Das alles ändert sich mit dem Aufkommen der Schrift. Geschriebene Sprache ist in vielerlei Hinsicht unsinnlich. Die Alten werden ab jetzt nicht mehr geachtet. Weil es ja Bibliotheken und Nachschlagewerke gibt, werden sie nicht mehr gebraucht. Wir wollen die mündliche Kultur nicht idealisieren. Schrift hat auch viele Vorteile. Doch klar ist, dass sich die Sprache unter dem Einfluss der Schrift verändert hat. Und nicht nur das Verhältnis der Menschen zu ihrer Sprache verändert sich, auch ihr Denken und Fühlen ist anders. Die Schrift ermöglicht die Trennung von Mensch und seinem Wort, Kommunikation aus der Ferne, sprachlichen Austausch über Zeit und Raum. Dadurch vereinzelt der Mensch. In der Schriftkultur ist jeder Mensch in ein einsames Universum verbannt.

Wir benutzen Schrift nicht nur zum Austausch von Informationen. Manche von uns versuchen sich in Poesie und Literatur, was nichts anderes ist, als der Sprache ihre Magie wieder zu entlocken. Manche tauschen nur einfache Freundlichkeiten aus. Diese Äußerungen wirken auf Außenstehende banal, weil man den Informationsgehalt vermisst. Aber diese schriftlichen Freundlichkeiten haben einen ganz anderen Sinn. Sie sind Streicheleinheiten aus der Ferne.
All das bietet uns das digitale Herdfeuer. Es ist nicht fassbar, aber tut trotzdem gut.

    Wiederveröffentlichung vom Oktober 2015

EDIT:13.04.2020
Das digitale Herdfeuer ist wegen der Corona-Beschränkungen demokratischer Grundrechte aktueller und nötiger und denn je.

41 Kommentare zu “Einiges über die Magie der gesprochenen Sprache

  1. Ich finde auch immer interessant zu sehen, wie Du so ausprobierst, Dein Publikum zu erreichen ! Das meine ich jetzt nicht böse, aber manchmal schreibst Du, als ob Du nur für Dich erst einmal schreibst und dann für uns Sterbliche!
    Und hier im Blog bekommst Du die direkte Rückmeldung!
    Bei mir ist es im Grunde ähnlich, ich weiss jetzt schon, dass es Themen in den nächsten Wochen geben wird, die „meine“ Mütter eher mässig interessant finden. Sie sind mir aber wichtig, wie auch die heutige Jobausschreibung! Würde ich für eine hohe Anzahl von „gefällt mir“ schreiben, müsste ich andere Themen wählen. Ich hadere eh mit mir, ob ich das länger mache !

    Gefällt 2 Personen

    • Interessant, dass du das so erlebst. Als Lehrer habe ich gelernt, dass man die Menschen mitnehmen muss. Das geht am leichtesten, wenn zu spüren ist, das einen ein Thema begeistert. Mein Leben lang hat mich alles begeistert, was mit Sprache und Schrift zu tun hat, und das versuche ich über dieses geniale Medium Blog zu transportieren. Dabei will ich natürlich auch mein Vergnügen haben, mich erfreuen an Gifs und all den Spielereien, die das Medium ermöglicht, und trotzdem den Kontakt zu anderen Bloggern zu halten. Es ist ja hier ein Geben und Nehmen. Man inspiriert und lässt sich inspirieren.
      Mich hat von Anfang an fasziniert, dass du dich thematisch so eingeschränkt hast. Unter deinen lesenden Müttern fühle ich manchmal deplatziert, aber genieße es, in der mir mit den Jahren fremd gewordenen Welt unterwegs zu sein, die du in deinem Blog wieder aufleben lässt.

      Gefällt 3 Personen

      • Meinen erfolgreichsten Beitrag hast Du, glaube ich, nie gelesen! Ich habe jede Menge emails bekommen, ich war völlig geplättet von den Reaktionen der mir „fremden“Erwachsenen, die sich plötzlich verstanden fühlten!

        Mein Konzept war nie auf Dauer angelegt. Ich wollte das Medium Blog kennenlernen, aber ich bin eher das Gegenteil eines Selbstdarstellers, darum das neutrale Thema. Und du bist nicht die einzige Nicht-Mutter. 😉
        Und ich wollte mein Deutsch wieder verbessern. Die Satzstellung ist aber meist immer noch eigenartig 😉

        Gefällt 2 Personen

      • Kollege Lu Finbar taucht ja auch immer wieder bei dir auf. Ihn kenne icfh schon seit gut fünf Jahren, damals noch bei Blog.de. Dort war der Kreis meiner Blogfreundinnen und -freunde so lebendig, wie ich es lange Zeit danach vermisst habe. Hier bei WordPress fühle ich mich schon recht wohl, aber ich muss mich langsam vortasten, bevor ich noch mehr Tänzchen „auf der Metaebene“ wagen kann.
        Gibt es dein „erfolgreichstes Blog“ noch? Es muss wunderbar sein, sich von dir verstanden zu fühlen 😉

        Gefällt 1 Person

      • Anglizismen in deinem Satzbau sind mir bislang nicht aufgefallen, liebe Ann. Ich achte aber auch nicht auf sowas. Jacob Grimm, der Ahnvaters der modernen Germanistik, hat in der Vorrede zur „Deutschen Grammatik“ den befreienden Satz geschrieben: “Jeder Deutsche, der sein Deutsch schlecht und recht weiß, d. h. ungelehret, darf sich (…) eine selbsteigene, lebendige Grammatik nennen und kühnlich alle Sprachmeisterregeln fahren lassen.“

        Gefällt 1 Person

  2. also für mich kannst Du gern non stop weitertanzen….ich denke, es gibt hier sehr viele, die dein Schreiben zu schätzen wissen! Vielleicht haben Dich noch nicht alle gefunden….
    Lu ist jemand sehr Besonderes. Ich schätze ihn sehr. Mich hatte immer etwas in der Mathematik beschäftigt, sein Enzensberger Essay hat mich endlich beruhigt! Seine Poesie, Musikgeschmack, seine Offenheit, sein Interesse an Japan, USA…..einfach ein sehr interessanter weltoffener Mensch.
    https://kinderunlimited.wordpress.com/2015/07/17/leben-in-einer-welt-in-der-immer-nur-geredet-wird/
    Lu mochte diesen Beitrag, so wie mich erinnere, nicht besonders, weil er nur an Mischformen glaubt! Sag Du bitte mir mal Deine ehrliche Meinung, so aus Lehrersicht!

    B

    Gefällt 2 Personen

  3. Lieber Jules,
    ich finde es auch immer wieder faszinierend, wie unterschiedlich Sprache und Schrift in ihrer Wirkung doch sind. Das geschriebene Wort wirkt in jedem anders, je nach Coleur des Kopfkinos – und es ist spannend (manchmal auch frustrierend) das zu beobachten. Du hast das hier so wunderbar beschrieben und mich mit der Erklärung des Wortes Zeuge nicht nur etwas Neues lernen lassen sondern mir auch ein Lachen entlockt (eben mein Kopfkino). Dankeschön

    Gefällt 2 Personen

    • Liebe lunarterminiert,

      welches Bild jemand beim Lesen oder Hören eines Wortes in seinem Kopf hat, wissen wir nicht. Im persönlichen Austausch können wir die Wirkung von Sprache an den Reaktionen, der Mimik und Gestik ablesen. Im Blog wird uns eine bislang unbekannte Vertrautheit simuliert, die uns allenfalls ahnen lässt, wie Worte wirken. Ich musste erst lernen, mit dieser neuen Form zu schreiben umzugehen, beispielsweise das literarische Du vorsichtig einzusetzen. Leser im Blog so anzusprechen, das wirkt auf sie wesentlich stärker ein als im gedruckten Text. Vor ziemlich genau zehn Jahren habe ich ein Experiment im Blog gemacht, eine interaktive Lesenacht. Mir war nicht klar, was ich da tue, bis mich ein Kommentar von einer Frau aus Wien erreichte: „Mir war kalt, ich war allein und verwirrt.“ Hier nachzulesen:
      http://trithemius.de/2006/11/13/mir_war_kalt_ich_war_allein_und_verwirrt1325052/
      Freut mich, wenn die heutige Kopfreise für dich angenehm war. Ein Lächeln ist der schönste Lohn für mich. Vielen Dank.

      Gefällt 2 Personen

      • Lieber Jules,
        die Wienerin schau ich mir gleich nach Tee und Kommi an. Ich meine zu erahnen, dass Du Dich verantwortlich fühlst, für das, was beim Leser ankommt…
        Lass es an meinem jugendlichen Leichtsinn 😉 liegen, ich möchte mir darüber keine Gedanken machen. Nicht nur, weil ich auch im RL sehr schnell Vertrautheit (nicht nur aber auch) durch das sofortige Du erreiche, sondern, weil ich nicht in anderen „drinstecke“. Jedes Kopfkino ist anders gefärbt durch Denkansichten, Erziehung, Moralvorstellungen oder durch Erkrankungen. Hört sich grad so an, als wenn ich mich gut abgrenzen könnte – ähm, ich mag das durch den Blog üben 😀
        Und ich glaube, dass Du mich noch einige Male zum Lächeln bringen wirst. Liebe Grüße

        Gefällt 2 Personen

  4. Großartiges Gif!
    Als ich an meine Lagerfeuererlebnisse dachte, fiel mir auf, daß da nie ein lautes Wort gefallen ist. Wenn ich mit Freunden in der Kneipe war, ging es manchmal hoch her; wenn die Debatten vom Bier hochgepuscht werden, da wird es dann auch mal laut und hitzig (hast Du ja neulich auch erzählt). Am Lagerfeuer ist das nie passiert. Ob wir die frühere Feierlichkeit der Weitergabe der Traditionen am Lagerfeuer im kollektiven Gedächtnis haben und deswegen kein Bedürfnis verspüren, die Harmonie durch laute Töne zu stören?
    Seit meine Freunde nicht mehr auf dem Land wohnen, sondern in Berlin, habe ich kein Lagerfeuer mehr erlebt, schade eigentlich. Ein Grill ist leider überhaupt kein Ersatz.

    Gefällt 2 Personen

    • Man redet gemeinhin von Lagerfeuerromantik. Um ein Feuer zu sitzen, ist ein besonderes Erlebnis. Ich habe als Jugendlicher immer den mit der Gitarre beneidet (oder die mit Gitarre angehimmelt) Nach deinem Kommentar verstehe ich besser warum. Sie sind die Nachfahren jener Sänger. Ich wollte wie sie gerne die Herzen der anderen erschließen, dieses Gemeinschaftserlebnis hervorrufen, von dem du berichtet hast. Ein wenig entschädigt das digitale Herdfeuer für den Verlust der Magie. Ich bin froh, dass ich mich und meine Schilderungen durch ein bewegtes Bild wie das von dir gelobte Feuer (dankeschön fürs große Lob) unterstützen kann. Es ist eine besondere Qualität, die der digitale Blogtext dem gedruckten Text voraus hat. Und von den Kommentierenden hier hat man das Gefühl, sie hätten alle mit am Feuer gesesssen. Das hat einen völlig neuen magischen und sozialen Gehalt.
      Ein Grill lässt mich schaudernd an blöde Werbeclips im TV denken.

      Like

      • Der Trick beim Gif ist, das jede Phase aus zwei BIldern besteht, einmal dem Vollbild und einmal dem mit der nächste Phase überlagerten Bild, wozu ich die Transparenz der Ebene auf 50% gestellt habe.

        Like

    • Eine prima Idee! Wir sollten die unbedingt weiter verfolgen! Ich habe schon ein ähnliches Bloggertreffen erlebt, in einer alten Mühle in einem Ort namens Mücheln.
      „Nachdenklich“ ist ein sehr gut passendes Wort. Die von dir genannte Musik ist ja sehr poetisch und trägt dazu bei, diese einvernehmliche Stimmung zu erzeugen, von der Videbitis oben spricht.

      Like

  5. Einen wunderbaren Text finde ich hier u. dank Finbar habe ich ihn entdeckt. Ich bin im Entdecken nicht so gut u. manchmal brauche ich einen kleinen Schubs. Hier hat mich der Schubs zu einem schon sinnlichen Text über die Magie der Sprache geführt.
    Ein Satz gefiel mir so gut, daß ich ihn hierher mitgenommen habe
    *Wo es keine Schrift gibt, ist einer der Ältesten die Bibliothek* Ich höre Gisli singen und ich höre, wie seine Worte fließen und in der Mitte als einzige leuchtende Quelle das Herdfeuer…
    Was für gute Gedanken gibst Du hier an uns weiter.
    Die Gemeinschaft der Menschen, die noch ohne Schrift lebten, war dicht und intensiv und die Alten waren in ihrer Mitte aufgehoben und hatten ihre Aufgaben. Oh ja.
    Und die Gemeinschaft der Menschen, die noch zögerlich schrieben und kein Internet kannten, war auch noch dichter und intensiver als unsere heutige und darin waren Kinder und Alte aufgehoben und hatten ihren Platz.
    Die Magie der Sprache. Ein Schatz, unentbehrlich und kostbar.

    Gefällt 3 Personen

    • Dann bin ich dem Kollegen Finbar wohl zum Dank verpflichtet. Im großen weiten Internet gefunden zu werden, ist schließlich Glückssache. „Mit jedem Greis, der in Afrika stirbt, verbrennt eine Bibliothek.“ – hat der malische Schriftsteller und Ethnologe Amadou Hampâté Bâ (1900/1901-1991)
      im Jahr 1960 in einer Rede vor der UNESCO gesagt, eingedenk der Tatsache, dass es in Afrika noch viele orale Kulturen gibt. Es gehört zur Weitsicht einer menschlichen Bibliothek, beizeiten einen Nachfolger einzuweisen, damit sein Tod eben nicht so dramatisch ist, wie Hampâté Bâ sagt. Mündliche Traditionen haben sich auch bei uns noch lange erhalten, namentlich auf den Dörfern bis ins 19. Jahrhundert. Aber das Denken der Aufklärung und mithin die Befreiung von Aberglauben und die Trennung von Wissenschaft und Religion sind nur durch die Schrift über uns gekommen. Jedes neue Medium verursacht einen geistesgeschichtlichen Umbruch, fügt den menschlichen Kulturen etwas Neues hinzu und nimmt ihnen von dem Alten. Das will ich gar nicht werten, weil es ein natürlicher Entwicklungsprozess ist, der vergleichbar der Sprachentwicklung erst endet, wenn eine Kultur stirbt. Wichtig ist eben sich bewusst zu machen, was geschieht, damit sich vielleicht etwas Gutes in eine neue Entwicklung hinüberretten lässt. Wir beobachten einen solchen Veränderungsprozess gerade beim Bedeutungsverlust der Handschrift und ganz stark beim veränderten Kommunikationsverhalten durch das Internet. Ich bin ehrlich gesagt glücklich, einen solchen Umbruch nicht nur zu erleben, sondern auch noch mitgestalten zu können und zu erleben, wie die „Gemeinschaft der Menschen“ darauf reagiert und neue kostbare Werte schafft. Vielen Dank für das freundliche Lob und willkommen am digitalen Herdfeuer des Teestübchens!

      Gefällt 3 Personen

  6. „Der Trick beim Gif ist, das jede Phase aus zwei BIldern besteht, einmal dem Vollbild und einmal dem mit der nächste Phase überlagerten Bild, wozu ich die Transparenz der Ebene auf 50% gestellt habe.“

    Vielleicht ist das der Grund dafür, daß es aussieht wie eine Filmsequenz. Wieviele Sequenzen hast Du aneinandergereiht und wie lang ist jede einzelne?

    PS: Ich konnte nicht direkt antworten, deswegen habe ich Deinen Text nochmal vorangestellt. WP ist standardmäßig so eingestellt, daß bis zu drei Kommentare in einem Dialog zugelassen sind. Willst Du das ändern, mußt Du folgendes machen: WP Admin, Einstellungen (ganz unten), Diskussionen anklicken, dann im zweiten Absatz „verschachtelte Kommentar in … Ebenen anordnen“ den Wert einfach auf 10 setzen.

    Gefällt 1 Person

    • Es sind 14 Bilder, also 7 Phasen,Verzögerung 0,1 Sekunden. Man muss dann auch noch das letzte mit dem ersten Bild so vereinen, wie oben beschrieben, um keinen Bruch in der Bewegungsfolge zu haben. Danke für den Hinweis. Werde gleich einstellen, wie du vorgeschlagen hast.

      Like

      • Ich hab’s mir extra aufgemalt: Wenn man Bild a mit Bild b kombiniert, Bild b mit Bild c usw., das letzt Bild dann mit dem ersten, kommen genau so viele Phasen wie Bilder dabei heraus, in diesem Fall also 14. Wo ist da mein Denkfehler?

        Like

        • Du hast sieben Bilder (a). Dupliziere jedes Bild zweimal. Dann hast du 21 Ebenen, je a, b, c. Der jeweiligen Ebene c gibst du 50 % Transparenz und verbindest sie mit der darunterliegende Ebene b zu Bild b. Die Bilder a und b sind die 14 Phasen. Ihnen liegen aber nur 7 Bilder zugrunde. Du hast schon richtig gedacht. Ich habe mich zuvor ungenau ausgedrückt.

          Like

  7. Pingback: Trommeln

  8. Ich habe es sehr genossen, an diesem digitalen Herdfeuer zu sitzen und lieben Stimmen zu lauschen, die im Echoraum des internet nachklingen und nun auch in mir Echos erzeugen, die ich in ganz und gar abgeschwächter Form weitertragen kann – wie wir Kinder die „Stille Post“ spielten und wir einen Heidenspaß dabei hatten, nicht nur, dass jemand dir ins Ohr blies und du weiterflüstertest, was du gehört hattest und so Teil dieser Postkette sein durftest, sondern auch, weil wir vergleichen konnten, was ins erste Ohr geflüstert worden war und aus dem letzten Mund herauskam. Diese Verwandlung! Lachsalven! Ja, so verstanden wir, ist das: du sagst etwas, aber am Ende kommt dir zu Ohren, was daraus geworden ist, und du bist echt verblüfft.
    Herzlichen Dank, Jules, für den Verweis auf diesen frühen Eintrag, der so anschaulich macht, was wir seit Erfindung der Schrift bis zum heutigen internet verloren und gewonnen haben. Das Herdfeuer mit Erzähler, antwortenden Stimmen, gemeinsamem Tönen kann freilich nichts und niemand ersetzen. Kein Wunder, dass dich die Rührung überkommt beim bloßen Gedanken. Im Griechischen war das Herdfeuer eine Göttin des Olymp: Estia. (Hestia), heute nur noch als abstrakter Fokus gekannt.

    Gefällt 2 Personen

  9. Pingback: Geselligkeit zu Mariä Lichtmess (mit Dora) | GERDA KAZAKOU

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..