Liebe Gäste lasse ich das Filmdöschen hochheben, das die Asche eines Freundes enthält, um zu spüren, wie schwer menschliche Asche ist. Die aparte Frau, die neuerdings in mein Leben getreten ist, hat sogar die Kappe gelüftet und hineingeschaut. Wieso ich etwas von der Asche des Freundes aufbewahre, der in meinem literarischen Kosmos Jeremias Coster ist, der dubiose Professor für Pataphysik an der RWTH Aachen, ist rasch erzählt. Am Bluemonday des Jahres 2014 hat sich der Mann mit einer von seinem Vater ererbten Pistole erschossen.
Sein Leichnam wurde in den Niederlanden eingeäschert. Veranlasst hatte das ein holländischer Freund, der Gefäßchirurg Emile P. In den Niederlanden, können nahe Freunde oder Angehörige die Urne mit der Asche an sich nehmen. Am 28. Mai 2014 versammelten zwölf enge Freundinnen und Freunde sich bei Emile, um die Asche auf Hollands höchstem Berg, dem Drielandenpunt, zu verstreuen.
Bevor wir auf den Berg pilgerten und uns eine junge Eiche aussuchten, um Thomas rings um den Stamm zu verstreuen, vorher also bot Emile uns an, etwas von der Asche in Filmdöschen abzufüllen. In solchen Plastikdöschen wird analoger Negativfilm gehandelt. Dass sich nun ein Aufkleber einer Aachener Weinhandlung darauf befindet, passt zu Thomas, der ein Sinnenfreund gewesen ist und gerne einen gehoben hat. Das kniende Engelchen habe ich auf einer Fensterbank ausgesetzt in Hannover-Linden gefunden. Jetzt kniet es besser. Wer die Aufbewahrung im Plastikdöschen pietätlos findet, dem sei diese urbane Sage aus Rolf Wilhelm Brednich: Die Spinne in der Yuccapalme gewidmet:
Humor hatte der Verstorbene, das sieht man jetzt noch.
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Ich weiß zwar nicht, woran du das abgelesen hast, aber es stimmt.
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Wann werdet ihr beide mir wohl das Schütteln verziehen haben… ? 😱
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Verziehen ist das längst. Vom Schütteln steht hier ja nichts, liebe Anna, allerdings im verlinkten Text, https://trittenheim.wordpress.com/2019/03/05/entmaterialisierung-der-dinge/
wo es seit März 2019 dokumentiert ist. Hineingeschaut hat Susanne, die du vor Wochen auch kennengelernt hast.
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Eben, die Verlinkung i. V. m. dem dort ausgebreiteten Schüttelschmerz meinte ich. Vielleicht muss ich mal direkt an Coster schreiben um mich zu entschuldigen.
Bezüglich der Gästin wollte ich dir den Grad der Enthüllung überlassen. Was wohl deine Nachbarn jetzt von dir denken, bei so viel Frauenbesuch?! 😉
Schönen Tag dir!
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Glücklicher Weise ist die soziale Kontrolle in meiner Hausgemeinschaft gering. Derzeit sind viele Nachbarn weg, so dass ich mich schon vereinsamt fühlte. Costers „Phantomschmerz“ müsste längst vergangen sein, obwohl alles aktuell erscheint, wenn man nachliest.
Schönen Tag dir!
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Die Dose ist eine schöne Idee, wir hatten vor wenigen Tagen noch über die Dose und das Dösen geschrieben, Mit etwas gutem Willen ist die ewige Ruhe doch auch nur ein erweitertes Dösen in der Dose. Das Andenken Costers pflegst du über deine Beiträge und so hat er ein, ja, wie nennt man so was, ein virtuelles Denkmal mit unregelmäßigen Updates.
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Erweitertes Dösen in der Dose“ würde Coster gefallen. Schon witzig, dass er in unserer virtuellen Welt einfach dazustoßen kann .Nach seinem plötzlichen Tod, dachte ich, dass auch die literarische Figur jetzt sterben müsste, bis ich merkte, dass dafür keine Notwendigkeit besteht. Allerdings gibt es bereits einen Nachfolger für Coster im Institut für Pataphysik.
Wenn du mal schauen magst …
https://trittenheim.wordpress.com/2018/09/03/fragment-7-das-institut-rutscht-und-kullert/
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Wem, der sie kennt, möchte bei Ihrem Bericht über die Verstreuung von Herrn Costers’ Asche auf Hollands höchstem Berg wohl nicht sogleich die Szene aus “The Big Lebowski“ in den Sinn kommen:
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Herrlich! Vielen Dank!
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Ich finde ein Filmdöschen allemal besser als etwas das zu sehr an Urne erinnert. Ausserdem ist es wohl egal. Der Inhalt und mehr noch die Erinnerung zählt.
Liebe Grüße
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Du sagst es, liebe Mitzi. Immerhin bleibt mir Coster so in Erinnerung und ich kann ihn immer mal wieder aufleben lassen.
Lieben Gruß aus dem sonnigen Hannover!
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