Frau Nettesheim
Ich vermisse Feingefühl, Trithemius.
Trithemius
Haben Sie es verlegt oder irgendwo verloren, Frau Nettesheim?
Frau Nettesheim
Nein, ich meinte Sie mit Ihrem gestrigen Trughaltestellentext. Als wäre alles nicht schon schwer genug, nutzen Sie den heiteren Aprilbrauch und quälen die Leute mit Problemen. Könnten Sie nicht einfach gute Laune verbreiten?
Trithemius
Soviel gute Laune habe ich grad auch nicht. Wenn ich die verbreite, kommen beim einzelnen nur homöopathische Dosen an.
Frau Nettesheim
Das wär’s doch schon, eine Dose gute Laune für jeden.
Trithemius
Hehe, Sternstunde des Wortspiels. Wussten Sie, Frau Nettesheim, dass Dosen in der DDR Büchsen hießen? Das Germanistische Institut der Universität Halle unterhielt in den 1990-er Jahren einen Deutsch-Deutschen Übersetzerdienst, der für gängige ostdeutsche Wörter die in Westdeutschland gebräuchlichen Synonyme anbot. Da konnte der irritierte Ostdeutsche anrufen und erfuhr, dass die Kaufhalle jetzt Supermarkt heißt und Bier nicht aus der Büchse getrunken wird, sondern aus der Dose.
Frau Nettesheim
Vielleicht schmeckt Bier aus der Dose einfach besser als aus der Büchse?
Trithemius
Das ist doch Quatsch. Wenn man den Leuten die Büchsen wegnimmt und stattdessen Dosen in die Hand drückt, dann ist das sprachlicher Imperialismus.
Frau Nettesheim
„Sprachlicher Imperialismus?“ Haben Sie es auch eine Nummer kleiner? Immerzu verpassen Sie den Phänomenen solche sich selbst beweisenden Begriffe.
Trithemius
Ich kann nicht anders. Wenn ich ahne, dass etwas nicht richtig ist, finde ich einen Begriff dafür und gebe meiner Ahnung Gestalt. Der Mensch braucht klare Sicht. Und im Fall Büchse-Dose zeigt sich ein altes Muster. Immerzu zwingen die Eroberer den Unterlegenen ihre Begriffe auf.
Frau Nettesheim
Sagten Sie nicht, der Deutsch-Deutsche Übersetzerdienst saß in Halle, also im Osten?
Trithemius
So kaschiert sich sprachlicher Imperialismus besonders hinterhältig, indem die eigenen Leute ihn vorantreiben. Sie und ich, wir als Binnenmigranten wissen, dass Sprache ein Stück Heimat ist. Den Leuten die Büchsen wegzunehmen und sie in Dosen umzutauschen, ist Vertreibung aus der sprachlichen Heimat.
Frau Nettesheim
Dosen sind sowieso umweltschädlich. Nicht umsonst gibt es ein Dosenpfand.
Trithemius
So ist sie halt, unsere Frau Nettesheim. Wenn sie argumentativ nicht mehr weiterkommt, macht Sie eine neue Büchse auf.
Wunderbar, das tuppere ich mir für noch schlechtere Zeiten ein 😉
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Klasse, da hast du ein weiteres Beispiel für sprachlichen Imperialismus benannt. Vielen Dank! 🙂
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Eine Tupperparty mit Frau Nettesheim stell ich mir gerade richtig spannend vor!
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So so, dann heisst das jetzt die Dose 🥫 der Pandora
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Mal die hier fragen: https://www.germanistik.uni-halle.de/
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natürlich ist das sprachimperialismus, aber … gehen sie mal in schwaben zum bäcker und verlangen ein brötchen. oder im bayrischen einen wecken. noch schlimmer ist es, sich zu verabreden. die doofen südwessis verstehen „viertel zwei“ nicht; sie kommen dann regelmäßig viertel NACH zwei. obwohl sie dreiviertel zwei verstehen. warum erschließt sich ihnen die logik des viertels einer begonnenen stunde nicht, wenn sie das dreiviertel verstehen?
ich finde, die intelligenteren sind immer verpflichtet, sich denen, denen es an verständnis gebricht, anzupassen. und plötzlich wandelt sich der imperialismus zur großmut des vereinnahmten.
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Klar gibt es sprachliche Varianten je nach Region. Doch es wird nicht erwartet, dass eine Region die Weise zu sprechen der anderen übernimmt, anders die DDR-Bürgerinnen und Bürger, denen wurde die Anpassung nahegelegt. Leider ist die Reaktion auf derlei Anpassungsdruck nicht immer großmütige Akzeptanz, sondern zeigt sich oft als Frustration und Minderwertigkeitsgefühl.
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Büchsen und Dosen, wie man sieht,
besitzen einen Unterschied:
Mit Büchsen wird auf Dosen
gelegentlich geschossen.
Indessen hat man umgekehrt
vom Gegenteil noch nie gehört.
(Auch zeigt sich im Diminutiv
der Unterschied sehr effektiv:
Man nennt der Maidlein Möslein
gelegentlich auch “Döslein“.
Von “Büchslein“ steht indessen
nirgendwo was zu lesen ; )
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Wohl doch.
Denn „Büchslein“ ist die Hose.
Nur der des Maidleins Döschen sieht,
wenns Maidlein ´s „Büchslein“ aus sich zieht.
HUCH! merk ich grade nebenbei:
der Reim hier ist nicht jugendfrei!
🙂
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@ noemix
Der Ethnologe wendet ein,
So kann das nicht richtig sein
Denn namentlich in Östereich,
da bleibt sich Dos‘ und Büchse gleich.
Kommt dort ein Mädchen auf die Welt,
Wird sein Erzeuger bloßgestellt.
Da bringt ein Schild so manchen Lacher:
„Hurra, hier wohnt ein Büchsenmacher!“
https://www.vice.com/de_at/article/53vkmb/am-land-werden-vater-immer-noch-gedisst-wenn-sie-tochter-bekommen
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Ich kenne den westmittelbairischen Ausdruck “Bixn“ (= Büchse) für ein lebhaftes, quirliges, oder auch schnippisches, widerspenstiges Mädchen durchaus ohne sexuelle oder sexistische Konnotation, welcher auch von Eltern (Väter wie Mütter) für ihre Töchter keineswegs pejorativ gebraucht wird. Die Assoziation mit dem Schießgewehr liegt hier wesentlich näher. Vermutlich handelt es sich um eine irrtümliche Gleichsetzung des Ausdrucks mit dem ebenfalls gebräuchlichen Pejorativ “Buchse“ (mdal. “Buxn“) für das weibliche Genital.
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Tja, lieber Jules,
so schnell kann ein kleiner Kaffeeplausch mit Frau Nettesheim
in die Hose gehen!
Liebe Grüße!
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So kanns gehen, lieber Lo. Hauptsache, Frau Nettesheim schiebts nicht mir in die Schuhe. 😉
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Büchse, Buchse, Döse und Hose, ich verliere den Durcblick. Max Frisch und die Dosen aus Andora könnte ich noch anbieten.
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Dose, nicht Döse.
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Was hast du gegen Dösen, lieber Manfred? Dösen ist doch prima, eine meiner Lieblingsbeschäftigungen.
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Ist ja auch ein Kreativitätsbeschleuniger.
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Stell dir vor, man würde sagen: Die Dose der Pandora … eigentlich undenkbar
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