Der Alptraum des Volontärs (ein Manuskriptfund)

Fünf Wörter las ich in dem Buch, da schlief ich ein und erwachte in der verderbten Welt der falschen Gottkönigin, der fetten Bischöfe und einem ächzenden, unwissenden Volk. Ich sah in den gewaltigen Dom hinein, sah das ungeheurere Chorgestühl, das trotz seiner Größe schier überquoll von dickwanstigen Bischöfen. Diener hielten ihnen ihre Laden voll heiliger Bücher mit Goldschnitt. Da war die Kanzel, ein monströser Schwan, und unter ihm das elende Volk, das gekommen war, die Königin anzubeten. Ein irres Warten und Bangen erfasste auch mich, denn niemand wusste, wann sie kommen würde, in der Hand das flammende, richtende Schwert. Ich ging zurück in meine Kammer am Ende des Gangs, durch den sie hereinschlüpfen würde in den Dom. Dort klebte ich mein Schwert an die Wand.

Ich würde ihr schutzlos entgegen treten, doch wenn sie ihres triumphierend erheben würde, mich mit einem Streich niederzustrecken, dann würde ich mein schwarzes Schwert von der Wand reißen und ihres parieren. So geschah es. Unter der Wucht meines Schlags zerbarst das ihre und die großmächtige Gottkönigin fiel zu Boden. Sie war nur ein fetter Eunuch. Ich hatte mein Schwert verloren, doch nahebei lag ein Hammer. Den nahm ich und zerschlug ihr Herz, schlug so oft auf ihre weiße Hemdbrust, bis schwarzes Blut hervorquoll und sich in kleinen Fontänen auf ihrem Linnen ergoss.

Dann ging ich in den Dom, worin große Verwirrung herrschte. Ich erklomm das Chorgestühl und trat den Erzbischof nieder, trat ihm den Dorn meines eisenbewehrten Fußes in die Rippen, zertrat seine Bücherlade, zertrampelte nebenbei den Goldschnitt. Den Schwan stieß ich hinab unters Volk, wo er so manchen Elenden zermalmte, aber da war keiner unschuldig unter den Verderbten. Eine Tür sprang auf seitlich des Schwans und heraus purzelte ein Mohr. Er war es, der dem predigenden Pfaffen die Stimme gegeben hatte, der abgelesen hatte aus den Büchern, was der Pfaff an heiligen Worten scheinbar auswendig vorgetragen hatte, die Begründung der Herrschaft über das elende Volk.

Die Königin aber war nicht tot gewesen, schritt bald wieder herum und verbreitete ihre Irrlehren erneut. Ich aber verließ diese Welt. Sie war nicht zu retten.

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