Eine Freundin war zu Besuch, meine Freundin, wie ich dachte. Am Abend gingen wir aus. In der Stadt wurde gefeiert. Auf dem Marktplatz waren Tischreihen mit langen Bänken aufgestellt. Ich sah Herrn Kaspar mit Gattin auf einer Bank Platz nehmen. Herr Kaspar grüßte huldvoll, als er mich sah. Er winkte uns nicht heran, aber vermutlich erwartete er, dass wir uns zu ihnen setzten. Mir schien das verdrießlich, aber ich wagte nicht, Herrn Kaspar zu enttäuschen, bugsierte die Freundin in die Bank und stellt sie vor.
Es dauerte nicht lange, da wurde die Tischreihe vor uns von zwei Bischöfen besetzt, die als Matrosen verkleidet waren. Sie wandten dem Markt den Rücken zu, so dass sie zu uns herüberschauen konnten. Natürlich fand die Freundin die Gesellschaft von Herrn Kaspar und Gemahlin langweilig. Sie nutzte einen Augenblick meiner Unaufmerksamkeit und wechselte zu den Bischöfen hinüber. Wie das flatterhafte Weib das angestellt hatte, ohne sich an mir vorbei zu zwängen, war mir ein Rätsel. Ich rückte zu Herrn und Frau Kaspar auf und musste mit ansehen, wie die Bischöfe, ihre Matrosenverkleidung ausnutzend, sich gegenüber der Freundin allerlei lose Gesten und Reden erlaubten. Es schien ihr zu gefallen, denn sie lachte aufreizend und amüsierte sich prächtig. Das vor meine Augen zu veranstalten, fand ich nicht nett. Warum musste sie mich so brüskieren? Ohne es zu wollen, beobachtete ich das enthemmte Juckjacken. In mir keimte Eifersucht. Anders als seine Gattin, die dem Geschehen den Rücken zuwandte, konnte auch Herr Kaspar alles mitansehen. Er sagte missbilligend: „Dass Sie aber auch immer so lose Frauenzimmer anschleppen müssen. Wieder eine Schauspielerin?“
„Nein, sie steht gemeinhin auf dem Rummel in der Schießbude und lädt die Gewehre“, sagte ich nicht ohne Stolz, denn sie war augenscheinlich die Schönste von allen.
Es kam der Moment ihrer Abreise. Ihr Zug würde bald fahren, und sie musste noch in meine Wohnung, um ihren Koffer zu holen. Ich blieb stur neben Herrn Kaspar sitzen. Sollte sie alleine gehen. Ich musste ja nicht wegfahren. Erst spät fiel mir ein, dass sie mir ihren Schlüssel zurückgegeben hatte. Wohl oder übel musste ich ihr folgen. Zu Herrn Kaspar sagte ich: „Sollte ich die junge Frau verpassen und sie zurückkommen, sagen Sie ihr bitte, sie möge hier bei ihnen warten. Ich komme wieder.“ Als ich ging, feixten die Bischöfe. Die sollten sich was schämen.
Juckjacken. Ein neues Wort für mich, lieber Jules.
Geht die Geschichte weiter?
Liebe Grüße!
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Mir wollte kein anderes Wort einfallen, lieber Lo, als das für „Spaß treiben“ aus meiner rheinischen Heimat. Weils eine Kurzgeschichte ist, bleibt das Ende offen.
Lieben Gruß!
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Hauptsache er fährt nicht mit dem roten Papier-Fahrrad hinter ihr her! (ich weiß, ich nerve damit. 😉)
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Das Medium Blog verführt zur Kurzatmigkeit. Längere Texte bleiben leider Fragment, so auch die Geschichte vom roten Rennrad aus Papier.
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Was ich wirklich bedauere: dass ich vieles nicht nochmal nachlesen kann was ich in Blogs gelesen habe, auch wenn es mir erst sehr viel später wieder einfällt. Bei Büchern habe ich das wortwörtlich in der Hand.
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Hab gerade das Layout eines neuen Manuskripts mit den besten Texten aus dem Teestübchen fertig und hoffe, dass das Buch in drei vier Wochen erscheint.
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Juhuuuu! 🙂 als hätte ich es geahnt 😉
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Nach deinem Hinweis fiel mir auf, dass die von dir angesprochene Geschichte nicht dabei ist. Ich füge sie ein, bedauere aber selbst, dass sie noch Fragment ist. Vielleicht hänge ich im Buch noch eine Folge an.
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Noch mehr juhuuuu! 😉
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🙂
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Wölfe im Schafspelz sind mir ein Begriff aber Bischöfe im Matrosenverkleidung waren mir bislang fremd. Danke für das schöne Bild.
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Ich gestehe, das Bild ist mir im Traum zugeflogen. Danke für deinen Kommentar.
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