Als mein mittlerer Sohn zum Osterbesuch eintraf, trug er in der Hand einen kleinen Blumentopf, darin ein Pflänzchen. Es ist eine Chilipflanze, von denen er einige angezüchtet hat und nach deren Gedeihen ich mich bei unseren Telefongesprächen immer erkundigt hatte. Nun freue ich mich, eine solche Pflanze zu besitzen. Mich fasziniert, wie sehr das Pflänzchen meine Aufmerksamkeit fesselt. Freilich ist das Pflänzchen etwas Besonderes, ein Geschenk. Es hat eine lange Zugreise sowie eine Fahrt mit der Straßenbahn hinter sich und ist unterwegs sorgsam transportiert worden.
Aber der Grund ist noch ein anderer, nämlich der gleiche, wenn bei einer Wattwanderung so ein Wattführer einen Wattwurm ausgräbt. Er hat eine kleine Schüppe, sticht sie in den Wattboden ein und hebt die Scholle aus. Dann fummelt er aus dem Schlamm den Wurm und legt ihn in seine schlammige Handfläche, um ihn zu zeigen. Alle drängen sich um ihn herum und betrachten neugierig einen sich windenden Wurm, den der Wattführer mit dem Zeigefinger ein bisschen ärgert, falls er schreckensstarr ist. Dabei erzählt er, wie wichtig dieser Wurm für das Watt ist, und man merkt, er hat Ehrfurcht gegenüber dem Wurm. Wenn ich mal im Watt unterwegs war, es ist schon eine Weile her, dann habe ich immer gedacht, wie seltsam der Mensch ist. Dort im Watt gibt es eigentlich außer Schlamm und Prielen nicht viel zu sehen. Plötzlich ist man bereit, einen Wurm zu würdigen. Es gibt halt nicht viel mehr als diesen Wurm im Watt. Doch in touristischen Gegenden auf dem Festland, im Harz, im Westerwald oder in der Eifel, in diesen Landschaften gibt es Flora und Fauna in Hülle und Fülle. Glaubst du, wenn du dort eine Führung mitmachst, der Fremdenführer gräbt dir einen Wurm aus? Kannst es ja mal versuchen und danach fragen. Es gibt so viele andere Dinge zu sehen, dass ein Festlandwurm nie mit Fremdenführern in Berührung kommt.
Seit ich aus unserem Haus in Aachen ausgezogen bin, habe ich weder Garten noch Balkon gehabt. Vorher habe ich den eigenen Garten kaum gewürdigt. Doch allein dieses Pflänzchen zu hegen, kommt mir vor wie gärtnern. Seine Zartheit, seine sieben Blättchen haben mein Wohlgefallen, und ich stehe mehrmals am Tag von meinem Arbeitsplatz auf, um es ins rechte Licht zu rücken. (Foto: JvdL)
Da weiß einer das Zarte, Unscheinbare kräftig zu würdigen – ach, und weil da was von einem Haus in AC steht, fällt mir meine ungute „Kinderstube“ in Stolberg wieder ein…
Gruß von Sonja
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Über Stolberg wurde hier schon mehrfach geschrieben.
Viele Grüße,
Jules
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Es gab da mal diese leicht schiefe? Topfpflanze, von der geschrieben wurde, sie zeige auffällige Ähnlichkeiten mit deinem eigenen Befinden. Bei aller Würdigung des zarten Neuzugangs (der Babys ja immer zugute kommt) – wo ist denn die alte Dame hin?
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Josie? Keine Sorge, die steht noch raumgreifend hinter mir auf dem neuen Hocker, den ich kürzlich an der Straße gefunden habe.
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Dann ist sie wohl nicht mehr so umfallgefährdet?! Sehr gut. Schöne Grüße an das gute Stück:)
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Ich hatte Josie ja umgetopft, aber bekam es alleine nicht hin, sie gerade einzupflanzen. Also ist sie nach wie vor rechtslastig, was ich mit meiner körperlichen Befindlichkeit gleichgesetzt hatte, von der ich aber finde, dass ich inzwischen schon ausgewogener bin. Danke für die schönen Grüße!
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Spannend wird es, wenn diese Red Hot Chili Peppers dran hängen … 😉
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Darauf bin ich gespannt.
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