Ich hätte durchaus einiges zu erledigen. Aber einige Stimmen in meinem Kopf vertreten die Ansicht, das könnte ich morgen, übermorgen oder in der nächsten Woche tun. Überhaupt wäre es besser, nichts zu überstürzen, sondern die Dinge zu tun, wenn ihre Zeit gekommen ist. Außerdem geht bestimmt die Sonne weg, sobald ich aufbreche. Also umgekehrt: Wolken kommen. Spätestens, wenn ich mein Fahrrad zur Haustür hinausschiebe, dann schieben sich dichte Wolken vor die Sonne, Wind kommt auf, lässt mich frösteln, und ich habe schon direkt keine Lust mehr. Am Ende regnet es noch auf mein mühsam aufgebautes Kartenhaus der Motivation, und das ist natürlich ganz und gar nicht wasserfest. Schon die Vorstellung, wie die Karten im Regen umfallen, laff auf dem Bürgersteig kleben, aneinandergepappt in schmutzigen Pfützen liegen, und ich versuche sie mit spitzen Fingern herauszufischen … Das Rad muss ich auch wieder auf den Hof schieben, abstellen und das lästige schwere Schloss drumwinden, bevor ich endlich die Treppenstufen hinaufsteigen darf, die ich doch eben erst herabgestiegen bin.
Wenn es mir nur gelänge, in Ruhe sitzen zu bleiben, ohne schlechtes Gewissen, ohne die endlosen Überlegungen, was möglicherweise erledigt werden könnte und wieviel besser es doch wäre, draußen unterwegs zu sein als hierinnen im Sessel zu hocken. Denn die Sonne scheint weiterhin. Warum auch nicht? Ich habe ja noch keinen Fuß vor die Tür gesetzt. „Das machst du, wenn die Zeit reif ist“, sagt es in meinem Kopf, und ich denke, die Zeit ist ein Harzer Käse und fängt furchtbar an zu stinken, wenn eine Sache endlich gemacht werden muss und keinen Aufschub mehr duldet. Es gibt also derzeit kaum einen Grund, aus dem Sessel aufzustehen, in die Welt hinauszufahren und den Leuten den Sonnenschein zu verderben. Ist ja auch nicht ein Hauch von Harzer Käse in der Luft.
Wie gut ich diese Gedanken kenne und wie oft es mir auch so geht.
Statt das Nichtstun zu genießen verdirbt man es durch solche Gedanken. Dennoch…besser so als durch den Regen zu fahren. 😉
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Ich las einmal, dass die Prokrastination soviel Energie benötigt als würde man die Dinge erledigen. Darum versuche ich meistens, erst gar nicht in das beschriebene Dilemma zu kommen – mit wechselndem Erfolg.
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Ich auch. Und ebenfalls mit wechselndem Erfolg;)
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Auf seine innere Stimme sollte man hören. Auch mich verdonnert sie öfter zum Nichtstun. Ich lasse es gern geschehen …
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Prokrastination war einige Jahre mein zweiter Vorname. Weils deshalb dauernd Ärger gab, versuche ich immer, davon wegzukommen.
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Wenn Du während des Nichtstuns einfach nebenher Dein Haar wachsen lässt, schwindet das schlechte Gewissen 🤣
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Als ich letztens eine Weile krank war, sind meine Haare über Gebühr gewachsen, als wäre die eingesparte Bewegungsenergie in den Haarwuchs umgeleitet worden.
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