Teestübchen Briefaktion (2) – Keine Socken von Feldlilie

Einen Brief im Brief sandte mir Kollegin Feldlilie. Der äußere Umschlag zeigt zkizzenhaft den Raum eines Museums, an dessen Stirnwand drei Briefmarken wie Bilder hängen. Sie werden von zwei Personen betrachtet. Obwohl nur grob skizziert, erkennt man die Darstellung einer Frau. Das Kind an ihrer Hand weist auf die rechte Briefmarke mit dem Bild einer Biene auf einer gelben Blüte. Im Mittelgrund des angedeuteten Raumes sieht man die ebenso skizzenhafte Profil-Darstellung eines Mannes mit Hut auf einer Sitzbank. Die Schraffuren sind hier dichter als bei der Personengruppe im Hintergrund, was die Raumperspektive verstärkt. Die Person scheint ein perspektivisch verzerrtes Bild an der linken Wand zu betrachten, auf dem ursprünglich der Absender zu lesen war. Den habe ich aus Datenschutzgründen getilgt.

Auf dem Boden rechts der sitzenden Figur befindet sich die Adresse. Der Poststempel mindert leider ein wenig die Raumwirkung, indem er sich über zwei Wände erstreckt. Es ist Glücksache, wenn Poststempel sich gut in die Darstellung einfügen.

Obwohl der Brief ziemlich dick war, enthielt er leider keine Socken, wie schon der Stempel von der Rückseite verriet. Derlei Stempel gefallen mir gut, weil sie bei geringem Aufwand Wirkung entfalten. Mein Niederländisch-Fachkollege Bernd hatte eine Batterie Stempel, um sie unter die Klausuren seiner Schüler zu stempeln. Dem Thema „Stempeln“ will ich demnächst einen Beitrag widmen.

Der innere Umschlag bot eine Überraschung. Wer wünscht sich nicht, seinen Namen und seine Adresse hingepinkelt zu sehen? Falls noch jemand ein Argument für die verbundene Schreibweise der Handschrift sucht … Erinnert mich an einen schlechten Witz, den ich aus purer Bosheit hier erzähle:

Mann zu jungem Mann: „Was erlauben Sie sich, vor meinem Haus ‚Ich liebe dich!‘ in den Schnee zu pinkeln?!“
„Woher wollen Sie wissen, dass ich das war?“
„Na, hören Sie mal, ich kenne doch wohl die Handschrift meiner Tochter!“

Ob aber das Brüsseler Manneken Pis mit der nötigen Flexibilität dienen kann? Die Darstellung ist wie es scheint fotokopiert, der Briefumschlag selbst gebastelt. Drum will ich nicht meckern. Innen befand sich ein hübsches Kalligramm. Ich habe vier Phasen davon erstellt. Feldlilie hat der Aufhebung des Briefgeheimnisses zugestimmt. Im Brief thematisiert Feldlilie ihre ersten Erfahrungen mit Kalligrammen und konkreter Poesie. Zum Lesen bitte in der Galerie blättern. (Eine Zeile ist leider angeschnitten, mein Fehler.) Vielen Dank für die Einsendung, liebe Feldlilie!

31 Kommentare zu “Teestübchen Briefaktion (2) – Keine Socken von Feldlilie

  1. HIhi, Lily Feldlilie schreibt auch im Kreis. 🙂
    Und das von außen nach innen – und sie erklärt auch,warum es eigentlich einfacher sei, von innen nach außen zu schreiben.
    Liebe Feldlilie, toll! Kompliment!
    Und das mit den unterschiedlichen Schreibweisen von dass & daß stimmt!
    Mir geht es genauso! Hab nur noch nie darüber nachgedacht. Aber: et isso!
    Und das mit dem Mäuseschwanz ist eine schöne Idee.
    Klasse!

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    • Der Unterschied zwischen deinem Kalligramm (von innen nach außen) und Lilys (von außen nach innen) war mir gar nicht aufgefallen, aber jetzt wo du es schreibst … Beim Schreiben über die Form des Schreibens zu reflektieren, ist auch ganz hübsch. Offenbar hält sich die alte Form „daß“ in der Handschrift hartnäckiger, geht mir ähnlich. Danke für deinen aufmerksamen Kommentar.

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    • Ja, dass Du dieselbe Idee hattest, ist mir gestern schon aufgefallen. Ich fand Deinen Umschlag wunderschön (wollte aber nichts dazu sagen, weil ich dann hätte beichten müssen, was Herr van der Ley eigentlich erst heute öffentlich machen wollte).
      Irgendwie habe ich ziemliche Lust bekommen, mal wieder Briefe zu schreiben. So wie früher – meine Güte, was hatte ich für tolles Briefpapier. GIBT es heutzutage überhaupt noch tolles Briefpapier?

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  2. bei ersterem umschlag musst ich gleich an die homepage meines profs denken (www.polka.de) – sehr schön und der schneepinkler eignet sich als inspiration für jede art von behördenpost: „liebes finanzamt…“

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  3. Eine sehr gute Idee, den Umschlag als Museum zu gestalten und die Briefmarken als Kunstwerke einzusetzen. Die Briefmarken fand ich extrem schwierig… Und ich wäre auch nie auf die Idee gekommen, den Text so zu setzen, was mir zeigt, wie sehr ich dem Formalen verhaftet bin. Danke für den neuerlichen Blick über den Teller- /Briefrand.

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  4. Ich bekomme beim Anklicken der Bilder die falsche Reihenfolge. Ich bekomme Bild1, klicke auf weiter, lande auf Bild 4, Klicke auf „zurück“, lande dann auf Bild 3 (wo ich noch nicht hinwollte) und klicke dann nochmal auf zurück, woraufhin ich auf Bild 2 lande. Dann bei „weiter“ (was ich logisch fände) bin ich wieder bei Bild 4. Es tröste mich allerdings, dass ich a) sowieso weiß, was ich geschrieben habe und b) von meinen eigenen literarischen Ergüssen meistens nicht allzu erbaut bin, will sagen, ich muss sie nicht unbedingt nochmal lesen. Und außerdem KANN ich auf dem Kopf lesen. Also, nicht, dass ich auf dem Kopf stehe, sondern… na, Du weißt, was ich meine.
    Der kleine Brüsseler ist tatsächlich fotokopiert. Ich finde, auch mit Fotokopien kann man arbeiten, und es war gar nicht so einfach, den GENAU da hinzubekommen, wo er sitzen musste (und in dem Winkel, dass man daraus einen Umschlag falten kann). Hat länger gedauert, als ihn schnell zu malen!

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    • Bei mir stimmt die Reihenfolge. Es braucht ja nur vier Phasen, und wenn man über die 4. hinausklickt, kommt wieder die erste, jetzt aber für die 2. Zeile. Dass die Platzierung der Kopie gut überlegt sein muss, habe ich mir gedacht, habs ja selbst ausprobiert für einen Beispielumschlag. Aber mit dem Ergebnis deiner Arbeit kannst du zufrieden sein. Sie wird ja fleißig gelobt. Als Schriftsetzer musste ich übrigens auch alles im Kopfstand lesen. Weil die Lettern Spiegelschrift sind, wird alles auf den Kopf gestellt. So kann wie gewohnt von links nach rechts gesetzt und gelesen werden.

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      • Ja, ich habe auch verstanden, wie Du das gedacht hast, nur haut es bei mir überhaupt nicht hin. Keine Ahnung was da falsch läuft.
        Ich überlege gerade ob ich über Kopf oder spiegelverkehrt leichter schreiben kann. Ich glaube, über Kopf lesen geht einfacher, aber beim Schreiben ist im Gegensatz zum Lesen Spiegelschrift leichter.
        Ich mag Deine Schreib-Idee hier. Ich entdecke lauter neue Merkwürdgkeiten. Wie schön.

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  5. Bei so einem phantasievollen Briefumschlag dürfte man nicht einen jeden Deppen den Poststempel drauf machen lassen, sondern diesen Job einem Kunstverständigen anvertrauen. Dann aber wird es schwierig. Die Direktion müsste einen Sachverständigenrat einberufen, um zu klären, an welchen Künstler das Abstempeln outgesourct werden kann …

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  6. Pingback: Zum Abschluss der Teestübchen Briefaktion

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