Teestübchen Briefaktion (1) – Herr Lo schreibt im Kreis

Meine lieben Damen und Herren! Lange hatte ich gezögert, das Briefprojekt zu starten, denn ich fürchtete, der Zuspruch könnte zu gering ausfallen, wodurch die Idee quasi verpulvert wäre, was den zu erwartenden Arbeitsaufwand nicht rechtfertigen würde. Nun haben sich mit Der Emil, Feldlilie, Frauhemingistunterwegs, lamammatwoday, Karfunkelfee, socupuk, Dorotheawagner und Lo acht Bloggerinnen und Blogger angemeldet, von denen sich letztlich sechs beteiligt haben. Die Meldungen waren bei durchschnittlich 90 Einzellesern täglich gut elf Prozent, ein traumhaft hoher Quotient, wenn man berücksichtigt, dass es sich um eine freiwillige Leistung handelt und dass mit der Beteiligung ein Schritt aus der digitalen Anonymität verbunden ist. Daher bin ich froh, das Projekt gemacht zu haben, zumal die Einsendungen durchweg erfreulich und schön anzusehen sind.

Beginnen wir mit dem Brief vom Blogfreund und -kollegen Lo: Schon der Umschlag zeigt in der Anschrift eine geläufige, gut durchgestaltete Handschrift. Die schwungvollen Druckbuchstaben lassen nicht mehr erkennen, aus welcher Ausgangsschrift sie sich entwickelt haben. Wer schon einmal einen Podcast von Lo gehört hat, teilt sicher meine Einschätzung, dass hier die schriftliche Entsprechung zum Wohlklang seines mündlichen Vortrags vorliegt, insgesamt bietet Lo also ein ästhetisches Gesamtkunstwerk.

Zwischen wie wahllos gestempelten Einzelbuchstaben und neben der Tuschezeichnung eines Tintenfasses mit Schreibfeder sehen wir einen kreisförmigen Text. Figurative Textgestaltung ist aus der Antike schon bekannt. Spruchbänder, die aus dem Mund einer Menschenfigur kommen und um eine Vase herumlaufen, dürften die Vorbilder sein. Textfiguren (Kalligramme) waren eine beliebte Spielerei im Barock; in der modernen Form und gedichtet wie von Lo gehört die kreis- bzw. spiralförmige Textfigur zur Konkreten Poesie. Ich habe den runden Textblock einmal um seine Achse gedreht, um das Lesen zu erleichtern. Viel Vergnügen beim Lesen und Betrachten.

Der Aufhebung des Briefgeheimnisses hat Lo zugestimmt. (Zum Vergrößern bitte klicken.) Dem Brief lag noch eine Portospende bei, die ich auf irgendeine Weise den Einsendern zukommen lasse. Da auch Lamamma dankenswerter Weise Porto für alle gespendet hat, werde ich mich voraussichtlich mit mehreren Postkarten bei den Einsenderinnen und Einsender bedanken.
Für alles herzlichen Dank, lieber Lo.

20 Kommentare zu “Teestübchen Briefaktion (1) – Herr Lo schreibt im Kreis

  1. Im Kreis schreiben ist besser als am Rad drehen 🙂
    Möchte übrigens nicht kleinlich sein, aber mein Name wird mit einem M geschrieben. Der Name birgt in seiner Schlichtheit viele Schwierigkeiten, hieß ich doch auch schon Hemsing, Henning, Herning oder Helmimg.

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  2. Das ist lustig. Aus… äh… Gründen.
    Ich beneide immer noch Leute, die so eine gleichmäßige Schrift haben. Ich habe mich nie damit abgefunden, dass meine Buchstaben immer hüpfen und springen müssen, aber sie tun es weiter. Auch wenn ich übe (und ich fand Deine Schriftvorlagen wunderschön).
    Naja, vermutlich passt sie so einfach besser zu mir.

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    • Ja, weil dein Brief auch ein Kalligramm ist 😉 Ich habe schon vier verschiedene Drehungen hergestellt und hoffe, du bist mit der Veröffentlichung einverstanden. Das schwungvolle Gleichmaß wie in Los Druckbuchstaben ist nicht jedem gegeben. Falls es dich tröstet: Ich erreiche das auch nur, wenn ich sehr langsam schreibe, also kalligraphiere. Bei meiner Alltagsschrift hüpfen bzw. entgleisen mir die Buchstaben immer wieder.

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      • Einzelne Worte bekomme ich auch hin, aber bei mehr verliere ich die Geduld. Dann ist es mir wichtiger, was ich sagen will, als wie es aussieht. Lustigerweise bin ich beim Bilder-Zeichnen geduldiger. Als ob Buchstaben nicht auch Bilder wären, aber ich glaube, die Schönheit darin hat mir meine ständig mäkelnde Grundschullehrerin aberzogen.
        Sie ist übrigens vor genau einem Monat gestorben und ich hatte mir vorgenommen, nicht mehr allzu sauer auf sie zu sein. Allerdings muss ich das noch mehr üben als Schönschrift.

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  3. Wow, Lo, erst mal Kompliment zu diesem außergewöhnlichen Briefexperiment. Sehr schöne Schrift und auf gekonnte Weise gestaltet. Bin sehr begeistert.

    Lieber Jules, fein,, dass Du die Briefe zeigst. Danke von der Fee (auch an Lo) und liebe Grüße🧚‍♀️✨

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    • Liebe Fee,
      dankeschön. Ohne euch Teilnehmerinnen und Teilnehmer wäre das Briefexperiment nichts. Die Briefe sind einzigartige Dokumente an der Schnittstelle zwischen analoger und digitaler Welt, und ich bin sehr froh, sie zeigen zu können. Ich habe zu danken.
      Lieben Gruß,
      Jules

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  4. Oh! Mein Geschreibsel an solch prominenter Stelle, lieber Jules?
    Sollten das etwa DIE Warholschen 15 MInuten meines Lebens (“In the future, everyone will be world-famous for 15 minutes.”) sein? 🙂
    Herzlichen Dank für diese übergroße Bühne und das viele Flutlicht!
    Doch in der Tat: ich mag das Schreiben von Hand sehr, und je nach Stimmung, Licht, Papier, Schreibwerkzeug oder auch Adressat fällt meine Schrift immer einmal etwas anders aus. Ich glaube, dieses viele Bögeln und Schnörkeln habe ich irgendwann, in einer Zeit, die man Damals nennt, begonnen, als ich ganz doll verliebt Briefe schrieb – um Eindruck zu machen und mir das Herz der Angeschriebenen warmzuhalten.
    Papier darf bei mir nicht leer bleiben. Es muss beschrieben sein.
    Ganz lieben Dank, lieber Jules, für Deine herrlichen Ideen, die immer wieder zum Mitmachen einladen, sei es das Schreiben, das Dichten oder das Drudeln – aber auch für tolle Art, mit der Du uns zum Thema Schrift, Druck, Hurenkinder, Bleiwüsten und Schusterjungen schlau machst. Und überhaupt… 🙂

    Herlichst Lo

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    • Die Bühne war leider noch gar nicht groß genug, lieber Lo. In den Osterferien sind die Besucherzahlen ziemlich eingebrochen. Was ich geschrieben habe, entspricht ja voll der Wahrheit, also war das Licht höchstens angemessen. 😉 Man sieht, dass du gut und gerne schreibst. Die Bögen sind ja alle sicher ausgeführt und wirken daher eindrucksvoll. Dass du damit einst das schwache Geschlecht beeindrucken konntest, glaube ich gern, anders als im Fall Wim deBie, der das auch behauptet. Du erinnerst dich.

      Ich danke dir fürs Mitmachen und im Namen aller für die Portospende. Übrigens habe ich über Hurenkinder und Schusterjungen im Teestübchen noch viel zu selten geschrieben. Gut, dass du mich erinnerst.
      Herzlichst,
      Jules

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  5. Pingback: Angst vor den Wörtern

  6. Für alle,
    die das Im-Kreis-Lesen schwindelig macht:

    Der Jules aus Hannover rief:
    „Ach, sendet mir doch einen Brief,
    den Umschlag kunstvoll umgestaltet,
    auch selbstgebastelt und gefaltet,
    bestempelt oder handgeschrieben,
    mit Phantasie, ganz nach Belieben,
    bekleckst, bemalt oder geklebt,
    den an die Post Ihr weitergebt.“

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  7. Pingback: Zum Abschluss der Teestübchen Briefaktion

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