Herr Putzig selbst brachte unser Gespräch gestern Abend am Biertisch auf Rechtschreibfehler in den Sozialen Medien, bei der Büroarbeit und dergleichen, wo er doch sonst genervt zurückschreckt, wenn Leisetöne und ich mal wieder in „esoterische Linguistenpoesie“ verfallen, wobei ich nicht mehr weiß, ob er tatsächlich Linguistenpoesie gesagt hat, aber das Attribut „esoterisch“ und irgendwas mit „Linguisten“ kam vor. Jedenfalls nutzte Leisetöne die günstige Gelegenheit darzulegen, wie er einer Schülerin mit ausländischen Wurzeln zu vermitteln versucht hat, wann im Deutschen der lange Vokal mit Dehnungszeichen geschrieben wird und wann nicht. Er hatte ihr gesagt, bei Tieren wie Wal, Igel und Tiger käme nie ein Dehnungszeichen, ausgenommen die Fliege, aber das komme von „fliegen“ und gelte deshalb nicht. Ich erinnerte mich, dass mal eine meiner Deutschreferendarinnen an der Tafel gestanden hatte und fragend auf das von ihr angeschriebene „Haase“ blickte, worüber meine Schüler ins Feixen gerieten, ich aber still verzweifelte und dachte: Warum will sie nicht Sportlehrerin werden?
Leisetönes Denkansatz, Orthographie über inhaltliche Kategorien zu lehren, also eine Art semantische Orthographie zu entwickeln, finde ich grundsätzlich gut. Und mir gefällt, wie unkonventionell er seine jüngst aufgenommene Unterrichtstätigkeit begreift. Seine Idee ist quasi barrierefreier Rechtschreibunterricht. Ich gab jedoch zu bedenken, dass man bei den Schreibweisen nicht zuviel Logik vermuten dürfe. Bei der Biene gelte seine Begründung der Ausnahme nicht, denn das Verb bienen gibt es nicht. Obwohl hübsch wäre es doch, fällt mir gerade ein, das schwärmende Naschen, auch das Vernaschen des anderen Geschlechts statt herumhuren lieber herumbienen zu nennen.
Sorry, zurück zum Thema. Obwohl ich gestern Abend behauptet habe, alle verallgemeinerte Rechtschreibregeln träfen höchstens zu 80 Prozent zu, den Ausnahmerest müsse man eben auswendig lernen, bin ich von Leisetönes Denkansatz fasziniert und suche weitere Beispiele, bzw. Gegenbeispiele. Leider kenne ich nicht viele Tiere, ich bin ja Vegetarier, bitte also die geneigte Leserschaft um Hilfe bei der Suche. (Mit Dank an die Kolleginnen lunaterminiert, lamamma und den Kollegen Lo. Weitere Tierbezeichnungen aus dem Kinderlexikon)
Zur Wortliste:
Langer Vokal in Tierbezeichnungen ohne Dehnungszeichen:
– Adler
– Ameise
– Bär
– Fasan
– Hase
– Wal
– Nashorn
– Dromedar
– Krake
– Kranich
– Rabe
– Schabe
– Schaf
– Schwan
– Star
– Kalmar
– Kanarienvogel
– Pavian
– Kamel
– Waran
– Vogel
– Gorilla
– Buchfink
– Antilope
– Möwe
– Kröte
– Lama
– Löwe
– Egel
– Esel
– Garnele
– Krebs
– Pferd
– Rentier
– Regenwurm
– Zebra
– Biber
– Delfin
– Giraffe
– Igel
– Nilpferd
– Tiger
– Kaninchen
– Tapir
– Gnu
– Känguru
– Puma
– Krokodil
– Viper
– Wisent
Langer Vokal in Tierbezeichnungen mit Dehnungszeichen:
– Aal
– Dohle
– Fohlen
– Floh
– Hahn
– Huhn
– Kuh
– Reh
– Biene
– Kiebitz
– Fliege
– Kriebelmücke
– Miesmuschel
– Wiesel
– Ziege
– Ziesel
Vogel, Star, und Buchfink, Kanarienvogel, Möwe, aber Huhn, Hahn, Floh und Kuh außerdem noch Löwe, Tiger und Schaf 😉 …so ganz spontan. Meinst Du echt 80% der Regeln treffen zu? ich hätte weniger vermutet.
LG Andrea
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Vielen Dank, liebe Andrea, für die Erweiterung unserer Listen. Die 80 Prozent habe ich mal so in den Raum geworfen. Bei sieben zum Teil widerstreitenden Orthographieprinzipien könnte es auch deutlich weniger sein.
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Die Viper und das Lama?
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Dankeschön, mein Lieber, habe ich in die Liste übernommen.
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das A von Ameise ist eigentlich auch lang, oder? Bär fällt mir noch ein, Gnu, das o in Antilope, und es gibt sicher noch unzählige …
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Vielen Dank, liebe Beate, deine Wörter habe ich in die Liste übernommen.
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Die Miesmuschel,
aber nach Rheinischer Art mit Porree, Sellerie, Lauch, Pfeffer, Salz, Möhren..
😉
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Interessante Kombination.
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Und das Nilpferd!
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Klasse!
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Gibt’s denn dazu noch keine Untersuchung von irgendwelchen Unis/Germanisten? 😉
Hering – Adler – Fasan – Vieh – Krebs – Leguan – Tapir – Garnele
sind mir so eingefallen.
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Vermutlich nicht. Leisetöne hatte seine These spontan entwickelt. Danke für die Beispiele!
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Kalmar
Chamäleon
Makake
Pavian
Lar (Kreuzworträtsellanghaaraffe)
Fasan
Adler
Puma
Kriebelmücke (von ‚kriebeln‘ wie kribbeln)
Fohlen (gibt es auch als Verb ‚fohlen‘)
Wiesel (wieseln)
Interessante These!
Liebe Grüße🧚♀️
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Das Wiesel wieselt vor dem Wisent herum.
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Dankeschön für deine zahlreichen Wortbeispiele, liebe Fee. Ich bin gespannt, was Freund Leisetöne über die Überprüfung seiner These sagt. Ich finde jedenfalls, dass sie die Betrachtung wert war, obwohl ich nicht daran geglaubt hatte.
Lieben Gruß!
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Jules…zumindest ist diese Theorie zu einem großen Teil zutreffend, vielleicht kein Garant für Absolutheit, doch was ist das schon? Es ist eine kleine Eselsbrücke und im Zweifelsfall gibt es die Orthografie als Richthilfe. Liebe Grüße
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Ziege ist wie Biene eine Ausnahme
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Thunfisch (Roter Thun)
…?
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Die junge Dame an der Tafel überlegt doch nur, wie sie das zugehörige Krishna richtig schreibt. Und Leisetönes Denkansatz scheint mir doch sehr abwegig.
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Spontan war ich auch geneigt, das zu denken, wegen der inhomogenen Entwicklung unserer Rechtschreibung und sieben z.T. widerstreitender Orthographieprinzipien. Andererseits wäre es hübsch gewesen, wenn sich eine zufällige Übereinstimmung ergeben hätte. Bei den Listen oben zeigt sich, dass doch die meisten Tiere, besonders die nicht heimischen, ohne Dehnungszeichen geschrieben werden.
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Ich trage noch den Kiebitz bei.
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Vielen Dank!
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Ich trage besser nichts bei – gehöre ich doch zu denen, die besser Sport unterrichten. Oder etwas das man auswendig lernen kann. Erdkunde.
Große Zustimmung, lieber Jules, zu herumbienen. Diese Wort ist viel hübscher als das derzeit gebräuchliche.
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Wenn ‚bienen‘ noch keiner kannte – ich werde es vertexten und einfach so benutzen. Herumblumen sozusagen.:-)
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Wie mich mal ein Deutschkollege scherzhaft fragte, was „Briesen“ eigentlich für ein Verb wäre, das von „Effie briest.“ Hihi!
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Danke, liebe Mitzi, die Liste wächst mir auch langsam über den Kopf. Außerdem prüfen wir hier Leisetönes These. Schön, dass dabei wenigstens das Verb „Bienen“ herausgekommen ist. 😉
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Um auf den „Haasen“ zurückzukommen, denke ich, es wäre wohl kein Fehler und sicher angebracht, beim Aussprechen des Tieres, die jeweilige Situation zu berücksichtigen, die des Sprechers und vor allen Dingen die des Haasens … 😉
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Auch die Situation, an der Tafel zu stehen und auf diesem ungewohnten Medium zu schreiben, bringt Haasen oder Hare hervor. 😉
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