Zeitreise ins Mittelalter. Heute vor 674 Jahren, am 24. Januar 1344, an seinem 58. Geburtstag beendete Richard de Bury, Bischof von Durham, sein Buch von der Bücherliebe, das Philobiblon. Gedruckt wurde die in Latein verfasste Handschrift erstmals 129 Jahre später, nämlich 1473 in Köln. Mir liegt eine deutsche Übersetzung von Max Frensdorf vor, gedruckt 1932 in Eisenach, auf Wunsch des Übersetzers gesetzt in der klerikal wirkenden Alemania Fraktur. Damals wurden 300 Exemplare gedruckt. Mein Büchlein ist ein von mir selbst gebundener Raubdruck, Fotokopien des Exemplars der Zentralbibliothek der RWTH Aachen. In den 1980-er und 1990-er Jahren habe ich zur Schriftforschung viel Zeit in Aachens Bibliotheken verbracht und hatte gelegentlich Hinweise auf das Philobiblon als „das berühmte Buch von der Bücherliebe“ gefunden. Sein Ruhm war aber nach über 600 Jahren schon ein bisschen verblasst. Während man es heute über Amazon für 0,98 Euro erwerben kann, war es damals nicht so leicht aufzutreiben. Ich suchte sogar in der Diozösan-Bibliothek, die man nur nutzen durfte, wenn man einen Bürgen benennen konnte, fand es aber im Bestand der TH-Bibliothek.
Richard de Bury besaß im Jahr 1344 mehr Bücher als alle anderen englischen Bischöfe zusammen. Berichten zufolge soll sein Schlafzimmer voll davon gelegen haben, so dass man sich kaum bewegen konnte, ohne auf eines zu treten. Als Bischof von Durham sammelte er fast manisch Bücher und schreckte auch nicht vor einem Diebstahl zurück. Trotzdem wird seine Bibliothek nicht mehr als 400 Bücher umfasst haben, allerdings zu Zeiten vor dem Buchdruck ein stattlicher Besitz. Ein handgeschriebenes Buch hatte im Mittelalter großen Wert. Wer damals ein derartiges Buch ausleihen wollte, musste „gewaltige Pfänder“, ganze Schafherden oder Ländereien, hinterlegen, schreibt der Paläograph Wilhelm Wattenbach. Die Büchersammlung war jedoch nicht Selbstzweck, sondern sollte Studenten zu Gute kommen. Demgemäß vermachte Richard de Bury sie 1345 der Universität Oxford.
Schreiberinnen und Schreiber gesucht
Mich hat besonders das 17. Kapitel des Philobiblon fasziniert, weil es Auskunft gibt über die mittelalterliche Rezeption, was alle üblichen Verhaltensweisen beim Lesen meint. Im Februar 2011 habe ich im Teppichhausblog dazu aufgerufen, dieses Kapitel arbeitsteilig abzuschreiben, woran sich mit mir sechs Bloggerinnen und Blogger beteiligt haben. Leider sind die Ergebnisse mit der Plattform Blog.de versunken. Daher würde ich das Projekt gerne wiederholen, suche also fünf bis zehn oder mehr Schreiberinnen und Schreiber. Wer sich beteiligen möchte, müsste aber bereit sein, seine handschriftliche Abschrift zu zeigen. Ich will sie im Teestübchen veröffentlichen.
Das Projekt bietet die Möglichkeit, sich in die Rolle eines mittelalterlichen Kopisten zu versetzen. Getreulich abzuschreiben ist nicht einfach. Man spürt den Drang zu verändern, Stellen wegzulasssen, zu kürzen oder umzuschreiben. Schreibfehler können nicht leicht korrigiert werden. Man muss sie stehen lassen. Zu bedenken sind auch die Rahmenbedingungen: Zu dieser Jahreszeit war es kalt in den Skriptorien, und die Sonne wird sich nicht öfter gezeigt haben als derzeit. Unter diesen Bedingungen war Abschreiben mühsam. Viele Handschriften enthalten auf den Rändern oder am Schluss die Klagen mittelalterliche Kopisten über Kälte und wenig Licht. Natürlich war das Abschreiben alter Texte damals Gottesdienst, für das man Gotteslohn erwarten durfte. Wilhelm Wattenbach berichtet:
Dietrich, der erste Abt von St. Evroul (1050 – 1057) war selbst ein trefflicher Schreiber und versuchte seine Mönche auf alle erdenklichen Weisen, zum Schreiben anzuhalten. So pflegte er die Geschichte eines sehr leichtsinnigen und sündhaften Klosterbruders zu erzählen, der aber ein eifriger Schreiber war und einmal aus freien Stücken einen enormen Folianten geistlichen Inhalts geschrieben hatte. Als er starb, verklagten ihn die Teufel, die Engel aber brachten das große Buch hervor, von dem nun jeder Buchstabe eine Sünde aufwog, und siehe! Es war ein Buchstabe übrig. Da wurde seiner Seele verstattet zum Körper heimzukehren, damit er noch auf Erden Buße thun könne.
Dass bei unserem Projekt jeder abgeschriebene Buchstabe eine Sünde aufwiegt, kann und will ich nicht versprechen. Doch versprechen kann ich:
– Eine Möglichkeit der Kontemplation,
– einen Übungseffekt bei der eigenen Handschrift,
– einen Übungseffekt beim Lesen von Fraktur,
– Einblick zu bekommen in die Buchrezeption im Mittelalter,
– einen Lustgewinn bei der Betrachtung der eigenen Leistung und nicht zuletzt
– das schöne Bewusstsein, an einem Gemeinschaftsprojekt teilzuhaben, das es so oft im Internet nicht gibt und ohne Internet unmöglich wäre. Meldungen bitte bis zum Freitag 26. Januar.
Ich teile am Samstag jeder/jedem einen etwa gleich großen Abschnitt zu (je mehr Teilnehmerinnen und Teilnehmer, desto kleiner die Abschnitte). Zu schreiben bitte ich etwa sechs bis sieben Wörter pro Zeile, möglichst kontrastreich auf weißem Papier. Gescannte Ergebnisse an meine E-Mailadresse oder ebenfalls per Kommentar. Wie man Bilder in Kommentare einfügt, habe ich hier erklärt.
Das 17. Kapitel zur Ansicht:
Das klingt spannend. Ich kann auch so merkwürdige Schriften wie Sütterlin und Frakturschrift ganz gut lesen, aber leider kann kaum jemand MEINE Schrift lesen. Selbst wenn ich mir Mühe gebe… 😦
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Dass du Fraktur gut lesen kannst, ist schon die halbe Miete. Deine Bedenken verstehe ich. Es geht vermutlich vielen so. Trau dich einfach. Hilfreich ist, sich vorher mit ein paar handschriftlichen Zeilen einzuschreiben, wie man sich auch zum Sport aufwärmen soll. Die Kunst ist, die eigene Handschrift als etwas Einmaliges gelten zu lassen.
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Guck mal, wieviele Leute Du zusammen bekommst. Ich bin morgen gegen Mittag wieder da – dann kann ich schreiben…
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Prima.
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Lieber Herr TT, Im ordentlichen Haushalt geht nichts verloren, wie du siehst:
🙂
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Liebe Marana,
dankeschön für den Nachweis und Glückwunsch zu deinem geordneten Archiv.
Weil ich das Archivieren anfangs vernachlässigt habe, kann ich nicht mithalten und kapituliere vor der Fülle. Ich weiß ja noch nicht, wie sich die Teestübchen-Community aktivieren lässt. Den von dir geschriebenen Abschnitt werde ich aber vorerst nicht neu vergeben.
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das wird, glaube ich, eine prima arbeit für meine praktikanten! muss ich gleich einmal kommunizieren. melde mich sogleich.
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Nur zu, gute Idee!
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also hab drei prakties begeistern können! welche seiten sind gewünscht und gibt es ein endformat?
und bis wann sollen die abschriften fertig sein?
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Freut mich! Das sichert das Projekt schon mal. Bis Freitag können sich noch weitere Mitschreiber melden. Wenn die Zahl feststeht, kann ich am Samstag die Größe der Abschnitte festlegen und auf die einzelnen Kopisten verteilen. Die Ergebnisse sollen dann bis zum kommenden Mittwoch eingesandt werden. Das Endformat ist 660 Pixel Breite (Teestübchenformat), die Höhe ist ja variabel. Bei durchschnittlicher Schriftgröße passen dann fünf bis sieben Wörter in eine Zeile. Ihr könnt natürlich schon vorab experimentieren, wie es am günstigsten auskommt.
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Ich schreibe gerne ab (auch als kontemplative Übung) und nehme gerne teil.
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Prima, liebe Christa, freut mich.
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Handschrift? Ich kratze Silikon aus Fliesenfugen und hoffe, das geht als Entschuldigung durch. Meine Handschrift auf der Tafel ist ständig Gegenstand des Spottes oder des Ärgers. Meines Spottes und des Ärgers der Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
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Gemäß deinem Avatarbild bist du geradezu prädestiniert mitzumachen, lieber Manfred. Vielleicht überlegst du es dir noch. Zur Not ginge auch Kartoffeldruck 😉
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Lieber Jules, auch ich hätte Freude daran.
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Liebe Mitzi,
das ist fein. Freut mich.
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Bin auch mit von der Partie 🙂
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Freut mich, liebe Anna.
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Ich schreibe eine Mischung aus Kurrent und Sütterlin als alltägliche Handschrift. Ich weiß nicht, ob das hilfreich ist …
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Hallo Emil, warum nicht? Stelle ich mir ganz reizvoll vor.
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So sollt ich mich sodann als zur Aktion angemeldet betrachten, denke ich 😉
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Ja, es wird das Projekt bereichern.
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Ich würde mich gerne beteiligen, ich schreibe und kalligraphiere gerne und selber auch, liber Gruß Sabine
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Hallo Sabine, freut mich sehr und lieben Gruß,
Jules
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Und… Darf oder soll ich nun denn mitschreiben? Lg. Sabine
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Ich bitte darum! Sorry, wenn das aus meiner Antwort nicht hervorging.
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Hallo Jules, ich habe eben die Texte bekommen. Ich stehe hinter EMil und vor Stefanie. Aber beide Textblöcke, die neben Sabine (ich) und vor Stefanie stehen, sind die gleichen Texte. Also sie stehen zweimal drin. Welcher ist denn nun für mich gedacht. Über den Bildlink komme ich nicht weiter. Bitt um Info, wer nun welchen Text kopieren soll. Danke, Gruß Sabine
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Hallo Sabine, das korrigiere ich gerade, dauert aber ein Weilchen.
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Also, hier auf WordPress ist mir der Textblock, beginnend mit :“….des Buches belassen werden…“….zugeordnet. Den würde ich sonst nehmen, aber ich warte bis ich von dir eine neue Info bekomme. Mit dem Warten ist ok……
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Wenn Du ausreichend Mitwirkende für das schöne Projekt zusammen hast ( es haben sich ja schon bereits versierte Schreiber gemeldet), wäre es auch gut, solltest Du noch wen benötigen, wäre ich mit Freude dabei.
Liebe Grüße von der Fee
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Eine schreibende Fee haben wir noch nicht in unseren Reihen, also herzlich willkommen, meine Liebe. Betrachte dich als angemeldet.
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Oh, fein! Dann hoffe ich, dass alle meine Handschrift gut lesen können. Ich werde mir viel Mühe geben. Danke.
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Davon bin ich überzeugt. Aber es muss nicht die Sonntagsschrift sein, liebe Stefanie 😉
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Ist womöglich noch ein Abschnitt übrig? Ich wäre gerne mal wieder mit an Bord. Gruß vom Urselbach an die Leine!
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Gerne. Und willkommen zurück in der Teestübchen-Community!
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Pingback: Projekt „Schreiben wie im Mittelalter“ – Einiges über Handschrift und Teilnehmerliste
Wenn noch ein paar Worte übrig wären, würde ich gerne mitschreiben. Viele Grüße aus Franken
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Gerne, um so leichter wirs für jeden. Ich trage dich sofort in die Liste ein.
Beste Grüße aus Hannover
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Interessantes Projekt. Dank des Taylorismus einiger in meiner Firma (jene, die TEAM mit „Toll Ein Anderer Machts“ ganz groß schreiben, ohne überhaupt einen Finger zum Schreiben mit Papier und Schreibgerät zur rühren) kam ich erst gar nicht in der Lage zu lesen und mein Interesse zu bekunden. Aber verfolgen kann ich es.
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Das klingt nach Stress. Schade. Aber du hast ja bereits 2011 im Twoday-Teppichhaus teilgenommen. Leider hatte ich die Bilddateien auf dem Blog.de-Server. So sind mit der Abschaltung des Bildservers alle weg. Selbst im wayback Internetarchive sind sie nicht mehr zu finden.
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Erstaunlich! Ein handschriftliches Manuskript, das erst 129 Jahre später gedruckt wird. In der heutigen Zeit wohl kaum vorstellbar (wenn überhaupt noch auffindbar).
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Der Buchdruck wurde ja erst etwa 1440 erfunden. Bis dahin waren alle Bücher Handschriften. Große Bibliotheken sammelten möglichst viele Handschriften eines Buches, um die Originalfassung rekonstruieren zu können. In Alexandrien gab es das Gesetz, dass alle anlandenden Schiffe mitgeführte Handschriften (Papyrusrollen) herausrücken mussten.
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