Meine Mutter hatte die katholische Wochenzeitung Liboriusblatt abonniert. Als ich etwa 12 Jahre alt war, hat mich das Liboriusblatt schier in den Wahnsinn getrieben. Auf einer Kinderseite im Blatt war die Bastelanleitung für eine Sternenhimmel-Beobachtungsstation. Ich baute sie eifrig nach, aber ein wesentlicher Schritt in der Anleitung fehlte. Wie kriege ich den Sternenhimmel in meine Beobachtungsstation gespiegelt? Ich habe das ganze Liboriusblatt abgesucht, ob sie vielleicht die Seiten vertauscht hätten und die Anleitung noch irgendwo weiter ging. Je deutlicher wurde, dass meine Suche erfolglos war, desto ungeduldiger wurde ich, fand, dass diese Bastelanleitung geeignet war, Kinder zu ärgern, ja, regelrecht zu martern, ein Geschäft, worauf sich die katholische Kirche bestens versteht. Sollte es tatsächlich so gedacht sein, dass man in der Station den Sternenhimmel mit schwarzen Tonpapier simulierte? Und wollte man Sterne sehen, piekste man Löcher hinein und stellte dahinter eine Kerze als Lichtquelle auf? Das ist doch keine Sternenhimmel-Beobachtungsstation, fand ich. Vermutlich bin ich vom Glauben abgefallen, weil ich mich vom katholischen Liboriusblatt getäuscht fühlte.
Inzwischen verstehe ich, dass diese Anleitung der Versuch war, in meine kindliche Vorstellung das geozentrische Weltbild einzuflüstern. Die Erde steht unbeweglich in der Mitte, und der prächtige Sternenhimmel ist nichts als eine Theaterkulisse. Immerhin wurde Galileo Galilei, der das geozentrische Weltbild angezweifelt hatte und deshalb von der Inquisition beinahe als Ketzer verbrannt worden war, erst heute vor 25 Jahren, am 31. Oktober 1992, vom Papst rehabilitiert. Eine Kommission hatte 13 Jahre darüber beraten. (Teestübchen berichtete) Was es da noch zu beraten gab? Vermutlich hatten die eine Sternenhimmel-Beobachtungsstation aus dem Liboriusblatt.
Und es scheint wohl immer noch „geneigte“ Leser dieses Blattes zu geben.
Geneigt entweder durch die schwere Last, schon von Kind auf sich mit schweren Sünden abzuschleppen oder verbotener, nicht gebeichteter Onanie, die ja bekanntlich Rückenmarkschwund zur Folge hat.
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Man hat noch eine Druckauflage von 62.500 Exemplaren (2005). Rückenmarkschwund? Ich erinnere mich an die verklemmte Sexualmoral der Kirche in den 1960-er Jahren. Erbärmlich.
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Ja.
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Lustig, die Vorstellung, daß hochgelehrte Herren 13 Jahre lang über ein Papiermodell aus dem Liboriusblatt gebrütet haben.:-) Oberinquisitor Ratzinger/Benedikt XVI. wundert sich vermutlich noch heute.
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Sagt ja schon Kurt Schwitters: „Wem Gott ein Amt gibt, dem nimmt er kurz vorher den Verstand.“
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Auch ich zweifle das geozentrische Weltbild an. Für mich ist es eher ein egozentrisches …
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Wenn das mal nicht der Heiigen Inquisition zu Ohren kommt. 😉
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