Ich bin schon wach, ein Glück. Gegen Morgen ging mir nichts anderes als dieses Lied durch den Kopf. Ich wollte es nicht einmal kennen, aber seine albernen Verse werden beständig in meinem Kopf gesungen. In einer gerechten Welt wäre sein Schöpfer erst gar nicht geboren worden. Eine winzige Unwucht im Bett beim Zeugungsakt hätte ein anderes Spermium obsiegen lassen. Nicht der Liedermacher, sondern sein Bruder wäre geboren und der wäre meinetwegen Herrgottschnitzer in Hinterzarten, ein schweigsamer Mann, der seine schöpferischer Kraft stumm ins Schnitzwerk einfließen lassen würde.
Aber es gibt so viele üble Lieder. Grundsätzlich ist es ja eine schöne Einrichtung der menschlichen Natur, dass ich mit einem Lied aufwache, obwohl man ja nicht am Morgen schon singen soll, weiß der Volksmund: „Den Vogel, der morgens singt, holt abends die Katz.“ Andererseits ist es die Art der Vögel, morgens zu singen. Ihr Lied zu singen, das ihnen genetisch eingeprägt ist und sie unverkennbar macht. Wir hatten einmal, lang ist’s her, eine Vogeluhr. Auf ihr war abzulesen, welcher Vogel wann sein Liedchen pfeift oder tiriliert. So richtig funktioniert hat die Vogeluhr aber nie. Zu dieser Zeit haben gewisse Völker, ich will jetzt keine Namen nennen, noch Singvögel in ausgelegten Netzen gefangen, um sie als Delikatessen zu verspeisen. Sie haben quasi die halbe Vogeluhr verputzt. Andererseits, warum keine Singvögel fressen? Das Wort Singvogel enthält eine Wertung aus Menschensicht. Weil Hühnervögel für menschliche Ohren nur hässlich gackern und krähen, erlauben wir uns, ihnen den Hals umzudrehen und sie auf Bratspieße zu stecken. Ist das gerecht? Nur weil sie nicht schön genug singen? Der Hund singt auch nicht.
Die ganzen Erwägungen haben nichts genutzt. Das dumme Lied ist noch immer in meinem Kopf. Versuchen wir es mit destruktiver Interferenz. Das ist Lärmbekämpfung durch Gegenschall:
Danke für das Lied. Es hat mir gute Laune gebracht. 1981. Die armen Zuschauer in der ersten Reihe, die versuchen im Takt zu klatschen, und bemerken, dass der Takt weder Disko-Fox, Marsch noch Walzer ist .. das hatte kaum ein Tanzkurs auf der Pfanne. Aber heute ist es nicht besser: wer wagt es auf Reggaeton rhythmisch zu klatschen?
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Um es mit Prinz Philipp zu sagen: „Das zeigt es mal wieder, nicht wahr?“
Des einen Leid, des anderen Freud. Ich vermute, es hat etwas mit deinen Preferenzen für Brasilien zu tun.
Soll Samba sein, gell? 2/4-Takt. Deutsche klatschen immer und überall auf die Eins und die Drei, auch wenns nicht passt. Ist deutsche Leitkultur.
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Nein, das ist kein Samba. Ich musste erst eine Assoziationskette aufbauen, um diesen Stil einzuordnen. Das Pop-Lied hat etwas von sehr schnellen Calypso, erinnert mich eher an Soca Dance, also Richtung karibische Musikeinflüsse. Aber auch auf dem Weg zu Lambada. Das war so die Musikrichtung der 80er, was man heute immer als „Sommerhits“ bezeichnet.
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Und jetzt das skurrile … der Wurm hat sich in meinen Ohr letzte vergangene Morgene häuslich nieder gelassen …
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Musikladen, wahrscheinlich hier in Garlstedt produziert von Herrn Leckebusch.
Zur Zeit gibt es bei uns im Kreishaus OHZ eine Ausstellung über sein Wirken.
Dennoch scheußlich.
😉
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Mike Leckebusch war uns schon seit dem legendären Beatclub ein Begriff. Der Nachfolger „musikladen“ war auch ein Laden der Beliebigkeit, passte sehr gut in die 1970-er Jahre. Ich erinnere mich gut an die halbnackten Musikladen-Gogo-Girls und an die zuweilen nervigen Videospielereien. Hast du dir die Ausstellung angesehen?
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Noch nicht, aber durch meinen beruflichen Kontakt mit der „Hupfdohlenproduktion“ in den frühen 80gerJahren ist mein Interesse auch nicht sehr groß.
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Jetzt verrate aber: Was hast du in der Hüpfdohlenproduktion getan?
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Unspektakuläres, wenn du damals die Fahrradtour ins Teufelsmoor geschafft hättest, würdest du es wissen. Erklär ich dir an anderer Stelle.
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Herzinfarkt und Schlaganfall haben leider einen Besuch verhindert.
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Was nicht war, kann ja noch werden, denn ich lese, dass du wieder auf das Fahrrad steigst. Und außerdem: „Alle reden vom Wetter. Wir nicht.“, sprach einst die Bahn zu Zeiten der Dampfloks, aber seit „Unsere Loks gewöhnen sich das Rauchen ab“ hat es zu Zeiten von „Xavier“ so seine Schwierigkeiten mit der Bahn, und / aber unseren Bahnhof gibt es noch.
😉
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Ich bin völlig außer Form, weil ich monatelang Rückenprobleme (ISG) hatte. Zur Zeit wirds ganz langsam besser, und ich baue vorsichtig wieder auf, schaffe aber nur wenige Kilometer. Da kommt die Bahn hoffentlich weiter, auch wenn sie nicht mehr bei jedem Wetter so stoisch fährt wie einst. Der alte Bahn-Slogan fällt mir auch immer ein, wenn mal wieder der Reiseverkehr zusammenbricht. Er gilt nicht mehr, seit Mehdorn die Bahn kaputtgespart hat.
Vielleicht sollten wir was für die Wintermonate konkretisieren?
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Schau’n wir mal.
🙂
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Das Lied ist mir nicht geläufig genug, um sich jetzt als Ohrwurm einzunisten. Zum Glück, lieber Jules. Denn gerade heute, beim Lesen, könnte ich keine Beschallung aus dem Inneren meines Kopfes gebrauchen.
Gute Laune, auch wegen des Klatschens, hat es aber gebracht. Und dein Satz über den gewünschten Erfolg eines anderes Spermiums mich herzhaft lachen lassen.
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Dein Glück der späten Geburt, liebe Mitzi. Ich muss aber zugeben, dass ich das Lied kaum von früher kannte, sondern mehrfach schon auf Radio Caroline, einem Oldiesender, gehört habe. Dass ich dir gute Laune habe machen können, freut mich.
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Ich habe nach einer halben Minute vorsichtshalber abgedreht, nicht, dass es mir auch noch im Kopf bleibt … 🙂
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Kluge Entscheidung!
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