Namen behalten
Immer bin ich versucht zu einer Frau Haberkorn, fälschlich Frau Habermehl zu sagen. Es könnte aber auch umgekehrt sein. Ich kanns mir einfach nicht merken, vermutlich weil ich mal darüber nachgedacht habe, dass Haber die oberdeutsche Form von niederdeutsch Hafer und Mehl das feine Korn ist. Schon früher konnte ich mir bestimmte Namen nicht merken. Eine blonde Schülerin hieß Nadine, aber mein Gehirn war der Meinung, sie müsse Sandra heißen und ließ mich die Namen immer verwechseln.
Reifes Urteil
„Einen Menschen kannst du nicht ändern“, sagt die junge Frau am Nebentisch, „ ein Mensch ist so wie er ist.“
Zwei Welten
Eine Szene zufällig im TV gesehen: Am Boden sitzt eine Obdachlose, hat neben sich einen schwarzen Hund. Eine Passantin mit Hund ruft schon von weitem: „Ach, ist der süß!“, tritt heran, beugt sich zum Hund hinab und fragt, ihn tätschelnd: „Wie heißt er denn?“
„Stinker“, sagt die Obdachlose, „und deiner?“
„Philipp!“
Ataraxie
In letzter Zeit kommt es immer öfter vor, dass ich einfach nur da sitze.
Lust am Drama
Obwohl ich mich kaum für Fußball interessiere, schaue ich manchmal die Sportschau. Mir gefällt die Begeisterung in den Stimmen der Sportreporter. Noch besser war das einst im Rundfunk, als man ständig zwischen den Spielen hin- und herschaltete, und zwar, wann immer das Geschehen in einem Stadion dramatisch war. Im Off die Schlachtrufe der Fußballfans, das kollektive Aufstöhnen, wenn ein Schuss daneben gegangen war. Da beneide ich die Fußballfans um das Kollektiverlebnis. Es muss eine Lust sein, das Maul aufzureißen, und es kommt der gleiche Laut heraus wie aus dem Nachbarmaul, und links und rechts, oben und unten, zehntausendfach, die geballte Energie von Gleichgesinnten, die ins Stadion donnert und von dort in alle Wohnstuben.
FC Knobi
Arne [mein damals siebenjähriger Sohn] kommt zu mir und fragt: „Wer wurde 1989 deutscher Fußballmeister?“
„Weiß nicht, vielleicht Bayern München?“
„Nein, der Knoblauch oder so.“
„Wieso Knoblauch?“, frage ich und muss lachen, denn mir fällt ein, wo das herstammt. Auf den Reinigungstabletten für die Zahnspange meiner Tochter sind Fragen und Antworten abgedruckt. Der Druck hatte sich bei der Produktion verschoben, so dass die Perforation die falschen Fragen und Antworten auf einer Tablette vereint.
Ich erkläre das meinem Jüngsten. „Das mit dem Knoblauch hat Malte [sein drei Jahre älterer Bruder] mir gesagt, und ich fand es gleich komisch“, sagt Arne und muss auch lachen. (Auf den Tag genau 27 Jahre alte Tagebuchnotiz vom 25. September 1990 )
Solche Ataraxie habe ich auch manchmal. Ich sage mir dann: „Ich bin jetzt Rentner. Ich darf das.“
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Richtig so. Ich habe irgendwo so eine schöne Fotografie vom alten Edvard Munch wie er einfach so da sitzt und die Hände auf den Knien ruhen lässt.
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„Selbstbildnis mit Weinflasche“?
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Das hier:

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Ah ja, das mit der Weinflasche ist ja auch keine Fotografie und wäre mir doch zu alkoholisch gewesen. Denn Alkohol ist in unserem Alter ja nicht unbedingt die ideale Option. Danke für das Bild und schöne Grüsse!
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Beim Einfach-nur-dasitzen ist es natürlich hilfreich, wenn sich keine Ehefrau im Haushalt befindet (Du kennst den Loriot-Sketch;-)
Vor zwei Tagen habe ich zufällig in einer Doku gesehen, das Nichtstun sogar das Leben verlängern und Krankheiten heilen kann. Ich weiß nicht, ob Dich das interessiert, aber in der Arte-Mediathek kann man sie noch eine Weile ansehen:
https://www.arte.tv/de/videos/069099-000-A/die-heilsame-kraft-der-meditation/
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Danke für den Hinweis und den Link. Zur Ehrenrettung aller Ehefrauen verweise ich auf die Statistik, nach der verheiratete Männer bzw. Männer in einer festen Beziehung die höhere Lebenserwartung haben
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Aber nur Mönche haben eine Lebenserwartung, die der von Frauen entspricht, meine ich mal gelesen zu haben.
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Mönche und verheiratete Männer haben Erwartungen an das Leben?
😉
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Ist doch typisch! Wenn sich jemand des Paradieses so sicher ist und es kaum erwarten kann, endlich dort hin zu kommen, dann muss er hier Runde um Runde drehen, bis er schließlich doch noch sündigt – und dann aber sofort ab in die Hölle!
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😉
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@ Manfred
Ich habe von einem sündigen und lasterhaften Mönch gelesen, der aber ein fleißiger Abschreiber der heiligen Texte war. Nach seinem Tod, forderte der Teufel seine Seele. Aber die Engel traten für ihn ein und rechneten ihm für jede der aufgezählten Sünden eine abgeschriebene Silbe an. Bei der Abrechnung blieb eine Silbe übrig und der Teufel war geprellt.
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Das ist so eine typisch katholische Sicht, gute Werke, die dann ins Himmelreich führen. Die Calvinisten vertreten oder vertraten zumindest die Prädestinationslehre, d. h. es ist vorherbestimmt, wer in den Himmel kommt und wer verstoßen wird. Da kann dann nicht mehr gehandelt werden. Das ändert nichts daran, dass das eine schöne Geschichte ist.
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Ich glaube, Richard de Bury erzählt sie im Philobiblon, natürlich um Kopisten zu mehr Fleiß anzuregen. Von der Prädestinationslehre hatte ich zuvor nichts gehört. Also keine guten Werke, man kann im Sinne Calvins in jeglicher Hinsicht die Sau rauslassen, es ändert nichts?
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So einfach macht Calvin es den Christen auch wieder nicht. Die Prädestination könnte genau die Folgen haben, die du beschreibst, aber, so die calvinistische Sichtweise, es lässt sich erkennen, wer erwählt ist. Wirtschaftlicher Erfolg, eine gutes Leben, Mildtätigkeit, all das weisen darauf hin, dass Gott dich erwählt hat. Es sind also nicht die guten Werke, die dir den Weg in den Himmel öffnen, sondern weil du schon für den Himmel ausgewählt bist, tust du die guten Werke.
„An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen. Liest man etwa von Dornen Trauben oder von Disteln Feigen? (Matthäus 7,16)“
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Calvin legitimiert also das Unrecht in der Welt als Gottes Wille. Den seinen gibt der Herr im Schlaf? Mildtätigkeit der Auserwählten statt Gerechtigkeit Was für ein Midstkerl!
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@ Lo
Man hat schon von Mönchen gehört, die glücklich sind. Von Ehemännern weiß mans nicht.
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Ich gucke schon häufig Fußball im Fernsehen, aber Sportreporter nerven mich ganz entschieden. Das Spiel ist gelaufen, der Reporter kennt den Mitschnitt und muss jetzt eine Art schauspielerische Leistung abliefern, indem er so kommentiert, als sei er gerade live dabei. Dieses Maß an künstlicher Aufregung erinnert mich an politische Redner.
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Ich meinte natürlich live-Kommentare.
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Ja, da bekommt man, zumindest manchmal, ziemlich ungefiltert die Emotionen der Reporter mit. Aber auch die sind mir oft fast unangenehm, mag aber auch daran liegen, dass mir solche Ausbrüche persönlich eher fremd sind.
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In unserer kontrollierten Welt sind echte emotionale Ausbrüche ja selten und sowieso verpönt. Darum u.a. schaue ich mir Radsportübertragungen gerne bei den Flamen an. Wenn der Lokalfavorit Greg van Avermaet im Schlusssprint gewinnt, dann werden die beiden Kommentatoren ganz jeck vor Begeisterung und verlieren ihre sonst sachliche Neutralität. Ich liebe es, wenn sich solch unverfälschte Freude offenbart.
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Ich bin ja fussballdumm, schaue selten TV-Fussball, aber sehr schön finde ich, wenn man sich so eine Fussballreportage in einer Sprache ansieht, die man nicht versteht.
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Ja und toll ist’s, dabei bekifft zu sein.
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Hihi…..
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Höre ich Sportreporter denke ich immer an die Autofahrten früher. Wir standen im Stau und mein Vater hörte Fußball im Radio. Alle mussten still sein. Ich mag die Erinnerung, früher war es mir lästig.
Hätte dein Sohn mich gefragt, hätte ich ich der Verpackung geglaubt und vermutet, der Trainer hätte diesen Namen getragen.
Einfach nur dasitzen…Katzen liegen rum und man nennt es heute Entschleunigung. Du sitzt mit der Zeit, lieber Jules.
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Danke, liebe Mitzi. Du hast mir mit deinem Kommentar zu Knoblauch noch einmal einen Lacher geschenkt. Zur deiner Erinnerung ans Radiohören mit Papa: Wie sich doch die Perspektive verschieben kann. „Mit der Zeit zu sitzen“, ist auch sehr hübsch!
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… sittin‘ on the dock of the bay
Watchin‘ the tide, roll away
I’m sittin‘ on the dock of the bay
Wastin‘ time…
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Wunderbar! Heute noch bei Frl. Schlicht gehört.
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Ich finde es wunderbar, öfter mal einfach nur dazusitzen …
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