Heiner Lauterbach nimmt den Bus

Bei Fräulein Schlicht am Fenster, meine Suppe löffelnd, sehe ich einen Bus der Linie 200 vorbeirollen. An der Seite groß die Werbung einer Möbelhauseröffnung. Darauf ein Sofa und der Schauspieler Heiner Lauterbach. Er ist abgebildet bis zu seinen Oberschenkeln, was beim Film „amerikanische [Kamera-]Einstellung“ heißt, weil bei Westernhelden immer noch die Colts zu sehen sein sollen. Ob Heiner Lauterbach in der Werbung Colts umgeschnallt hat, kann ich so schnell nicht sehen, sondern werde es erst später mit Bildbeweis verifizieren. Der flüchtige Eindruck ist aber typisch für Werbung auf einem Omnibus, weshalb die Frage nach der Botschaft der Werbung zunächst anhand flüchtiger Beobachtungen geklärt werden muss. Zuerst: Warum eröffnet Heiner Lauterbach ein Möbelhaus? Erfüllt er sich einen Lebenstraum wie Loriots Lottogewinner Erwin Lindemann mit der Herrenboutique in Wuppertal? Wie heißen Sie? „Ich heiße Heiner Lottermöbel, äh, Lautermann und eröffne im Sommer in Hannover ein schönes Sofa.“ „MÖBELHAUS, Herr Lauterbach!“ Die Wahrheit finde ich erst später heraus: Ihm gehört das Sofa Möbelhaus gar nicht und man hat ihn engagiert als sogenanntes Testimonial. Auf „Nachrichten und Informationen aus der Möbelbranche“ teilt Möbelmarkt.de mit: „Für den Whos perfect Sale wirbt Heiner Lauterbach.“ Warum? Ist der Olymp einer Schauspielerkarriere der Möbel-Schlussverkauf?

Andererseits: Wenn große Schauspielkunst nötig ist, um Zufriedenheit mit den angebotenen Möbeln zu vermitteln, spricht das nicht unbedingt für die Möbel. Vielleicht sitzt man auf oder in der Sofa-Landschaft so unbequem wie ein Affe auf einem Päckchen Tabak. Und in der Möbelhausmarketingabteilung hat man gedacht, dass derlei Ungetüme sich nur verkaufen lassen mit dem leicht sardonischen Lächeln und dem Gestus eines Frauenverführers, ganz wie man Heiner Lauterbach kennt aus: „Rossini – oder die mörderische Frage, wer mit wem schlief.“ Heiner Lauterbach sei so ein echter Sofa-Typ, nicht allein wegen geknautschter Gesichtsbezüge, sondern weil Frau-potentielle-Kundin dächte, „den würde ich auch nicht von der Bettkante vom Sofa schubsen. Also kauf ich ers ma ein Sofa.“

Conclusio: Bei der Buswerbung stimmen zwei Sachverhalte nicht: Erstens zeigt die „amerikanische Einstellung“ keine sitzende Position, aber beworben werden Sitz- bzw. Liegemöbel, zweitens sollte so ein toller Hecht wie Heiner Lauterbach doch im Porsche sitzen und um den Starnberger See brettern und nicht mit dem Bus Linie 200 der Überlandwerke und Straßenbahnen Hannover AG (ÜSTRA) zum August-Holweg-Platz schaukeln und nur einen Stehplatz haben. Das wirkt abgehalftert. Folglich „amerikanische Einstellung“ ohne Colts.

Abb.: Heiner an Sofalandschaft, Möbelprospekt

43 Kommentare zu “Heiner Lauterbach nimmt den Bus

  1. Sehr cooler Beitrag. Ich erinnere mich an eine Szene aus meiner Jugend, als ich noch in Bukarest lebte. Da hatte die Stadt einige neue Busse eingekauft (vermutlich sogar aus Deutschland). Der erste solche Bus, den ich sah, trug die Werbung für eine neue Serie eines privaten Fernsehsenders. Also stand in riesigen Buchstaben darauf: „Abenteuer im Haus des Todes“.

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  2. Lieber Jules,
    H.Lauterbach fährt ÖPNV, der Mann ist ein ganzer Kerl dank Sympathie und zählt somit herzunverbrüchlich zum deutschen Volke wie Kruppstahl und Porsche ist im Vergleich zu einem kernigen Bus pures Understatement. Lebt eigentlich George Clooney noch? Oder wurde er nicht bei m Kaffeekochen von einem Klavier erschlagen? Nun bange ich um unser aller Heiner, denn es ist risikoreich, sich immer und überall, sogar am Bus mit einer kapitalen Wohnlandschaft zu umgeben. Die Dinger, einmal in Bewegung, sind kaummehr aufzuhalten, höchstens und wenn überhaupt kann man einer entfesselten Wohnlandschaft nur eine rustikale Eichenschrankwand entgegensetzen.
    Das Wort Lottemöbel, darf ich mir das für meine wiesengrüne Schäselongsche ausleihen? Sie würde sich so freuen, sie durfte schon nicht ‚Lotte‘ heißen und grämt sich darob immer noch. Ich habe dem Design-Ding, das mal eine niedersächsische Püschologenpraxis zierte versprochen, nie über das zu reden was es mir verheimlicht. Bis auf Lotte, das plauschte ich jetzt einfach mal aus.
    Wer hat schon eine grün gepolsterte Plüschplumenwiese, die Lotte heißen will?
    Ich hoffe, Du hast Deinen verliehenen Regenschirm inzwischen wieder. Hier schüttet es sich nach Strich und Regen aus, wo war mein Faden…?
    Sommerwünschende Grüße von der inzwischen schon ganz aufgeweichten Fee…✨

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    • Liebe Fee,
      auf die gefährliche Bewegungsenergie einer beschleunigten Wohnlandschaft wäre ich selbst gern gekommen. Toller Einfall! Wie überhaupt dein Kommentar wieder vor Einfällen sprüht und funkelt, dass es einer wahre Freud‘ ist. Das ist einem verregneten Tag im Teuto einiges entgegengesetzt. Hier ist es derzeit trocken, aber kühl, so dass ich gleich zum Suppenstand am Markt radeln kann, ohne nass zu werden. Gut, dass du an meinen Schirm erinnerst. Meine Putzhilfe hat ihn vorgestern nicht mitgebracht, fällt mir jetzt erst auf.
      Ich wünsche dir ein schönes WE und gegen den Regen allzeit Sonne im Herzen,
      Jules

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      • Jules, dann wünsch ich guten Hunger aus der Gulaschkanone! Ich bin vom Regentrinken so satt, mäh, vielleicht sollte ich mal mein Plappermäulchen zuklappen…die Mineralwasserindustrie wird herbe Umsatzeinbrüche hinnehmen müssen wenn das alle so wie ich machen würden. Meine Möbel, lieber Jules sind seit ich ‚Dinge‘ von Jose Saramago las, etwas ganz anderes für mich und ich behandele sie anders. Kishon schreibt über Josephine, seine widerständische Waschmaschine, die pflegte, sich in gewaltigen Drehschleudersprüngen fortzubewegen und seit ich davon Kenntnis habe (und seit Christine von Stephen King, auch so ein Wild Thing), denke ich ganz anders über Wohnlandschaften und Sofas als früher. Ich nenne das Sofa jetzt Lotte. Kann seine Identitätskrise nicht mehr aushalten. Es knautscht nachts heimlich Kissen wenn ich schlafe. Ein gerissenes Sofa. Na ja…bei der Kindheit…🙄…
        Halt Dich, ich merkele mal mit Angela, der Baumeister: Jo, wir schaffen das!
        Ich lache so gern und am liebsten zusammen mit wem. Meine Kommis sind manchmal Dankbarkeit für wen, der mir ein Lächeln zaubert. Echte Komiker sind Heilige. So wie Karl Valentin…zumBeispiel…
        Tschüsselchen…✨

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        • Liebe Fee,
          Gulasch esse ich nicht, bin doch Vegetarier. Linsen-Karotten-Curry gibts beim Marktstand. Aber heute war ich nicht da, weil es regnete.“Das Leben der Dinge“ kenne ich nicht. Aber ich kannte mal eine Bloggerin, die eine Beziehung mit ihrer Lautsprecherbox hatte. Ihre Objektophilie hinderte sie daran, zu einem Bloggertreffen zu kommen, weil sie meinte, da würden ja alle mit ihren Partner kommen und mit ihrer Box wäre schlecht zu verreisen. Ich rede mit meiner Zimmerpalme, aber nicht mit Dingen. Aber schon Lichtenberg hatte ja seine Pantoffeln getauft.
          Lotte für ein Sofa ist ein schöner Name. Solange Lotte keinen Facebookaccount betreibt, ist alles im grünen Bereich.
          Beste Grüße,
          Jules

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          • Lieber Jules, das Ding heißt nur Gulaschkanone, kommt noch aus Soldatentagen und bei Suppe daraus handelt es sich oft um eine Erbsensuppe. Im Eintopf träge herumdümpelnder Schweineschwabbel wurde abgefischt und flog bei mir generell übern Tellerrand und am liebsten zum schon verträumt bettelnden Nachbarhund. Allerdings klingt Linsen-Karotten-Curry total lecker…
            Und Objektophilie erinnert mich irgendwie an Mikroskopisches auf Objektträgern und technisch, aber auf griechisch ist philie ja immer etwas Freundliches. Meine Fahrräder sind Jungs und wollen immer nur das eine von mir, doch ich lasse mir von denen nix mehr einreden…
            Ich kann ja schließlich nicht dauernd nur radfahren…🙄
            Lotte ist sowieso irgendwie ein Name, der mir sympathisch klingt und eben gut zu einer Sofa-Wiese passt. Mein eindeutig weibliches Sofa weiß eben was es will- so wichtig heutzutage!
            Ich erwäge natürlich einen FB-Account für Lotte. Das könnten dann so Postings und Statusmeldungen sein wie ‚häng grad voll ab, ‚Extrem-Couching“ oder , ‚Füße hoch oder ich knatsche! vom ostwestfälischen Diwan. Oder: Lottes Life Hacks. Lottern mit Lotte oder Lottes loses Laken, dekoriert mit Allüren und Kapriolen eines lotterlosen Kanapees…
            Auf was für Ideen Du mich immer bringst.
            Himmlisch!
            Beste Grüße von der Fee✨🦋

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  3. Da wo ich mit der U-Bahn fahre, löffelst du die Suppe. So scheint es mir manchmal. Zur Werbung im Untergrund fällt mir allerdings nichts ein. Nichts was mich oder andere zum Schmunzeln brächte.
    Wenigstens muss Herr Lauterbach noch nicht die Bänder bei einer Eröffnung durchschneiden. Das ist ein gutes Zeichen, die Karriere betreffend. Von Sofa würde ich ihn trotzdem schubsen. Da läge er mir im Weg herum.
    Auf Plakaten nervt er wenigstens nicht. Andere Gesichter sind mir unerträglich. Erscheint Heidi Klum auf Werbeflächen in der U-Bahn schließe ich die Augen. Auch auf die Gefahr hin, auf die Gleise zu fallen.

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  4. Der Lauterbach wirbt schon seit längerem für WHO’S PERFEKT in München (also seit ca. Ende der 90er). Und er sitzt dabei immer. Selbst in den Werbetrailern. Was hat also Hannover, was München nicht hat, dass Lauterbach jetzt aufsteht?

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  5. Vielleicht gibt es für einsame Damen und Herren beim Kauf eines Sofas einen aufblasbaren Heiner Lauterbach mit dazu? Hierfür könnte seine Abbildung durchaus gerechtfertigt sein. Selbst wenn es nur eine amerikanische ist …

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  6. Nicht immer lässt sich nachvollziehen, in welchem Bezug die Person oder Vita des Testimonials zum beworbenen Produkt stehen soll, wie Ihr Exempel eines Sinnfrei-vor-einer-Sofalandschaft-Herumstehers Herrn Lauterbach zeigt. (Ungleich produktbezogener wirkte hingegen etwa ein Herr zu Guttenberg als glaubwürdiger (sic!) prominenter Feilbieter von Kopiergeräten, siehe ►)

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