Leider haben meine Texte keine Speichen

Immer ändert sich alles, und selten macht man sich die Mühe, den augenblicklichen Zustand zu dokumentieren. Beispielsweise verändern sich Funktionsweise und Aussehen der wordpress-Software. Mal sieht der Feadreader anders aus, mal der Editor. Ich habe das nicht gern. Als würde ich Radfahren und mir wird das Fahrrad unterm Hintern umgebaut. Man kann das bei der Tour de France sehen. Ein Rennfahrer winkt seinem Begleitfahrzeug, das kommt längsseits, der Radfahrer hält sich am Auto fest, und ein Mechaniker beugt sich aus dem Seitenfenster übers Rennrad und schlüsselt daran herum.

„Der Vergleich hinkt!“, werden die Schlauberger sagen. „Bei voller Fahrt kann so ein Mechaniker kaum etwas tun, höchstens ein Stück Plastiktüte entfernen, dass sich in den Ritzeln verfangen hat, oder eine schleifende Bremse justieren, muss bei allem aber aufpassen, dass er die Finger nicht in die Speichen bekommt.“ Genau! Meine Texte haben keine gefährlichen Speichen, die werden nämlich von meinem inneren Redakteur gnadenlos heraus redigiert, und die Mechaniker, die am WordPress herumschrauben, sitzen bequem an einem Schreibtisch und verändern die Software, während ich schlafe. Und morgens reibe ich mir die Augen, mache „Huch!“ und weiß kaum noch, wie mein Fahrrad voher ausgesehen hat. Die Woche darauf habe ich gelernt, Einrad zu fahren und denke, es wäre schon immer so gewesen.

Es ist nicht nur mühsam, den alten Editor zu benutzen, man wird auch noch ständig ermahnt.

10 Kommentare zu “Leider haben meine Texte keine Speichen

  1. Moin Jules
    Das war einer der wenigen echten Vorteile, die der Umzug weg von WordPress zu einer selbstgehosteten Baustelle hatte: Die Plugin-Schnittstelle! Außerdem wird man nicht mit dem Hinweis auf noch viel schönere Features und Oberflächen genervt.
    Mein TinyMCE-Editor sieht jeden Tag gleich (altmodisch) aus und kann viel mehr, wobei man wiederum einstellen kann, was er können soll.
    Man schläft besser, auch als Langschläfer. Die eigentlichen WordPress-Updates sind zu 99,9% reine Sicherheitsupdates. Neue Funktionalität bringen sie so gut wie nie, das wird in der Regel über die Plugins gemacht. Insofern fragt man sich schon, welchem Schönheitsideal man bei WordPress.com folgt.

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    • Hallo pantoufle,
      du hast Recht. Bei meiner selbstgehosteten Trithemius.de habe ich derlei schleichende Veränderungen auch nicht. Man wird zwar ständig zur Aktualisierung aufgefordert, kann es aber ignorieren, wenn man den Sicherheitsaspekt nicht beachtet. Man kann leider nicht beides haben, sondern muss sich entscheiden zwischen weitgehender Selbstbestimmung und der gut vernetzten Community. Seit deinem Umzug werde ich leider nur indirekt auf deine Neuveröffentlichungen aufmerksam.
      Die Frage nach dem heimlichen „Schönheitsideal“ bei wordpress habe ich mir schon mehrfach gestellt. Der Reader sah früher besser aus. Beim „verbesserten Editor“ finde ich nicht, dass er das Bloggen erleichtert. Daher suche ich mir über „Admin“ immer den alten Editor. ,

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  2. Lieber Jules,

    An so einem Beitrag komme ich Fahrradverrückte nicht vorbei! Deine Texte haben Speichen, es sind schwarze Schwertspeichen aus federleichtem Carbon. Faszinierend, dieser Boxen-Lauf bei TdF. Kein Stopp, es wird weitergefahren. Diese Rennradler haben alle vernarbte Herzen, die immer größer werden. Wenn sie Pech haben, werden sie deswegen nicht so alt…
    WP ärgert mich auch oft. Ich bin allerdings auch in administrativem Dingen von einer langsamen Auffassungsgabe gestresst. Muss mich immer erst lange durchfuchsen. Ehrlich gesagt…hm…bin ich froh dass es WP für mich gibt. Eine Heimat für meine Kunst. Eine Tür nach draußen in die Welt. Klar nervt der Editor, schon lange. Warum wird man ständig auf den neuen hingewiesen wenn man lieber den gewohnten benutzt? Das ist Hinweiskontrollzwang und Zwangsbelehrung. Das konformt nicht, es quiekt wie eine kleine Kinderkrankheit. Verbesserung wünsch ich mir auch – für Langsame wie mich leichtere Menüführung, ist mir zu verquast wie ein koreanisches Computerentwicklergehirn.
    Jetzt hab ich genug gehudelt.
    Hab einen zauberhaften Tag, Jules. Sonnige Grüße von der Fee🦋

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    • Meine liebe Fee,

      was Radfahren und Radsport anbelangt, sind wir sicher seelenverwandt. Im 4. Teil von „Hinter Westen Osten“ kommst du auf deine Kosten. Da geht es nämlich teils ums sportlich Radfahren. Bei der Tour und anderen Rennen bewundere ich immer die oben beschriebene Artistik. Auch wie gestürzte Fahrer sich mit schweren Prellungen, offenen Wunden und manchmal mit Knochenbrüchen wieder vom Asphalt aufraffen und zurück aufs Rad steigen, das lässt mich immer über die wehleidigen Fußballer lachen, wenn sie sich minutenlang auf dem Rasen krümmen. Aber gleich welcher Hochleistungssport, der Verschleiß ist enorm.
      Dankeschön für die Metapher: „Schwarze Schwertspeichen aus federleichtem Carbon“
      Es klingt ein wenig martialisch. Dabei schreibe ich nur noch selten so, oder? Mir wird zunehmend lästig, mich über etwas aufzuregen, weshalb die Rubrik „Zirkus des schlechten Geschmacks“ nur noch selten bedient wird.
      Wie du bin ich übrigens froh über unser Publikations-, Ausdrucks- und Kommunikationsmittel Blog. Indem ich das Sterben einer Plattform miterlebt habe, mag ich gar nicht, wenn über unseren Köpfen an der Software herumgeschraubt wird. Ist doch gut so, warum dauernd ändern?
      Dank deines lieben Wunsches scheint hier ganz prächtig die Sonne, und ich saß heute fein bei Fräulein Schlicht und habe meine Suppe gelöffelt. Gleich gucke ich die Tour bei den kompetenten Belgiern. Ich wünsche Dir ebenfalls einen schönen Tag,
      Jules

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    • Die Veränderungen sind schleichend. Am stärksten fällt es mir beim Reader auf. Der war mal gut, wurde dann ganz hässlich neu typografiert. Jetzt sieht er wieder besser aus. Dass du die Welt nicht verstündest ist ja wohl understatement.

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      • Ach nein, natürlich gibt es noch Bereiche, bei denen ich glaube, einigermaßen auf dem Laufenden zu sein. Aber während es eine Zeit gab, in der die Welt zu mir sprach, muss ich jetzt um Dolmetscher bitten.

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