Wie ist doch alles wohlgeordnet in unserem Sozialwesen. Andere Länder können nur davon träumen. Auf dem Weg zum Mittagstisch sehe ich an Häusern entlang der Straße drei Baustellen. Und bei jedem der Häuser steht eine mobile Toilettenkabine, ja, eine Umbaumaßnahme erkenne ich spontan sogar nur am Bauklo, weil sie vermutlich an der Rückfront des Hauses stattfindet. Die Häuschen heißen Dixiklo und sind äußere Zeichen einer gigantischen Struktur zu unseren Köpfen, die uns meist verborgen bleibt. Eine Struktur aus Gesetzen, Verordnungen und Ausführungsbestimmungen, aus Ämtern in Bürogebäuden mit einer Unzahl an Amtsstuben, darin Schreibtische und Aktenschränke, Beamte und Unterbeamte, die Publikumsverkehr abwickeln, telefonische Auskünfte geben, Antragsformulare ausgeben, entgegennehmen und bearbeiten, mit dem Stempel „GENEHMIGT“ versehen und im Fach „Postausgang“ deponieren.
Ergebnis: Ich fahre zum Mittagstisch, und über Nacht sind in meiner Straße drei Dixiklos vom Himmel gefallen. Als schwebe über unserem Sozialwesen ein gigantisches Raumschiff mit Luken an der Unterseite, die von Beamten der Unteren Dixiklo-Beschickungsbehörde über vorher ausgewiesenen und genehmigten Orten geöffnet werden. Und schon plumpst ein Dikiklo vom Himmel. Vielleicht fährt aber auch an der Unterseite des Raumschiffs ein Beschickungkran hin und her, wie man ihn von Containerterminals kennt, damit das Raumschiff selbst nicht bewegt werden muss. Denn, so sagt schon Gracian: „Alles Große ist schwer zu bewegen.“
Auf dem Rückweg über eine Parallelstraße sehe ich ein Haus, bei dem Dacharbeiten ausgeführt werden. Da sind mehrere Dachdecker bei der Arbeit und ich entdecke, man stelle sich mein Entsetzen vor, weit und breit kein Dixiklo! Was ist geschehen? Weil von woanders Frühsommerwetter befohlen wurde, schwebte das blauweiße Raumschiff himmelwärts, um unter der prächtigen Sonne keinen Schatten zu werfen, und das letzte, was die Dachdecker noch hörten, war eine Stimme, die aus dem hohen Himmel rief: „Heute keine Ausgabe von Dixiklos mehr. Personalversammlung! Schlagt euer Wasser überm Dachfirst ab!
Die Regenrinne wird das meiste auffangen.
Dann heißt es wieder: Der saure Regen ist an allem schuld. Und vom Klimawandel ist auch gleich die Rede …
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Das lässt mich schmunzeln,Herr Ösi.
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So wird aus der Regen- eine Pi..rinne.
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Im Rheinland sagt man ja auch derb: „Es schifft.“
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Die Stadt, in der ich mich derzeit befinde, hat 1618 ganz einfach kurzen Prozess mit ihren hohen Herrschaften gemacht, in dem die sie „defenestrierten“.
Fenster auf – zack! Ohne Personalversammlung.
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Du machst also eine schöne Bildungsreise. Wäre ja mal interessant zu wissen, ob in Prag auch Bauklos aufgestellt werden,
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Ein ausgebauter oller Toilettentopf ist mir heute untergekommen, den ich auch abgelichtet habe (Foto folgt am Montag). Ich suche weiter. Pfeif auf Smetana….😂
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Dobrý den!
Lieber Jules, ich habe heute ein tchechisches Dixiklo in Prag gefunden.😊
Bilder folgen nach meiner Rückkehr…
Lo
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Ich hoffe, meine leichtfertige Frage hat deinen Blick auf Prag nicht zu sehr beeinflusst. Auf den Bildnachweis freue ich mich.
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Ein wenig schon, lieber Jules – aber im positiven Sinne: es war schon knuffig, denn in der Tat habe ich mich immer wieder umgeschaut, ob nicht irgendwo eine Baustelle mit einem Dixiklo zu finden ist, und ich glaubte auch schon bis gestern, Prag sei dixiklofrei, bis sich dann endlich dieses herrliche Exemplar in seiner ganzen Pracht zeigte:
Das Foto mit der entsorgten Schüssel erspare ich uns lieber.
Lieben Gruß!
Lo
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Vielen herzlichen Dank, lieber Lo, für deine alltagsethnologische Recherche und die Beweisfotos. Jetzt wissen wir, dass nicht nur in Deutschland für die Notdurft der Bauarbeiter per mobilem Häuschen gesorgt ist. Toll!
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O.K.. morgen suche ich danach.
Versprochen. ☺
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Da bin ich gespannt.
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Raumschiffen wäre also hier die korrekte Bezeichnung, weil der Abzug des Raumschiffs einen Mangel an Dixiklos verursacht. Raumschiffen würde zugleich die entsprechende Entleerung in einen dafür allerdings nicht vorgesehenen Raum bezeichnen. Übrigens würden Dachdecker in der Regel eine Betriebsversammlung abhalten, falls sie denn in einem Unternehmen arbeiten, in dem es einen Betriebsrat gibt. Die Personalvertretung kennst du aus deiner Berufstätigkeit im öffentlichen Dienst.
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Danke! Ich habe sehr gelacht über das Wortspiel „Raumschiffen.“ „Personalversammlung“ ist schon korrekt, weil das imaginäre Raumschiff bildhaft für die Behörde steht, die das Aufstellen der Dixiklos regelt.
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Sorry, ich habe an der Stelle nicht genau gelesen, hatte offenbar nur noch die Dachdecker im Sinn, die da zu Wasser gelassen werden.
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Das muss man erst mal können.
Über Dixiklos schreiben.
🙂
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Ist ein Alltagsthema, liebe Mitzi, und gehört demnach zur Alltagsethnologie, der ich mich schon lange widme.
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Das ist natürlich richtig. Dennoch gibt es selbst im Alltag noch Abstufungen und ich finde den Beitrag sehr gelungen.
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Dankeschön!
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Rheinschiffer…
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Dixiklo-Beschickungsbehörde – ick lach mir dood!
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Pingback: Von der Klage der Texte wider ihren Erzeuger – Teestübchen Jahresrückblick 2015
Danke, dass Du die Klage dieses Textes erhört hast. Er gehört zu denen, die mir entgangen waren.
Auf dem Weg zum Enkelchen-Hüten komme ich an einer Baustelle vor, auf der, wie man den vom Architekturbüro aufgestellten Tafeln entnehmen kann, ein kleines Mehrfamilienhaus der gehobenen Luxusklasse entsteht. Dass man den Luxus jedoch so weit treibt, jedem der dort tätigen Arbeiter sein eigenes Dixi-Klo zuzubilligen …! Oder wie sonst sollte ich mir erklären, das jedes mal (wirklich jedes Mal!) wenn ich dort vorbeikomme, ein mit acht Dixi-Klos beladener LKW gerade liefert und/oder abholt? Ja, ich muss Dich enttäuschen, ein ganz gewöhnlicher LKW. Kein Raumschiff. Allerdings piepst dieser LKW besonders laut, wenn er rückwärts fährt. Das konnte ich kürzlich feststellen, als er zwecks Wendemanöver in eine schmale Seitenstraße eingebogen war und nun zurücksetzen musste. Gut, dass er so laut piepst, dachte ich bei mir. Das verringert die Gefahr, dass jemand in den LKW hineinfährt. Was für eine alptraumhafte Vorstellung, sein Leben in einem Haufen Sch…. auszuhauchen. Und dieses abstoßende Bild muss es gewesen sein, was es mir schließlich wie Schuppen aus den Haaren fallen ließ: Der brachte gar nicht acht Dixi-Klos zu dieser einen Baustelle, sondern vermutlich höchstens zwei. Die anderen waren für andere Baustellen bestimmt. Und weil der Mensch sich ja über weniges so viele Gedanken machen kann, wie über Sch…., verbrachte ich den restlichen Weg zu den Enkelchen damit, mich zu fragen, nach welchem System die Klos auf der Ladefläche sortiert werden, damit nicht versehentlich bereit volle … Ich glaube, ich höre lieber auf.
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LKW? So kann man sich vertun ;). Danke für deinen Kurzbericht. Meinem Enkel schenkte ich kürzlich ein Wimmelbuch zum Thema Fahrzeuge. Auf einer Doppelseite Baumaschinen auf einer Baustelle und natürlich Dixiklos. Ich zeigte sie den Kindern, und später entdeckten sie auf einer Baustelle ein echtes Dixiklo. Ich sehe meine Enkel nicht oft, aber bin sicher, dass sie sich immer erinnern, wenn sie an einer Baustelle vorbeikommen.
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Ich mag Wimmelbücher sehr. Sie sind so lebensnah und lassen einem doch den Freiraum, die tollsten Geschichten zu erfinden – auch dass Dixi-Klos von Alpha Centauri geliefert werden.
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