Heute traf ich mehrere Arbeiter der Stadtreinigung mit Laubbläsern. Es waren neue Geräte, denn beinah wurden sie durch den Verkehrslärm übertönt. Ich habe einen der Männer zur Rede gestellt, was er sich dabei dachte, seine Arbeitszeit und meine Steuergelder mit einem wirkungslosen Gerät zu vertändeln. „Ihr Laubbläser hat ja höchstens 120 Db“, habe ich gesagt und: „Das ist für hannöversches Laub doch gar nichts. Schließlich ist es in der lautesten Stadt Deutschlands aufgewachsen und jetzt im welken Alter längst taub. Ihr Spielzeug-Laubbläser kommt gegen diese Laubtaubheit nicht an. Er ist viel zu schwach. Da kann das tückische Laub sich doof stellen.“
„Hören Sie!“, sagte, rief, schrie, brüllte der Mann und übertönte spielend seinen Laubbläser im Leerlauf. „Hören Sie, Ihre Einwände sind durchaus berechtigt! Doch verantwortlich für die Anschaffung des viel zu leisen Geräts bin ich nicht. Meine Vorgesetzten haben es mir einfach auf den Buckel geschnallt! ‚Was soll ich damit?‘, habe ich gesagt! ‚Das Gerät bewirkt doch nichts. Es ist ja kaum lauter als ein Bus.‘ Und wissen Sie, was mein Chef gesagt hat?!“
„Woher denn?! Ich kenne Ihren Chef nicht mal!“
„Er sagte, die Laubbläser mit den Düsentriebwerken seien einfach zu teuer im Verbrauch. 120 Db müssten reichen!“
„Wenn das so ist, dann bitte ich um früheres Anfangen mit der Laubbläserei, möglichst schon um vier Uhr, um die Leistungsschwäche Ihres Bläsers zu kompensieren. Wenns noch leise in der Stadt ist, hört das Laub besser und wagt es nicht länger, faul rumzuliegen. Nur, wenn es sich bequem auf einen weichen Hundehaufen gebettet hat, lassen sie es besser ruhen, wegen des Glücksfaktors, verstehen Sie?!“
„Donnerwetter, Sie kennen sich aus! Vielen Dank für Ihre hilfreichen Bemerkungen, Herr Doktor. Ich schätze mich glücklich, in Ihnen einen versierten Experten der professionellen Laubbläserei getroffen zu haben, Herr Professor!“
„Gerne! Man hilft, wo man kann.“
Du bläst ein signal buntes Plädoyer gegen die derzeit überall herumblasenden Laubtaubgrasblasmaschinen. Diese Lärmlaubohrentaubfräser.
Dagegen die beinah kontemplativ anmutende Geschäftigkeit dezent scharrender Laubbesen und zwischendurch ein Pläuschchen wie Mäusehuschen, so zwischenvermenschlicht Leises eben.
Wie schade – sind heutzutage so viele für taub und ein Raub lärmender Technik.
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Danke für die hübschen Bilder. Manche unserer Zeitgenossen können offenbar nicht genug kriegen vom Lärm, weshalb sich Krachmacher gut verkaufen. Da kann mancher Sadist seine Mitmenschen quälen und sich dazu legetimiert fühlen.
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Ich habe heute in Regensburg tatsächlich Mitarbeiter der dortigen Stadtreinigung gesehen, die das Laub mit annähernd lärmlosen Rechen zusammenfegten, unglaublich!
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Hey, es gibt noch Einsicht in der Welt, zumindest schon mal in Regensburg. Danke für die erfreuliche Nachricht!
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Die Firma STIHL hat ihren Namen mit Bedacht gewählt. STILL, so entschied man, wäre einfach nicht passend genug … 🙂
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Ich vermute mal, das Unternehmen macht sein Geld mit lärmenden Gerätschaften. Gründer Andreas Stihl hat sich vielleicht bewusst gegen „still“ entschieden. Für viele ist der Lärm einer Maschine ja ein Kaufargument.
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Die Bläser sind an Dämmlichkeit kaum zu überbieten. Wenn sie dich, lieber Jules, zu diesem Text bewegen, dann bin ich ein klein wenig gnädiger gestimmt.
Getoppt werden Laubbläser im privaten Bereich nur von Sitzrasenmähern für Rasengrundstücke in Handtuch Größe.
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So siehts aus, liebe Mitzi. Laubbläser sind eine Landplage genauso wie Kärcher, Sitzrasenmäher und andere Gerätschaften, mit denen durchgeknallte Hausmeister die Nachbarschaft plagen. Einst konnte ich meine Münchener Freundin gerade noch daran hindern, einem frühmorgendlichen Krachmächer ein Ei an den Kopf zu werfen. Bin froh, dass ich dich mit meinem Text ein bisschen gnädiger stimmen konnte. 😉
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Pingback: In meinem Spitzahorn sieht es unaufgeräumt aus
Herbstbild (nach Friedrich Hebbel*)
»Dies ist ein Herbsttag, wie man keinen sah!
Die Luft ist still, als atmete man kaum,
und dennoch fallen raschelnd, fern und nah,
die schönsten Blätter ab von jedem Baum.
O stört sie nicht, die Feier der Natur!« –
(Doch ach!, des Dichters Wunsch blieb unerhört,
von kurzer Dauer war die Stille nur,
und garstig ward sie alsbald schon gestört:
Stadtreinigungsschergen traten, oh Graus!,
gnadenlos auf mit lautem Getöse,
und machten der Stille rasch den Garaus
mit motorisiertem Laub-Gebläse*.)
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Danke für Ihre gelungene Aktualisierung von „Herbstbild“. Dass es sein Herbstidyll mal so derb gestört werden würde, hätte er sich kaum vorstellen können.
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