Darum musste der Melker sterben. Eine schauerliche Moritat im Konjunktiv II

Kategorie MedienKomisch, beim Aussterben erwischt es zuerst die Starken. Ich weiß nicht, ob es in der Biologie ähnlich ist, aber in der Sprache trifft es zu. Wir kennen im Deutschen die Klasse der „starken Verben.“ Starke Verben haben die Besonderheit, dass sie bei der Konjugation (Beugung) ihren Stammvokal verändern, Beispiel: „singen, sang, gesungen”,rinnen, rann, geronnen ” oder „helfen, half, geholfen.” Im Konjunktiv II nehmen sie überdies befremdlich klingende Formen an, die in den Ohren der meisten Deutschsprecher falsch oder zumindest veraltet klingen. Wer solche Klänge vermeiden will, behilft sich mit der Ersatzform „würde + Infinitiv“, sagt also nicht: „Ich sänge ja mit, wenn ich den Text könnte.“ sondern „Ich würde mitsingen, …“ – eigentlich schade, denn auch eine lebendige Sprache braucht Vielfalt. Vor einigen Jahren habe ich einen kurzen Text geschrieben, in dem starke Verben im Konjunktiv II vorkommen. Zur Förderung der grammatischen Biodiversität erscheint er im Teestübchen in typografisch gestalteter und animierter Form. Gute Unterhaltung.

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27 Kommentare zu “Darum musste der Melker sterben. Eine schauerliche Moritat im Konjunktiv II

      • Was für ein wunderbares Video…der Text gefällt mir sehr und Du hast keine Vorstellung, wieiviel ich schon aus Kindersendungen gelernt habe, besonders die Sendung für die Maus holt alles nach, was ich in der Schule durch Träumen verpasst habe! Faszinierend übrigens, dass Du Dich an diese Sequenz erinnert hast!

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            • Ich mochte die Sesamstraße, bis in der dt. Fassung die neuen Figuren Samson und Tiffy eingeführt wurden. Grundsätzlich fand ich das Konzept hinter der Originalfassung von Children’s Television Workshop (CTW) toll, da es ja Unterschichtskinder fördern sollte, die durch die Sprachbarriere (den restringierten Code) benachteiligt waren. Deshalb wurden einfache Sachverhalte wie die Farbnamen, Zahlenreihe und die Alphabetfolge erklärt wie auch Begrifflichkeiten wie vorher/nachher, über/unter. Deine Kinder gehörten gewiss nicht zur Zielgruppe. Aber ich habe natürlich viel lernen können 😉
              Danke für den Link. Die Kinderserien kannte ich nicht.

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  1. Umso wichtiger wäre es, würden die, die den zweiten Konjunktiv noch richtig zu verbeugen wüssten, ihn mit Vergnügen sprachlich durchpflügen vertexten, durchzögen den Slang gebeugte Verbenkerle und täten aufs Schönste herumhexen.

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  2. Wundervoll! Ich liebe den Konjunktiv II. Das Problem ist, dass immer mehr Menschen die korrekte Form des Präteritums (das man nun mal für den Konjunktiv II braucht) nicht mehr beherrschen, weil selbiges zusehend vom Perfekt vertrieben wird. Das Perfekt ist demnach des Konjunktivs Tod.
    Schönes Wochenende 🙂

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    • Ich auch. Allerdings wirkt er in der Häufung wie im Text oben altfränkisch. Es ist das Los aller Dinge, sie altern und nutzen sich ab, ein Effekt, der auch Sprachen betrifft. Andererseits ist der Sprachwandel das Kennzeichen „lebendiger“ Sprachen. Erst wenn eine Sprache abgestorben ist (wie Latein) lässt sich ein Sprachzustand konservieren.
      Dannkeschön für den Kommentar und dir auch ein schönes Wochenende!

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  3. Vielleicht benutzt man den Konjunktiv II auch weniger, weil er eine Tätigkeit beschreibt, die eigentlich nie stattgefunden hat bzw wird (weil sie in der Zukunft abgeschlossen ist) und damit nur einer Beschreibung dient, die nicht unbedingt notwendig ist zu teilen.

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    • Du hast Recht. Darum heißt der Konjunktiv II ja auch Möglichkeitsform (Irrealis). In TV-Filmen fällt mir immer wieder die Verwechslung von Kojunktiv I, (der indirekten Rede), und Konjunktiv II auf.
      Auch professionelle Schreiber kennen sich nicht mehr gut aus. Auf einem Titanic-Buchmessenfest in den Endneunziger Jahren sprach ich mit einem mir unbekannten Spiegelredakteur. Er fragte, was ich im aktuellen Heft geschrieben hätte, und ich sagte, beispielsweise den hier:

      Darauf er: „Oh, das hätte ich nicht gekonnt!“ 😉

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    • Dein Kommentar zeigt ein Phänomen, das nur bei schwachen Verben auftritt, nämlich die Formengleichheit des Konjuktiv II mit dem Indikativ Präteritum. Zur Unterscheidung von „Er wünschte, er kennte sie nicht“ (Konjunktiv II) und „Gestern wünschte er sich …“ (Indikativ Präteritum) schlägt der Duden würde und Infinitiv vor „Er würde wünschen,…“

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      • Bei schwachen Verben, die nicht so spektakulär gebeugt werden?
        Woran erkenne ich deren Schwäche? Sowas weiß ich leider alles nicht. Ich spreche intuitiv.

        Wünschen würden ist eine Formulierung (die der Duden da vorschlägt), die mir ganz nach einem überambitionierten Kellner klingt: Was würden Sie denn trinken wollen?
        Da möchte man doch gleich fragen: falls ich überhaupt etwas wünschen dürfte und obendrein noch etwas zu trinken bekäme?

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